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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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was soll ich nur mit ihr anstellen? Brann stieß ein Aufseufzen aus. Hmm. Es ist zehn Jahre her, daß sie von daheim fortgehen mußte, das ist eine lange Frist ... Wie alt ihr Vater wohl damals gewesen sein mag? Vielleicht ist er inzwischen verstorben. Machte das einen Unterschied aus? Ich habe den Eindruck, daß ihre Brüder üble, verderbte Kerle sind, möglicherweise noch schlimmer als der Vater. Was hat sie gesagt, wie heißt die Sippe? Ach! Ash-Kalap. Ich muß die Namen der Mutter, des Vaters und des ältesten Bruders wissen. Also gut. Am besten kümmere ich mich sofort darum. Sie setzte sich auf, schwang die Beine über die Bettkante, blickte verdrossen vor sich hin. Sie bewegte die Schultern, ballte die Hände zu Fäusten, lockerte sie, krümmte und entspannte die Zehen, dehnte die Muskeln in Armen und Beinen. »Carup«, rief sie, »komm zu mir! Ich muß mich mit dir unterhalten.«
     
    11 Zwei Tage danach; spät in der Nacht.
    Der Regen hatte fürs erste aufgehört, doch die Gassen glichen noch von Wasser durchrauschten Abflußkanälen.
    Brann suchte sich einen Weg durch den Schlick, darüber froh, daß ihr bisheriger Aufenthalt im Kuna Coru ihren Geruchssinn bereits abgestumpft hatte, so daß sie den Gestank, der aus dem Matsch aufstieg, nicht roch. Ein großer Falke schwirrte tief herab, sauste zurück in höhere Gefilde.
    *Du warst auf der Pirsch.* In Jarils geistiger Stimme gelangten Vorwurf und Verärgerung zum Ausdruck. *Du weißt doch, daß du nicht auf Jagd gehen solltest, wenn ich nicht dabei bin, um deine Umgebung zu beobachten.*
    *Flieg heim, Jay, und warte auf mich. Ich habe nicht vor, mich mit dir zu zanken, während ich mitten in der Straße bis zu den Knöcheln im Schlamm stehe.*
    Dem Falken ließ sie die Mißbilligung, als er heimwärts abdrehte, so deutlich anmerken, als hätte er ihr auf den Scheitel gekotet.
    Brann schüttelte den Kopf. Als wäre ich sein Kind. Sie schnitt eine Miene der Mißstimmung, als sie zur Küchentür des Häuschens gestapft war und am Küchentisch Jaril mit einem Weinkrug neben dem Ellbogen und vor sich zwei Gläsern sitzen sah. Er hatte die Lampe angezündet.
    Brann schleuderte die Sandalen von den Füßen, streifte die Hose von den Beinen und hob den Wasserkessel aus der Glutasche, legte die Hand an ihn; er war noch geringfügig warm. Sie goß das lauwarme Wasser in eine Schüssel, stellte die Füße hinein und seufzte vor Behagen. »Reich mir 'n Glas Wein, wenn du die Güte hast, Jay.«
    Jaril hatte noch schlechte Laune und musterte sie entsprechend ungnädig. »Verdient hast du's nicht, wenn du dich allein fortschleichst, du hättest ums Leben kommen können.« Er schenkte Wein ins zweite Glas und schob es Brann zu. »Du hättest umkommen können. Und ohne dich kann ich Yaro nicht retten.« Er emanierte Kummer, Zorn und Furcht, während er aus seinem Glas Wein trank. »Genausogut könnte ich bei den Smiglar anklopfen und sagen: Hier bin ich, freßt mich.«
    Brann ließ die Füße im Wasser kreisen; Matsch löste sich von ihrer Haut. »Ich bin achtsam gewesen, Jay. Aber es mußte einfach sein.«
    »Es mußte sein?« Verzweiflung und Empörung verliehen Jarils Stimme Schärfe. »Es mußte keineswegs sein, du hast
    dich erst gestern nacht, ehe ich abflog, noch gestärkt.«
    »Na gut, wie du willst. Ich bin auf Pirsch gegangen, weil ich's wollte. Bist du nun zufrieden?«
    »Zufrieden?! Brombeer, was ist in dich gefahren? Du benimmst dich, als wärst du zwölf Jahre alt, nicht über hundert.«
    »Ich möchte nicht darüber sprechen. Was hast du herausgefunden?«
    Jaril schüttelte über sie den Kopf. »Brombeer... Na schön, na schön, wie's beliebt. Dein Gefühl war richtig. Der Vater ist tot. Schlagfluß. Vor fünf Jahren.« Während er tüchtig vom Wein trank, beruhigte er sich zusehends, die Miene wurde sanfter, die Lider sanken ihm herab. »Der älteste Sohn hat das Gehöft übernommen, er ist vermählt, hat zwei Gattinnen, fünf Sprößlinge hab ich gezählt. Für einen Hof dieser Art haben sie 'n recht großes Wohnhaus, 's hat feste Wände aus Lehm, zwei Stockwerke und 'n flaches Ziegeldach. Umgeben ist's mit einer zehn Fuß hohen Mauer, 'm Lehmwall mit schräger Ziegelkrone. Es sind diese und jene Gärten vorhanden, gepflegt werden sie von der Mutter. Sie lebt noch, sieht aus wie hundertzwei, ist aber wahrscheinlich nicht älter als sechzig oder fünfundsechzig. Ein zähes altes Weib, 's hat Ähnlichkeit mit den uralten Olivenbäumen, die immer nur kräftiger

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