Brann 02 - Blaue Magie
ihren Körper.
Die Tür wurde aufgestoßen, knallte gegen die Wand. Helligkeit aus dem Flur und das Licht der Laternen, die die Büttel mit sich trugen, drang ins Zimmer, glänzte auf Metall und Leder ihrer Gewandung. Jaril sprang auf und legte die Ohren an, senkte den Kopf, knurrte tief aus der Kehle. Als wäre sie aus dem Schlummer geschreckt worden, aber ebenso gefährlich wie die Dogge, setzte sich Brann ruckartig auf, hielt in einer Faust ein Messer bereit, mit der anderen Hand riß sie die Steppdecke heran, bedeckte sich damit. »Raus mit euch, ihr Schweine«, fauchte sie, »oder ich hetze den Hund auf euch und zerstückele zu Gulasch, was er von euch übrigläßt.«
»Gemach, gemach, Fenna meh.« Kheren Zanc drängte sich am vordersten Büttel vorbei. »Es geschieht nichts Unrechtes. Die Stadtwächter suchen nach einem Dieb, der unweit deines Fensters über die Mauer geflohen ist. Sie müssen sich davon überzeugen, daß er sich nicht in diesem Haus versteckt. Die Durchsuchung dient also deiner eigenen Sicherheit, Fenna meh.«
Mit ungnädiger Gründlichkeit musterte Brann die Männer. Dann wickelte sie sich die Steppdecke um und schob einen Zipfel unter den Saum, um sie auf diese Weise zu befestigen. »Wenn sie so dumm sind, zu glauben, irgendein blöder Dieb könnte sich trotz meines treuen Rabauken bei mir einschleichen, sollen sie sich von mir aus hier umsehen.« Sie ließ sich auf dem Bett zurücksinken und hielt das Messer locker auf dem von der Steppdecke verhüllten Oberschenkel. »Wer die Kinder weckt, dem zieh ich das Fell ab.« Mit der freien Hand patschte sie leicht neben sich aufs Bett, pfiff gedämpft, und die Dogge tat einen Satz übers Fußende des Bettgestells an ihre Seite. Jaril, zeitweilig in >Rabauke< umbenannt, streckte sich aus und legte die Hinterläufe quer über die Beine des jungen Diebs. Yaril und der falsche Jaril blieben liegen, als schliefen sie beide ganz tief, während drei Büttel das Zimmer durchsuchten, unters Bett und in den Kleiderschrank lugten. Einer bohrte seinen Spieß am Fußende des Betts in die Decke, doch als er Anstalten machte, es abzudecken — womöglich für den Fall, daß der Dieb sich als Falte von der Größe eines Reisigs tarnte —, bewog ein wutentbrannter Blick Branns ihn zum Zurückweichen.
Kheren verbeugte sich mit schwerfälliger Würde. »Werte Herren ...« Er führte die Büttel hinaus und schloß die Tür wieder ab.
Mit einem zittrigen Aufseufzen legte Brann das Messer zurück auf das Tischchen neben dem Bett, auch ihre Finger bebten, als sie damit das mit Entendaunen bauschig gestopfte Kissen unter ihrem Kopf glättete. Sie grinste Jaril zu, während er sich in einen Knaben zurückverwandelte und sich im Schneidersitz aufs Bett hockte. »Wir warten noch 'n Augenblickchen ab, dann beobachte, was sie nun treiben.«
Jaril nickte. Etwas später rutschte er vom Bett, seine Gestalt verschwamm zu einer goldgelben Lichtkugel und schwebte durchs Holz der Tür. Der junge Dieb setzte sich aufrecht hin und wölbte die Brauen. »Ein toller Trick. Ich wollte, so was könnte ich auch.«
»Er wird uns warnen, falls die Büttel zurückkommen. Wie hast du dir bloß solchen Ärger eingehandelt?«
»Durch Mißgeschick und Torheit.«
Brann lachte. »Das ist eine Antwort, die von bemerkenswerter Ehrlichkeit zeugt, jemand deines Gewerbes sollte diese Eigenschaft weniger pflegen ... Äh ... Im Gedenken an deinen Großvater werde ich dich Tua nennen. Tua, mein Freund, es wird noch ein, zwei Stunden dauern, bis du deines Weges gehen kannst, also vertreib uns ein bißchen die Zeit, indem du mir deine Schwierigkeiten schilderst. Mag sein, ich kann dir irgendwie helfen. Deinem Großvater zuliebe wäre ich dazu bereit. Oder aus Langeweile. Oder aus grundsätzlicher Abneigung gegen alle Arten von Häschern. Nutze die Gelegenheit und erzähle mir, was du zu erzählen hast.«
Bedächtig rieb er die Hände aneinander, die Lider seiner hellen Augen wurden schmal. »Warum?«
»Warum nicht?«
»Hmm. Na ja, ich denke mir, es hätte wenig Sinn, es zu verschweigen. Es ist folgendermaßen abgelaufen: Vor ungefähr einer Woche, wohl ein, zwei Stunden vor Anbruch der Morgendämmerung, da ... ahm ... schlenderte ich die Kuhtorgasse entlang ... Kennst du dich in Halimm aus? Ach!« Er klatschte sich auf die Wange, schnalzte mit der Zunge. »Ich vergesse, wer du bist, du hast ja diese Straßen schon beschritten, bevor meine Mutter geboren wurde. Wo war ich? Ja, die Kuhtorgasse
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