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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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gleich.«
    »Du hast recht. Ich werde nämlich bei meinem ursprünglichen Plan bleiben, Sammang. Ich weiß, wie du für die Meermaid empfindest, und ich verstehe 'ne Landkarte zu deuten. An dem Fluß gibt's ein Dutzend Stellen, wo die Temueng Steine und andere Geschosse nach dem Schiff schleudern könnten, sobald sie der Auffassung sind, dazu 'n Anlaß zu haben. Du und deine Leute, ihr kämt alle ums Leben, und wenn nicht, jedenfalls um euer Schiff. Diese Gefahr kann ich nicht eingehen, Sammang. Das werde ich keinesfalls tun.«
    Schlagartig wichen rings um Taguiloa die Schatten, ein warmes goldgelbes Licht umwaberte ihn. Er unterdrückte einen Aufschrei und sprang hoch, gedachte schnellstens das Weite zu suchen, hoffte unerkannt zu bleiben. Aber seine Füße regten sich nicht vom Fleck. Er versuchte den Kopf zu drehen. Er konnte es nicht. Keine Hand vermochte er zu rühren; nicht einmal einen Finger.
    Starr wie Stein und voller Furcht stand er da. So plötzlich, wie das Licht aufgeflammt war, erlosch es, und mit ihm schwand ein Großteil der Furcht Taguiloas. Was auch geschehen sein mochte, entdeckt hatte man ihn nicht. Im Innern des Gartenhauses unterhielten der Mann und die Frau sich in aller Ruhe weiter, im Freien erschollen keine
    Alarmrufe. Etwas überaus Merkwürdiges hatte sich zugetragen. Floh er jetzt ohne alle Umsicht, würde er dem Ärger wahrscheinlich nicht ausweichen, sondern erst recht hineingeraten. Er spähte umher, sah nur Dunkelheit und Eibenzweige, drückte sich sicherheitshalber vollends an die Erde, begann erneut dem Gespräch im Gartenhaus zu lauschen.
    »Ich mag dich nicht einfach gehen lassen.« Der Panday schritt hin und her, seine Stimme klang anfänglich laut, dann gedämpfter.
    »Ich will meinerseits auch gar nicht fort.« Abermals knarrte der Diwan, auf dem die Frau saß. »Wenn nicht mein Vater wäre, meine Brüder, meine Verwandten nicht wären, wenn nicht Slya in mir wohnte, mich nicht zum Handeln triebe, wenn ... Wenn! Blödes Wort. Ich kann, was ist, nicht ändern, Sammang.«
    »Du weißt nicht einmal, ob sie noch leben, du weißt nicht, was ihnen zustoßen mag, bevor du nach Durat und zu ihnen gelangst.«
    »Nein.« Dem Wörtchen schloß sich ein längeres Schweigen an, durchsetzt mit den leisen Geräuschen von Bewegungen. »Sollten sie nicht mehr am Leben sein«, sagte die Frau plötzlich mit von Wut, Erbitterung und Furcht scharfer Stimme, »werde ich Abanaskranjingas Leben trinken und es in den Wind speien.«
    »Bei Primalaus Wabbeltitten, Brann, so was darfst du nicht daherreden, ja nicht mal denken!«
    »Ich werd's nicht wiederholen, aber gegebenenfalls werde ich's tun. Auch das ist ein Grund, weshalb ich nicht möchte, daß ihr mich begleitet.«
    »Ich glaub's dir, hör bloß auf damit, denk dir nur, wenn jemand uns hörte!« Das Geräusch der Tür ertönte, Füße tappten auf den Fliesen, die Stimme des Pandays klang lauter, Fensterläden flogen auf. Taguiloa preßte sich so flach ans Erdreich wie möglich, um eins mit den Schatten zu sein. Der Schiffsherr sah jedoch allem Anschein nichts als das Dunkel in den Eiben und das vom Mondschein erhellte Gras. Er schloß die Läden, stellte sich — so dicht am Fenster, daß Taguiloa ihn atmen hören konnte — hinter das Weib. »Wo ist der Bub?«
    »Hält Wache.«
    »Aha.« Schritte auf Fliesen, Weide quietschte laut, als sich ein schweres Gewicht auf die seidenen Sitzpolster senkte. Der Panday hatte neben der Frau Platz genommen. »Ich könnte Jimm den Befehl über die Meermaid anvertrauen und dich allein in den Norden begleiten.«
    »Sei nicht närrisch, Sammang! Ich müßte mehr Zeit darauf verwenden, mir Sorgen um dich zu machen, als ich für die Abwicklung meiner eigentlichen Angelegenheiten erübrigen könnte. Die Kinder sind dafür die Gewähr, daß mir nichts zustoßen wird. Ihnen vermögen die Temueng nicht zu schaden. Will jemand ihnen etwas anhaben, verflüchtigen sie sich, sind im nächsten Augenblick woanders oder etwas anderes.«
    »Mit dir ist's nicht so.«
    »Solange sie leben, lebe auch ich.«
    Der Schiffsherr brummte, dann lachte er. »Ich glaube, ich mag dieses Streitgespräch nicht fortsetzen.«
    Die Frau lachte ebenfalls. Ein langes behagliches Schweigen ergab sich. Taguiloa spürte die Freundschaft und das Wohlwollen zwischen dem Paar, fühlte sie die Stille erfüllen, diese Art der Gemeinsamkeit und Verständigung machte ihn gleichermaßen neidisch-verdrossen wie traurig, weil sie ihm verwehrt blieb. Doch

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