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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Busses fahren können, aber das Laufen ist ihm lieber; viel erwartet er von diesem Planeten oder dem Holzschnitzer nicht, doch immerhin hat er einen Vorwand, um sich der Enge der Raumhafen-Kleinstadt und den Händlern mit Goldglanz in den Augen zu entziehen. Er will die Welt sehen, ihre Gerüche schnuppern, ihre Beschaffenheit fühlen, ihre Geräuschkulisse hören — was letztere angeht, vor allem den Vogelgesang. Die Flugtiere auf diesem Planeten verfügen über ein umfangreiches Repertoire an Pfeiftönen und sind dazu fähig, den individuellen Gesang vieler einzelner Exemplare zu einem erstaunlichen Ganzen zu verschmelzen.
    Daniel Akamarino strebt eine zweispurige, asphaltierte Landstraße hinab, die durch eine freie, belebte Landschaft verläuft, lauscht den außergewöhnlichen Tönen von Vogelgesang; inzwischen säumen statt Gras Kräuter und Nesseln die Bankette, so daß er nun auf dem Asphalt ausschreitet; seine Sandalen knarren auf dem körnigen Straßenbelag. Er hebt den Fuß, bewegt ihn nach vorn, setzt ihn auf ...
    Daniel Akamarino stolperte auf eine ungepflasterte, zerfurchte Straße, strauchelte und wäre fast gestürzt. Sobald er sich abgefangen hatte, blieb er stehen und blinzelte in eine vollkommen andere Gegend.
    Die Straße, auf der er jetzt stand, machte vor und hinter ihm eine scharfe Kurve; weil sie zudem zwischen hohen Hecken verlief, konnte er nur wenig sehen, lediglich die Wipfel einiger niedrigerer Bäume mit verdrehtem Astwerk, deren Laub die Jahreszeit bereits gelichtet hatte; an den obersten Ästen hingen noch die verfaulten Reste kleiner Früchte. Es waren richtige Bäume, solche wie in seiner Heimat, nicht die fedrig-blauen baumähnlichen Gebilde, wie sie neben der Landstraße wuchsen, auf der er sich eben noch befunden hatte. Hoch am Himmel kreiste ein Raubvogel, in der Nähe zwitscherten Singvögel, ihr Zirpen klang verblüffend vertraut; er lauschte, hatte das Empfinden, die meisten zu kennen. In den Hecken summten Insekten, krochen durchs staubige, grau-grüne Gras. Ein schwarzer Springkäfer, so lang wie sein Daumen, tat aus dem Straßenstaub einen Satz auf seinen Zeh, verharrte kurz, sprang weiter. Daniel Akamarino saugte an seinem Zahnfleisch, trat gegen die nächstbeste Lehmfurche, eine Wolke hellen, alkalischen Staubs wirbelte auf. Wäre die Sonne ein bißchen rötlicher und hätte sie einen blauen Begleiter, so groß wie eine Murmel sichtbar, hätte diese Welt Rainbow's End sein können. Hier jedoch schien nur eine Sonne, und zwar gelblich wie ein Eidotter; sie stand ziemlich tief — im Westen, glaubte er —, und ihre Strahlen fühlten sich schwach an, darum folgerte er, daß es ratsam war, den knappen Rest des Tages nicht mit Nachdenken über das, was ihm zugestoßen war, zu vertrödeln. Er tat einen Schritt rückwärts, und noch einen; doch anscheinend funktionierte die Raum-Zeit-Falte, die ihn herverschlagen hatte, nur in einer Richtung. Er zuckte mit den Schultern. Da ließ sich nun einmal nichts ändern. Er kniete sich in den Lehm der Straße und besah sich die Furchen näher. Obwohl er sich in der Beurteilung solcher Fahrzeugspuren wenig auskannte, hatte er den Eindruck, daß die meisten in die Richtung führten, in die er blickte, nämlich (falls er bezüglich des Stands der Sonne recht hatte) ungefähr nach Nordosten. Er erhob sich, klopfte sich den Staub von der Hose und begann zu gehen; er fand sich mit diesem krassen Einschnitt in den Umständen seines Daseins so gelassen ab, wie er nahezu sämtliche Ereignisse in seinem Leben aufgenommen hatte.
    Er war in der warmherzigen, lauten Geborgenheit einer vielköpfigen Großfamilie aufgewachsen, stets war jemand da gewesen, der ihn in die Arme nahm und drückte, wenn er sich einen Zeh anstieß oder auch einmal ein ernsteres Wehwehchen hatte, und dadurch hatte er ein Sicherheitsgefühl erworben, das seitdem nur ganz unerheblich beeinträchtigt worden war (obschon er dutzendfach Gefahren durchgestanden und ihm infolge seines durch übertriebenen Optimismus geprägten Verhaltens mehr als einmal der Tod gedroht hatte); er hatte immerhin gelernt, sich zu wehren, allerdings mehr wegen seines inneren Drangs, jede Befähigung, die er sich aneignete, in aller Perfektion zu lernen, als aufgrund einer stärkeren Neigung, seine Gegner richtig fertigzumachen. Das Leben war leichter, wenn man gar keine Feinde hatte. Geriet eine Situation außer Kontrolle und konnte er nichts tun, um sie zu entschärfen, entfernte er sich normalerweise

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