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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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schneller als ein Fußgänger vorwärtsbewegte.
    Maksim fühlte sich wie ein Lahmer, er fror, war verdreckt, halb verhungert und halb verrückt vom Durst. Überdies bestand er nur noch aus einer morschen Leibeshülle, sein Körper begann bereits den langsamen, qualvollen Tod der Seelenlosen zu sterben. Er kauerte da und glotzte die verschleierte Frau an, ohne sie wirklich zu sehen, versuchte sich zu überlegen, was er als nächstes tun sollte.
    Irgendwie mußte er Massulit in seinen Besitz bringen und sich seine Seelen wieder aneignen. Eid oder kein Eid, er konnte nicht darauf vertrauen, daß die Geniode ihn am Leben ließen, sobald sie Shaddalakh hatten.
    Massulit und Shaddalakh. Welchen Talisman mochten sie Brann holen geschickt haben? Eines nämlich war ihm jetzt vollkommen klar: Etwas oder jemand hatte vor, sich sämtliche Großen Talismane zu verschaffen.
    Wer? Spielte es überhaupt eine Rolle, um wen es sich handelte?
    Aber alles Wissen war von Bedeutung. Wie könnte er planen, ohne von einer so grundlegenden, wesentlichen Tatsache Kenntnis zu haben?
    Mißgelaunt schielte er die Frau an. Geniode? Wer oder was waren Geniode?
    Verwandte jener Dämonen, über die sein Lehrmeister Gewalt gehabt hatte. Ja. Das erachtete er als glaubhaft.
    Er strich sich mit der Hand über das Gesicht, der ausgetrocknete Handteller schabte über die ledrig-trockene Haut. Zumindest hatte er dank seines unbekannten Vaters und des Mangels der M'darjin an Gesichtsbehaarung keine Bartstoppeln.
    Das Geniod-Weib trug die weite, aus Flor geschneiderte Hose, das enge Mieder und den seidenen Schleier einer Jorpashiler Kurtisane, war irgendwie während der Versetzung aus der Höhle in den Wagen an die Kleidungsstücke gelangt. Die Frau schob den Schleier beiseite, zeigte Maksim ihr erstaunlich schönes Gesicht, die Haut ließ sich mit sahnehellem Samt vergleichen, sie hatte leuchtendblaugrüne Augen, das Haar in der Farbe dunklen Honigs fiel ihr in Dutzenden von mit Bernsteinperlen durchflochtenen dünnen Zöpfen ums Gesicht, und zu alldem standen die bernsteingelben Glanzlichter, die die Lämpchen in der Wandung des Gefährts mit ihrem Schein auf dem honigbraunen Haar hervorriefen, in wundervollstem Einklang. Nichts an ihr verwies Maksims gewöhnliche Sinne oder seine Magier-Wahrnehmung auf den Sachverhalt, daß sie ein Dämon war, keine Sterbliche. Auch das verursachte ihm Staunen. Sie lächelte und senkte ihren Blick; eine liebreizende, längliche Hand spielte mit Bernsteinperlen, die ihr auf die Schwellungen der Brüste fielen. Sie gab ein vollauf künstliches Prachtweib ab, ein vollkommenes Muster dessen, was sie zu sein vortäuschte. Maksim enthielt sich eines Lächelns. Falls sie für ihn ein zusätzlicher Ansporn sein sollte, hatten die Geniode auch in dieser Hinsicht einen Fehler gemacht. Vielleicht weil ich mit Brann zusammengelebt habe, dachte er. Auch das ist etwas, das ich meinem Brombeerchen verdanke.
    Er dachte über das Etwas auf dem Thronsitz nach und gelangte zu der Einsicht, daß er sich wider besseres Wissen viel zu stark von vorgeschobenen Äußerlichkeiten hatte beeindrucken lassen. Er faßte den Vorsatz, entschlossen die Härten durchzustehen, die seiner noch harrten. Am Ende werde ich die Schurken doch bezwingen.
    Der Geniod hörte zu lächeln auf, als Maksim davon unbeirrt blieb. Die Frau nahm von der Sitzbank neben sich eine Felldecke und warf sie ihm zu. »Leg dir das um, dann wird das Geschlotter wohl nachlassen«, sagte sie. »Du erinnerst mich an einen nassen Langhaarkater im Regen.«
    Maksim schlang sich die Felldecke um den Leib, seufzte vor Behagen, als sich in seinem arg mitgenommenen Körper Wärme auszubreiten anfing. Gleich darauf bog der Reisewagen irgendwo ab und fuhr eine spürbare Steigung hinauf; anschließend bog er nochmals ab, und von da an wurde seine Fahrweise ruhiger, gleichmäßiger. Eine richtige Landstraße, dachte Maksim, eine geschotterte Höhenstraße. Fortan fühlte er sich wie in einer Wiege; das leichte, regelmäßige Schaukeln besänftigte, lullte ein. Ihm wurde schläfrig zumute; bald waren seine Lider so schwer, daß er sie kaum noch offenhalten konnte.
    »Bleib wach«, sagte die Frau; sie trat ihn kräftig genug ans Schienbein, um ihm ein Aufknurren zu entlocken. »Hör zu. Mein Name ist Palami Kumindri. Ich bin Chuttar des Ersten Ranges.«
    »Kurtisane«, brummelte Maksim.
    »Ja. Ich begleite dich nach Jorpashil. Solange du dort weilst, wirst du mit niemandem sprechen, nicht mit

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