Brann 02 - Blaue Magie
Pflanzer und Pfleger von Gewächsen, Krämer, Handwerker und Kutscher, und dazu käufliche Kerle, denen man Waffen und die Aufgabe gegeben hat, die Lehensgüter der Parastes gegen die Sklaven zu verteidigen.« Maksims Gelächter grollte wie Donner. Er strebte durch eine Ecke der Mauer und begann den westlichen Wall entlangzuwandern. »Sie haben vom Volk nicht erwartet, daß es sie liebt, nein, das bestimmt nicht. Es genügte ihnen, daß es ihnen diente. Hmm-hm. Ich habe versucht — mit Erfolg, Todich, du hast aufgeschrieben, mit welchem Erfolg —, zwischen Reichen und Bettlern mehr Gleichheit zu schaffen. Und habe die tollste Verwirrung gestiftet.« Er hielt seine beiden großen, wohlgeformten Hände in die Höhe, als hätte er die Verwirrung mit ihnen ausgeteilt. »Gewaltiges Durcheinander hab' ich verursacht, und es hat mir Spaß bereitet, jeder einzelne Augenblick hat mir Freude gemacht. Warum zerbrichst du dir den Kopf mit solchen Wahnvorstellungen?, hat man mich gefragt. Du wirst scheitern. Die Armen wollen so etwas gar nicht, sie mögen keine Veränderungen, sie wünschen, daß alles immer gleich bleibt. Sie werden dich nicht unterstützen. Auch wir werden dir nicht helfen, wir sind ja keine Selbstmörder. Nicht einmal dein Heer wird dir beistehen, Krieger verachten Dreckfresser noch mehr als wir's tun. Sei vernünftig. Macht ist Macht. Du bist der Herrscher. Genieße deine Macht, belaste dich nicht mit Unfug.« Er wölbte die wuchtigen Schultern, faltete erneut die Hände auf dem Rücken und ging noch langsamer; seine Stimme sank fast zum Flüsterton herab. »Manchmal neige ich dazu, ihnen recht zu geben.« Er blieb stehen, legte die Hände auf eine Mauerzacke und blinzelte hinab auf die Stadt. »Aber dann... dann erinnere ich mich ans Betteln in den Straßen. Sieh dorthin, Todich, wo sich am Marktplatz die beiden Gassen treffen. Dort haben ein Parast und seine Vögte mich zusammengeschlagen, weil ich seine Pferde erschreckt hatte. Auf den Pflastersteinen ist mein Blut geblieben, aber du könntest die Stelle heute nicht wiederfinden, es ist zuviel Blut darunter und darüber. Und dort« — ruckartig hob er den Arm und deutete mit der Hand dort hinüber, wo die Außenmauer der Zitadelle eine Biegung aufwies und ihren Verlauf in die Richtung der Bucht nahm — »kann ich eine Hütte erkennen, eine Hütte auf einer Erhebung gleich unterhalb der Mauer, dort hat meine Mutter in einer solchen Hütte gehungert, nachdem sie zu alt geworden war, um sich noch länger als Hure verkaufen zu können. Weißt du, warum die Zitadelle hier und an keinem anderen Ort steht? Als ich sechs Lenze war, Todich, erwischte mich ein Händler beim Klauen, er schleppte mich auf den Sklavenmarkt, dieser Markt befand sich genau hier, unter der Mauer, auf der wir stehen, und die Freudenhäuser waren davon nur einen Hammelsprung entfernt; wenn wir auf dem Nordwall sind, befinden wir uns am damaligen Standort des Freudenhauses, an das er mich verkauft hat. Niemand dürfte reich genug sein, um einen anderen Menschen zu kaufen, Todich, und niemand arm genug, um sich verkaufen zu müssen. Um's rechte Maß geht's, Todich, Mäßigkeit des Reichtums, Mäßigkeit der Armut. Pah!« Er drosch mit der Faust auf den Stein, stapfte weiter die Zinnen entlang. »Ich nahm die Geschicke des Landes in meine Hände, als die Armen nicht zählten, als Schufte alles galten, also mußte ich von allen der größte Schuft sein, Todich. Sie hatten ja recht, die Flöhe, niemand wußte zu schätzen, was ich tat. Ich machte meine Gesetze, ich gab meinen Richtern Befehl, Gerechtigkeit walten zu lassen, und was geschah? Die Armen liefen um Gerechtigkeit zu ihren Herren — ach, was für törichte Menschen waren sie! — statt zu meinen Richtern. Ich mußte alles selber anpacken. Ich verkaufte meine Seele, Todich. Ich verkaufte sie dem Stein und an Amortis. Und ich verkaufte Cheonea an Amortis; nimmt man den Menschen den Mittelpunkt ihres Daseins, muß man ihnen einen anderen geben, Todich, sie ist nicht die beste Wahl, unsere Amortis, aber allemal weniger blutrünstig als andere Gottheiten, die Opfer, die sie verlangt, sind von einer Art, die alle Menschen gerne darbringen, ohne daß man sie antreiben muß... Hah! Obschon ihr Vermögen, sie darzubringen, gänzlich von ihrem Trieb abhängig ist, wenn du das Scherzchen verzeihst. Und ich habe schlimmere Dinge getan, Todich, aus nicht einmal halb so ehrenwerten Gründen. Ich bin vor keiner Gemeinheit zurückgeschreckt, um
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