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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Er lachte wieder vor sich hin. »Du sitzen, Geißel.« Graue eilten geschäftig umher, nährten das Feuer, bis es unter lautem Knacken und Knistern hochaufloderte, nach Föhrenholz roch. Der Zauberer spielte die Trommel, die verhaltenen Töne verschmolzen mit dem Geräusch des Feuers. Der Temueng saß in entschieden würdevollem Schweigen da, wartete aufs Ende des Getrommels, sah sich gelegentlich nach Brann um. Sie erwiderte den Blick voll offenem Haß, grollte ihm stumm, wenn er sie nicht beachtete, fand geringe Genugtuung in seiner sichtlich wachsenden Ungeduld. Mit einem Mal erklang die Trommel lauter, ein klick-klick-klack kam hinzu, als der Trommler mit zwei Fingernägeln auf die Schädelknochen tippte. »Ich, Ganumomo, spräche«, sang der Trommler, verzerrte die Sprache der Ebenen so übel, daß Brann kaum verstehen konnte, was er redete. »Ha! Ich, Ganumomo, bin bäste Dräumer in uns Mawiwamo.« Während er weiterhin den Rand der Trommel mit zwei Fingern der Hand abklopfte, mit der er sie hielt, ergriff er mit der anderen Hand einen der Kristalle, hob ihn auf Armlänge über den Kopf. »Ganumomo fürschtet nich Fahfihmo, guck, guck!« Er legte den Kristall ab, spitzte die Wulstlippen, ergänzte das leise Klak-klack der Trommel durch ein halblautes Pfeifen, das er gleich darauf ebenso unvermittelt beendete. »Schabamawi is sähr stark. Abba nich so stark wie Ganumomo. Ha!« Er bediente sich unversehens eines sachlicheren Tonfalls. »Drockenfuß, du bringen Aulmeamomo?«
    Mit einem Brummlaut der Zustimmung erhob sich der Temueng und ging zu dem Packpferdchen. Er schnürte einen Segeltuchpacken auf, entnahm den darin eingeschlagenen Gegenständen einen Beutel, kehrte damit zurück zum Feuer. Dort warf er ihn neben den Trommler, setzte sich wieder ans Feuer, wiederum dem Grauen gegenüber. »Traumbeschwörer«, sagte er, »es wird mehr geschickt, sobald wir die Hexe — wie hast du sie genannt, die Schabummi? — in unserem Gewahrsam haben. Ich bringe noch mancherlei, Axtklingen, Speerspitzen, Angelhaken, Messer. Eine erhebliche Vorleistung auf die gesamte Belohnung. Nun übergib mir die Hexe!«
    »Fisch was immer gradaus schwimmt, gäht schnall in Nätz. Noch mähr Abmachung. Ich, Ganumomo, hab Wunsch, daß Drockenfieß nich kommen in uns Mawiwamo. Ich, Ganumomo, hab Wunsch, daß ...«
    Brann verzichtete aufs Zuhören, während sich das Feilschen hinzog, widmete die volle Aufmerksamkeit und die gesamte Willenskraft den Kindern. Doch es hatte keinen
    Zweck, wie nachhaltig sie sich auch abmühte, sie erreichte nichts. Sie regte sich in dem geringen Maß, wie es ihr möglich war; doch das Netz preßte ihr die Arme fest an die Seiten, die Beine waren mit so viel Netzwerk umschlungen, daß sie nicht einmal die Knie zu beugen vermochte, und je mehr sie zappelte, um so unentwirrbarer verstrickte sie sich in die Maschen. Wut rumorte in ihr wie das feurige Herz des Tincreals, ein Ingrimm, der teils ihr selbst entsprang, teils jedoch handelte es sich um jene Wildheit, die schon einmal von ihr Besitz ergriffen und den Temueng-Pimush getötet hatte. Als sie sie nun von neuem verspürte, war sie entsetzt, irgendwo tief im Innersten empfand sie Grauen, doch ihn überlagerte der ineinander verschmolzene Zorn. Ganz leise, nahezu unhörbar, fing sie zu singen an, sang das Besessenheitslied, das die Schlafende Göttin in die Yongala rief und sie bereit für die Göttlichen Tänze machte.
     
    »Tanze, Slya — Slya, tanz,
    ich bin der Weg, so beschreite mich.
    Tanz am Himmel, auf Erden, im All,
    tanz im Kreis des Lebens, so prall.
    Tanze, Slya — Slya, tanz,
    tanze Gewalt, Ausdünstung, tanz,
    ich bin der Kessel, leere mich.
    Tanze Zerfall, Aufruhr, tanz,
    tanze das Ende aller Ruh.
    Tanze, Slya — Slya, tanz,
    ich bin der Leib, komm und fühle mich.
    Zeugung und Vermehrung, tanze du,
    tanze du den Tod gar schauerlich,
    tanze, was ist und sein wird letztlich,
    tanze die Leere und Fülle überall,
    tanz im Kreis des Lebens so prall.«
     
    Obwohl sie sehr leise sang und der Zauberer sich angelegentlich dem Feilschen widmete, bemerkte er bald, was sich in Brann tat, sich zusammenbraute; er unterbrach die Verhandlungen, strebte ums Feuer, trat ihr in die Rippen und gegen den Kopf. Aber es war schon zu spät. Brann stöhnte, als Slya von ihr Besitz ergriff, Slya riß das Feuer des Trommlers zu ihr herüber, es verbrannte die Netze zu Asche, sonst nichts blieb davon übrig, dann sprang das Feuer von ihr zum Zauberer, im nächsten

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