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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Gebrumme, noch mehr Knarren und Quietschen der Möbel, ein paar Polterlaute. Nun war Csermanoa aufgestanden. »Die Frau kann bleiben, freilich kann sie bleiben, sie wird Speisung erhalten, es werden Diener bereitgestellt, ihr wird die Unterweisung zukommen, die du erwähnt hast. Ich ersuche lediglich um Verschwiegenheit.« Schwere Schritte auf den Fliesen näherten sich der Tür. »Komm zur Geisterwache, Schiffsherr, bevor du gehst!« Öffnen und Schließen der Tür. Schwerfällig stiegen Füße die Stufen herab. Csermanoa rief nach den Wächtern, entfernte sich mit ihnen.
    Taguiloa verharrte, wo er sich befand, bis er hörte, wie die Pforte mit einem Klirren zufiel. Dann richtete er sich auf, machte Anstalten, Csermanoa zu folgen. Da hörte er, daß der Panday und die Hexe sich von neuem zu unterhalten anfingen, zögerte, kauerte sich wieder hin, fluchte über die eigene Dummheit, war aber dazu außerstande, seine Neugierde zu überwinden.
    »Unsere Hexe...« Die Stimme des Mannes zeugte von Zärtlichkeit. »Hier bist du gut aufgehoben. Er wird dich nicht belästigen. Höchstens 'n paar Fragen stellen. Hmmm. Höchstwahrscheinlich sogar. Dir kann nichts zustoßen, solange du mißtrauisch bleibst, Brann, aber sobald du in deiner Achtsamkeit nachläßt, wirst du zuviel reden. Zu mir hast du zuviel geredet.«
    »Und was hast du mir Böses getan?«
    »Ich war mit dir im Bett, Kind.«
    »Dauernd versuche ich dir klarzumachen ...« Ungeduldig seufzte die Frau. »Es war nicht der Körper eines Kindes, den du geliebt hast. Was ich wirklich bin, weiß ich nicht mehr, fest steht nur, daß ich nicht mehr die Brann aus Arth Slya bin, die ihrem elften Geburtstag entgegensieht, um ihre Berufung bekanntzugeben. Sammang, ich wollte meinem Vater nacheifern, Töpferin werden. Er hat eine Teekanne und Becher für den Geburtstag eines unserer Alten angefertigt, für Ohm Eornis. Ich hätte meinen Geburtstag mit ihm zusammen gefeiert, dieses Jahr wäre er hundert geworden ... Er war unser Ältester ...« Die Stimme versagte ihr. Nach einem Augenblickchen räusperte sie sich und sprach weiter. »Daß man ihn umgebracht hat, zwei Wochen, bevor er hundert geworden wäre ... es ist sonderbar, aber das kommt mir schlimmer vor als ...« Sie schien mit sich selbst zu sprechen. Ihre Worte belegten Taguiloa nachgerade mit einem Bann, seine Einbildungskraft wurde durch das Gefühlvolle ihrer gedämpften Stimme angeregt, eine Ausdrucksstärke der Empfindungen, die um so eindringlicher wirkte, weil sie ihre Gefühle dermaßen leicht bezähmte, trotz ihrer inneren Aufgewühltheit langsam und wie unbekümmert zu reden vermochte. »Ich habe mitangesehen, wie ein Temueng meine jüngste Schwester bei den Fersen nahm und ihr an unserer heiligen Eiche die Hirnschale zertrümmerte, ich habe gesehen, wie sie mein Zuhause anzündeten und meine Mutter, meine Tanten, Onkel und Vettern fortschleppten, und doch habe ich nicht geweint, Sammang, die ganze Zeit lang habe ich nicht geweint. Und nun weine ich um 'nen Greis, der ohnehin dem Lebensende entgegensah. Sieh mal, ist das nicht sonderbar?«
    »Brann ...«
    »Keine Bange, Sammang, ich drehe bestimmt nicht durch! Tante Frin hat immer gesagt, Weinen sei gut für die Seele, 'ne Art von Läuterung.«
    Schweigen. Der Mann begann wieder auf- und abzustapfen, blieb stehen, setzte sich erneut in Bewegung, verharrte von neuem, fing abermals hin- und herzuschreiten an, seinem Umherlaufen fehlte es an jeder Regelmäßigkeit. Er fühlt sich im Zwiespalt, dachte Taguiloa, er will fort, und gleichzeitig möchte er bleiben.
    »Drei Monate«, sagte der Panday plötzlich, und nun klang seine Stimme aus Entschiedenheit hart wie Stein. »Das ist für dich eine genügende Frist, um herauszufinden, wie du nach Andurya Durat gelangen kannst, und dein Vorhaben auszuführen. In drei Monaten werde ich in Durat im Hafen liegen und auf dich warten.«
    »Nein!«
    »Du kannst mich dran nicht hindern.«
    »Aber wenn die Meermaid Schaden nimmt?«
    »Diese Frage habe ich schon geklärt. An der Palachuntmündung gibt es etliche Buchten. Jimm wird in einer solchen Bucht mit der Meermaid warten. Mit deinem Gold werde ich ein Schiff erwerben, auf das ich keine Rücksicht zu nehmen brauche, es muß nur einen Rumpf haben, der in hinlänglich gutem Zustand ist, um uns den Fluß hinabzubefördern. Und die Kinder können als Späher in den Lüften kreuzen.« Der Panday lachte. »Was willst du einem so vorzüglichen Plan entgegenhalten,

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