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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Mauer.«
    Y aril drängte sich an ihnen vorüber und steckte den Kopf aus dem Fenster, so weit es nur ging; sie schaute nach den Seiten, nach unten und oben, schlüpfte an Brann und Jaril vorbei und setzte sich aufs Bett. »An diese Fenster gehörten Gitter. Brombeer, der Wirt hält offenbar nicht allzuviel von dir, wenn er dir dieses Zimmer zugewiesen hat. Bleiben die Läden offen, damit wir ein bißchen frische Luft kriegen, kann hier jeder einsteigen. Die Mauerkrone befindet sich in gleicher Höhe wie der obere Fensterrahmen und ist höchstens sechs Fuß davon entfernt.«
    Brann lächelte. »Der arme Dieb, der hier einsteigt, dürfte sehr zu bedauern sein.« Sie strebte vom Fenster zum Bett, prüfte dessen Verfassung. »Viel bequemer als das alte Gestell im Gasthaus. Mir tun die Knochen weh, wenn ich nur dran denke. Aaaach-haaach, bin ich müde. Zu müde zum Essen. Ich glaube, ich lasse die Abendmahlzeit ausfallen und gehe für 'ne Stunde oder so ins Badehaus. Jaril, Yaril, ich wüßt' es zu schätzen, wenn ihr euch die Matratze genau ansehen würdet, ehe ihr euch Nachtruhe gönnt; sorgt dafür, daß wir kein Ungeziefer in der Kammer haben. Sollte ich in der Nacht mißgelaunt aufwachen, weil's mich juckt, weiß ich nicht, was ich anstelle.«
    Anders als bei den Bädern der Hina war das Badehaus nach Geschlechtern geteilt, eine Seite blieb den Frauen, die andere Seite den Männern vorbehalten, und man achtete streng darauf, daß diese Trennung eingehalten wurde. Die Bademeisterin des Frauenteils (eine Ringerin, die aussah, als könnte sie jedem, der Verdruß verursachte, mochte er Mann oder Weib sein, eine Abreibung erteilen) vermochte anfangs mit Brann nichts anzufangen; sie war es nicht gewöhnt, daß Personen erschienen, die Frauen zu sein behaupteten, aber etwas am Leibe trugen, das sie für Männerkleidung hielt. Halb verärgert, halb belustigt, auf alle Fälle jedoch zu ausgelaugt, um sich zu streiten, schnaubte Brann bloß verächtlich und zog Bluse und Hose einfach aus. Als ihre Weiblichkeit in augenfälliger Unanzweifelbarkeit entblößt war, schlurfte sie hinein.
    Das nach Kräutern duftende Wasser dampfte, kleine Blasen durchbrodelten es, während es in ein in den Boden eingelassenes, in verschlissenen Stein gefaßtes Becken plätscherte, im wesentlichen grau, doch sah man Kleckse von Bernsteingelb, Rostrot und kalkigem Blau. Auf einem Weidentisch am Eingang lagen Stapel derber, weißer Badetücher, an einer Wand gab es Haken für die Kleidung der Besucherinnen, neben dem Becken standen bei einer Stange aus glattem, weißen Porzellan, über der Waschlappen hingen, eine flache Schale voller Seife und eine Auswahl von Duftölen. Brann hängte Bluse und Hose auf, warf ihre Unterwäsche neben die Badetücher und stellte ihre Stiefel auf eine Ablage neben dem Weidentisch. Sie reckte sich, gähnte, die Wärme drang ihr bereits in Muskeln und Knochen; sie schlenderte zum Becken und stieg langsam ins Wasser; es war so heiß, daß sie sich auf die Lippen biß und ein Schauder des Wohlbehagens sie durchlief, sobald sie bis zum Hals untergetaucht war. Flüchtig hielt sie sich noch am Geländer fest, begann dann zu schwimmen und paddelte zwischen die entrollten Blätter der getrockneten Kräuter, die die Bademeisterin, als sie die Hähne der HeißwasserZisterne aufdrehte, ins Wasser geworfen hatte. Brann tauchte den Kopf unter, schüttelte ihn und spürte den Fingerbreit neuen Haars ihre Kopfhaut umgeben. Sie tauchte auf, zog sich auf den Rand des Beckens und seifte sich die Beine ein; zum erstenmal seit Jahren hatte sie wieder Vergnügen am eigenen Körper; sie hatte am Berg mit Absicht ein zurückhaltendes Leben geführt, Landschaft und Arbeit waren ihr hauptsächlicher Quell des Lustgewinns gewesen; ein Geliebter für längere Zeit hätte zuviel über sie erfahren, so sehr durfte sie niemandem vertrauen, und sie begehrte niemanden so stark, daß sie die Mühe auf sich genommen hätte, seinen Widerwillen zu überwinden, den er hätte empfinden müssen, sobald er erfuhr, wer sie war; selbst ein zeitweiliger Liebhaber hätte zuviel Umstände gemacht. Nun jedoch ähnelte sie einem prallen Schlauch voller geballter Kraft, Verlangen kribbelte in ihr, und sie besaß noch keine Klarheit darüber, was sie in dieser Hinsicht unternehmen könnte. Im Laufe von hundert Jahren veränderten sich Kulturen; der Wandel mochte gering sein, konnte jedoch genügen, um sich in Schwierigkeiten zu bringen, falls sie nicht achtgab.

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