Brann 01 - Seelentrinkerin
zur gleichen Zeit stieß das Weib ihn ab, seine Reden flößten ihm Furcht ein. Erneut dachte Taguiloa daran, sich lieber zu verdrücken, entschied sich aber dafür, auf Csermanoa zu warten und zu beobachten, was dann geschah.
Als hätte er mit dieser Überlegung ein Stichwort gegeben, brach mit einemmal eine Kinderstimme das Schweigen. »Jaril meldet, Csermanoa kommt.«
Taguiloa lauschte, hörte einige Atemzüge lang nichts; dann knirschten Füße auf dem Kiesweg, und Csermanoas Stimme befahl Wächtern, Aufstellung zu nehmen. Taguiloa lächelte. Csermanoa der Scharfe teilte die Männer so ein, daß sie nicht hören konnten, was man im Gartenhaus sprach, aber unverzüglich eingreifen würden, falls er ihren Beistand benötigte. Mit schweren Schritten näherte er sich allein dem Gartenhaus, Dielen quarrten, während er die Stufen zum Eingang erstieg, leise quietschten die Türangeln.
»Nun, Sammang, wie steht's?«
»Nicht allzugut, Saöm.« Der Schiffsherr sprach das Hina mit nur geringfügig abweichender Betonung.
»Sieh an!« Weide knisterte, als der rundliche kleine Kaufmann gegenüber des Manns und der Frau Platz nahm. »Ich habe dich erst gegen Ende des Sommers erwartet.«
Verhalten lachte der Panday. »Was geschieht, ist der Götter Wille, Saöm.« Kurzes Schweigen. »Ich besuche dich nicht aus geschäftlichen Gründen. Vielmehr möchte ich zwei Gefälligkeiten erbitten. Über Geschäfte können wir morgen sprechen.« Wieder kurzes Schweigen. »Ich bedaure das Ableben deines Onkels.«
»Er war ein alter Mann in der Fülle seiner Jahre.« Der Tonfall des Händlers zeugte von Wachsamkeit. Taguiloa grinste ins Dunkel, sah geradezu vor sich, wie sich Csermanoas Augen aus Mißtrauen verschleierten, wie das starre Lächeln ihm die Lippen verzerrte. Gefälligkeiten bedeuteten für ihn bare Münze, und davon trennte er sich höchst ungern, außer er bekam dafür einen möglichst hohen Gegenwert.
»Meine Bekannte muß sich verstecken, sie braucht einen sicheren Unterschlupf und eine Unterweisung in den Gepflogenheiten der Hina und Temueng.«
»Spricht sie das Hina?«
Die Frau unterbrach die Unterhaltung mit einer eiligen Frage an den Schiffsherm, sie wollte den Inhalt erfahren. Sie hörte sich seine Erklärung an und sagte, sie werde am folgenden Tag die Hina-Sprache beherrschen, die Kinder könnten das bewerkstelligend »Sie wird's«, beschied der Panday dem Handelsmann im Ton der Unanzweifelbarkeit.
Aus der Räumlichkeit drang vernehmliches Geknarre, als das Weidenmöbel sich unter den Bewegungen von Csermanoas beträchtlichem Körpergewicht verzog. Taguiloa malte sich aus, wie der Dicke sich vorbeugte, um die Frau genauer zu mustern, seine schmalen schwarzen Augen sie von oben bis unten maßen, als wäre sie ein Sack Reis, dessen Kauf er erwog. »Sie muß sich verstecken?«
»Das ist die zweite Gefälligkeit, um die ich ersuche: Stell keine Fragen!«
»Aha.« Nochmals knisterte Weide, wahrscheinlich lehnte Csermanoa sich zurück. »Dombro wird nicht schwatzen, er ist verläßlich. Grum würde nicht einmal seiner Mutter, hätte er eine, etwas weitererzählen. Wer sonst hat sie gesehen?«
»Meine Mannschaft, aber sie wird nichts ausschwatzen, über sie nicht. Wir haben einen Weg durch die entlegensten Gassen genommen, kein glaubhafter Mensch ist ihrer ansichtig geworden.«
»Ihr Haar war verhüllt? Gut. Das Gesicht eines jungen Weibs mit Altweiberhaar erregt Aufmerksamkeit. Kann sie lesen und schreiben? Ihr eigenes Geschnatter, meine ich? Ja? Gut. Dann hat sie zumindest einen Begriff von derartigen Dingen. Es dürfte nicht allzuschwierig sein, ihr die Hina-Schrift zu vermitteln, wenn sie sich ausreichend Mühe gibt.« Schweigen. Taguiloa stellte sich vor, wie der Händler die Frau verkniffenen Blicks noch einmal betrachtete. »Ist sie ihren Unterhalt zu verdienen bereit?« Dem Schiffsherrn entfuhr ein zorniger Ausruf. »Nicht bei mir«, ergänzte Csermanoa hastig seine Frage. »Ich frage nur, um zu wissen, was ich sie lehren soll.«
Während er in schnelles Pandayisch verfiel — fast zu schnell, um Taguiloa verständlich zu sein —, erläuterte der Mann dem Weib, worüber er und Csermanoa gesprochen hatten.
»Sammang, ich werde mir den Lebensunterhalt auf meine Weise sichern, das weißt du. Er schwatzt Unsinn, er will dich nur aushorchen. Ich werde überleben.« Das beteuerte sie mit allem Grimm. »Wie ich's tu, das überlaß getrost mir.«
Taguiloa lächelte. Wie ich es erwartete, dachte er. Ein
Weitere Kostenlose Bücher