Brann 01 - Seelentrinkerin
harter Brocken. Csermanoa könnte einen Felsen melken gehen und aus ihm mehr als aus ihr herausholen.
»Du möchtest wohl nicht, daß die Kaiserliche Garde dich in Empfang nimmt.« Sammang sprach in merklicher Verärgerung. Und achtlos, befand Taguiloa. Bestimmt versteht Csermanoa einiges Pandayisch, das Wort Kaiserliche war ein arger Ausrutscher, es verrät ihm mehr, als den beiden recht sein dürfte.
»Wieso sollte sie gerade auf mich lauern?«
»Glaubst du, die Temueng in ... woher du kommst ... Glaubst du, sie senden nicht jeden Tag Nachrichten nach Durat?«
»Na und?«
»Sie sind keine Blödiane. Inzwischen ist ihnen sicherlich klar, daß du ihnen entwischt bist, und sie können sich zusammenreimen, wohin du dich gewandt hast. Folglich wird man in Durat auf dich vorbereitet sein. Du mußt mit äußerster Schlauheit und Gerissenheit vorgehen, und du mußt die Verhältnisse kennen.«
»Na schön, also schön, ich habe verstanden. Du hast recht, ich geb's zu. Führ die Verhandlungen weiter. Ich bin müde.«
Sei vorsichtig, Mann! dachte Taguiloa. Csermanoa schuldet dir vielleicht den einen oder anderen Gefallen, aber du bist kein Hina, das beachte und sei auf der Hut, wie er das
Weibsbild behandeln wird, hängt davon ab, wie sehr er dich noch braucht. Du mußt ihm verschweigen, daß die Temueng ihr nachstellen und jeden zertreten werden, der mit ihr zu schaffen hat. Er faßte den Vorsatz, von ihr möglichst großen Abstand zu bewahren.
»Saö Csermanoa«, sagte der Schiffsherr, wechselte ins Hochhina über, »wirst du dieser Freien und ihrem Anhang, zwei Kindern, Unterkunft und Unterweisung gewähren?«
Taguiloa wünschte sich, er könnte jetzt das Gesicht des Händlers sehen. Der Panday hatte eine förmliche Frage an ihn gerichtet, vorgetragen im vornehmen Hochhina, wie es ansonsten angebracht war im Umgang mit jener Handvoll Altsippen, die die Temueng bei den blutigen Säuberungen
— durchgeführt im Anschluß an die Eroberung — übriggelassen hatten. Taguiloa nickte beifällig. Gewitzt. Wahrhaft gewitzt. Trotz all seiner Durchtriebenheit würde Csermanoa anbeißen.
Tatsächlich antwortete Csermanoa dem Schiffsherrn ebenso in der Hochsprache und mit der gleichen Förmlichkeit. »Ich gebe dir dies Versprechen, o Sammang Schimli: Der Freien und ihrem Anhang, zwei Kindern, sollen Unterkunft und Unterweisung gewährt sein.« Danach bediente er sich wieder der Umgangssprache. »Zwei Kinder, sagst du. Ich sehe nur eins, diese schweigsame Kleine.«
»Ihr Zwillingsbruder gibt draußen acht.«
»Dürfte für so was 'n bißchen jung sein.«
»Aber er ist ungemein fähig.«
Fähig? dachte Taguiloa. Mich hat er allerdings nicht bemerkt ... Er zuckte zusammen, hätte sich fast durch einen Aufschrei verraten, als eine kleine Hand ihn am Arm berührte, ihm ein leises Lachen ans Ohr drang. Als er hinschaute, sah er das Gesicht des Knaben im Schatten als hellen länglichen Fleck, ehe es sich in das goldgelbe Leuchten auflöste, das ihn vor wenigen Augenblicken heimgesucht hatte, dann erlosch das Licht; links von Taguiloa raschelte es halblaut, als flöhe ein kleineres Lebewesen. Kein Wunder, daß sich die Frau keinen Sorgen hingab: Sie war eine Hexe, die mit Dämonen im Bunde stand. Es schauderte ihn, er bekräftigte seine Absicht, sich ihr fernzuhalten, da begriff er, daß der Knabe ihr von ihm erzählen würde, sobald sich Csermanoa verabschiedet hatte. Unruhe befiel Taguiloa. Zu gern hätte er sich jetzt davongemacht, er hatte genug erfahren, um damit etwas anfangen zu können, mochte jedoch nicht Gefahr laufen, von den Wächtern gestellt zu werden. Möglicherweise langweilten sie sich ausreichend, um das leiseste Geräusch zu hören, und waren so gemein, daß sie ihre Freude daran fänden, ihn zu verprügeln.
»Gefälligkeit gegen Gefälligkeit«, sagte der Händler.
»Sag mir, um was es sich dreht, und ich werde darüber nachdenken.«
»Morgen, Schiffsherr.« Weide quietschte. »Du hast gesagt, übers Geschäftliche reden wir morgen.«
»Saöm, willst du deine Zusage blindlings geben?« Geräusche zeigten an, daß der Panday die Füße bewegte, leisere Geräusche, daß sich auch die Frau erhob. »Meinen Dank fürs Zuhören. Ich werde mir anderweitig zu helfen wissen.«
»Setzt euch, setzt euch!« Csermanoa sprach hastig und mit Untertönen von Gereiztheit in der Stimme. »Von einer blindlings erteilten Zusage kann keine Rede sein. Auf gar keinen Fall. Wir werden uns morgen darüber verständigen.«
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