Brann 02 - Blaue Magie
Unterhaltung bereit.
Ungnädig vollzog Maksim das Zeremoniell der gegenseitigen Begrüßung, erteilte Vasshaka Bulan barsch die Erlaubnis, sein Anliegen vorzutragen. »Aber fasse dich kurz und knapp«, sagte er, »willst du meine Geduld nicht überfordern, Diener Bulan.«
»Ich habe verstanden, Phoros Pharmaga.« Bulan neigte den Kopf. »Ich wünsche Beschwerde über den Dorfrichter Silthos a Melisto zu führen. Er gab Befehl, einen Diener Amortis' aus dem Yron von Nopido zu holen, er fällte über ihn ein Urteil und ließ ihn von den Nopidesen steinigen. Dazu hatte er kein Recht, Phoros Pharmaga. Über einen ihrer Diener halten Amortis und der Kriorn des jeweiligen Yron Gericht. Niemand Geringeres darf es wagen, ihn anzutasten. Durch deinen Entscheid ist dies Land Amortis' Land.«
»Infolge meines Entscheids hat Amortis die Gerichtsbarkeit über ihre Diener, ja, ausgenommen ...« Maskim beugte sich vor und schlug die Hand auf die Tischplatte, so daß das Holz dröhnte. » ... weltliche Verbrechen. Notzucht ist eine solche Schandtat. Mir liegt der Bericht des Dorfrichters vor, Diener der Diener. Euer lieber Mitbruder hat ein achtjähriges Mädchen genotzüchtigt.«
Bulan hob die Hand. »Er war in fromme Raserei verfallen, Phoros, einen Zustand, in dem er für nichts zur Rechenschaft gezogen werden konnte.«
Settsimaksimin zwang sich einen Augenblick lang zur Zurückhaltung, ehe er antwortete; er erlegte sich eine eherne Ruhe auf, bändigte die Wut, in der er die Neigung verspürte, diese Schlange als Häuflein Asche zu Amortis zurückzuschicken. Er brauchte den verschlagenen alten Gauner, vor allem gegenwärtig, da er sich keine Auseinandersetzung leisten durfte, die seine Aufmerksamkeit von der Seelentrinkerin und der Gefahr, die sie für ihn bedeuten mochte, ablenken könnte. Er rang sich ein unterkühltes Lächeln ab. »Allem Anschein nach war Anarpa selbst nicht dieser Ansicht. Er ermordete das Mädchen und versuchte, seine Tat zu verhehlen.«
»Ein schwacher Mensch ist ein schwacher Mensch, und in einer solchen Stunde wird ein Dummer nicht zum Weisen. Es stand dem Kriorn des Yron zu, über ihn zu urteilen.«
»Nach meinem Wort und meinen Gesetzen sind es die Menschen, denen er Unrecht zugefügt hat, die dies Recht besitzen. Nach meinem Wort, meinen Gesetzen und ebenso nach dem mit Amortis abgeschlossenen Vertrag. Einem Vertrag, den du Satz für Satz auswendig kennst, Vasshaka Bulan, Amortis' Diener der Diener.« Er legt sich die Hand auf die Brust, auf den Stein, fühlte ihn warm und bedrohlich unter der Handfläche. »Wir sind stets geduldig mit dir gewesen, Getreuer Diener, weil wir wissen, daß du Ihr treu ergeben bist, der wir beide ... dienen. Wir wollen unsere Geduld ausdehnen und dir unsere endgültige Entscheidung erläutern. Als seine Untat offenbar wurde — und dazu kam es fast unverzüglich, weil's nämlich, wie er den Leichnam verscharrte, einen Augenzeugen gab —, suchte Diener Anarpa Zuflucht im Nipodoer Yron. Der Dorfrichter verhielt sich, obwohl weder das Gesetz noch unser Vertrag es so verlangen, sehr maßvoll und höflich, indem er jemanden zum Nopidoer Yron sandte und erbat, man möge ihm den Diener namens Anarpa zwecks Vorführung beim Dorfgericht ausliefern. Aber der Kriorn des Yron lehnte sein Ersuchen ab.« Maksim spürte, wie sich unter dem Stein sein Herzschlag beschleunigte, und nahm sich noch einmal einen Augenblickchen Zeit, um sich innerlich zur Ruhe zu nötigen. »Das war weder angebracht, noch war's höflich. Ebensowenig steht's in Einklang mit den Gesetzen oder dem Vertrag. Wir sind's, die Anlaß zur Beschwerde haben, Vasshaka Bulan, zur Klage über derartig widerspenstiges Betragen. Und wir sagen dir, Vasshaka Bulan, halte deine Diener zum Anstand an, oder wir werden's für dich tun. Falls du in bezug auf unseren Willen oder unsere Fähigkeit, sie zu züchtigen, Bedenken hegst, werden wir Amortis bitten, die Sache klarzustellen, indem sie selbst diese Aufgabe übernimmt, jenen Kriorn zu bestrafen. Wir haben dir erläutert, was wir in diesem Land zu bewerkstelligen beabsichtigen. Diesen Zielen hat Amortis ihren Segeln erteilt. Jeder ihrer Diener, der sich dazu außerstande fühlt, voller Begeisterung für die Verwirklichung unseres Traums zu wirken, täte besser daran, der Göttin in einem anderen Land zu dienen.« Er musterte Bulans Gesicht, aber darin regte sich kein Muskel; die freundlichen alten Augen drückten nicht mehr an Empfindungen aus als Bröckchen stumpfer
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