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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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werden, je mehr sie altern. Eine ihrer Töchter bewohnt mit ihr so was wie 'n gesondertes Häuschen mit zwei Zimmern ... Man könnt's vielleicht 'n erweitertes Altenteil nennen, 's steht in 'm Innenwinkel der Umfassungsmauern. Die anderen Töchter haben Bauern des Umlands geheiratet, zumeist als Zweitgattinnen. Die jüngeren Brüder sind anscheinend ausgezogen, weder auf dem Gehöft noch im Ort hab ich was von ihnen gesehen. Ich vermute, nachdem der Vater gestorben war, hat der Erbe ihnen jede Unterstützung verweigert. Es ist 'n kleiner Hof, er kann keine fünf erwachsenen Männer ernähren, die großen Bierdurst leiden. Ich habe mich gründlich genug umgeschaut. Carup hat'n gründlich genug umgeschaut. Carup hat'n wenig übertrieben. Selbst wenn ihr Vater noch lebte, genösse sie den Schutz ihrer Mutter, falls sie ihr Schutz gewähren wollte. Ist eine Frau mit Kindern erst mal über fünfzig, muß sie im allgemeinen keinerlei Beschränkungen mehr dulden. Sie genießt jede Freiheit, für sie gelten keine Regeln mehr. Sie kann ihrem Alten 'ne Nase drehen, ohne daß ihr irgendwer deshalb was anhaben könnte. Dadurch ist's ihr gelungen, nehme ich an, eine Tochter auf dem Hof zu halten. Wenn sie Carup bei sich aufzunehmen bereit ist, vermag's ihr niemand zu verwehren. Das alles weiß Carup, und sie kennt das Alter ihrer Mutter. Glaubst du, sie hätte nur vergessen, dich davon zu unterrichten? Ich nicht. Du kannst sie getrost in 'ne Reisekutsche setzen und mit gutem Gewissen nach Hause schicken.«
    Brann griff sich vom Tisch ein Handtuch, schwang einen Fuß übers Knie und begann ihn abzutrocknen. »Das ist ja ... ausgezeichnet, Jay. Das nimmt mir 'n Alp von den Schultern.« Sie gähnte. »Aaach, ich bin müde.«
    »Sieh zu, daß du sie fortschickst, wir können nicht noch mehr Zeit mit ihr verschwenden. Brombeer, Yaril versucht beharrlich ... Sie versucht zu erwachen, ich kann's spüren. Sie wird dabei immer matter, verschleißt ihre Kräfte. Richtig vermag ich sie nicht zu erreichen, es ist eher, als sähe ich sie im Traum. Einem Alptraum. Ich kann ihr nichts mitteilen, ihr nicht sagen, daß wir da sind. Sie gönnt sich keine Ruhe. Dadurch laugt sie sich aus. Ich glaube, sie befürchtet, ich sei auch gefangen worden. Ich war der Meinung, wir hätten zu ihrer Befreiung ein Jahr lang Zeit. Jetzt bin ich der Ansicht, daß uns dafür weniger als ein halbes Jahr bleibt.«
    »Slyas Segen!« Brann hob den anderen Fuß aus dem Wasser, rieb nachdrücklich die Fußsohle ab, entfernte Hornhaut und den Rest des Drecks. »Ursprünglich habe ich Carup für dermaßen hilflos gehalten, daß sie bei Gefahr nicht einmal wegliefe, wenn sie vor sich 'ne offene Tür sähe, ich hätte unterstellt, sie würde nur tränenüberströmt dastehen und alles mit sich geschehen lassen.« Ihr entfuhr ein freudloses Auflachen. »Mittlerweile wünsche ich mir, sie wäre wirklich so ... Ich habe das Gefühl, sie krallt sich an mich und hat vor, sich um keinen Preis abwimmeln zu lassen. Aber gleichwohl, irgendwie werde ich's schaffen.« Sie besah sich das völlig verschmutzte Handtuch. »Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Hmp, ich werd's gar nicht erst versuchen. Gestern abend habe ich über etwas nachgedacht, fast hätte ich's vergessen, als du eben mit mir zu streiten angefangen hast. Man stellt uns 'ne Falle, stimmt's?«
    »Stimmt. Na und?«
    »Die Chuttar geht ihrem Gewerbe nach, als ob's ihr einerlei war, ob wir bei ihr aufkreuzen oder nicht. Wieso? Was hat das zu bedeuten? Vielleicht weiß sie alles über uns und wartet nur darauf, daß wir den ersten Schritt tun. Ich habe keinerlei Ahnung, warum sie sich so verhalten sollte, ich habe nicht einmal die mindeste Vorstellung, weshalb überhaupt irgend etwas von alldem geschieht. Wie steht's damit, Jay? Hab ich recht? Sitzen sie dort nur da und warten? Hast du nie irgendeine Aufregung bemerkt? Na?«
    »Ich habe verstanden, worum's dir geht, Brombeer. Ich glaube ... Ich muß in meinem Gedächtnis nachforschen ... Gedulde dich...« Jaril schaute den Wein in seinem Glas an, der darin noch fingerhoch stand, schob das Glas zurück, ebenso seinen Stuhl, erhob sich; unvermittelt wechselte er sein Äußeres, wurde zu einer glimmrigen goldgelben Lichtkugel, die aufwärts schwebte, überm Tisch verharrte.
    Brann sah zu, wie ihn die Zugluft durchs Zimmer trieb. Sie leerte ihr Glas, betrachtete den Weinkrug und befand, daß sie bis auf weiteres genug getrunken hatte. Nochmals schaute sie die

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