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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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genauso gewöhnt wie der junge Bursche, der als Treiber auf dem äußeren der zwei vordersten Ochsen saß, drosch bisweilen seinen Treiberstecken auf die schwerfälligen Leiber der Tiere, wenn ihr Vorwärtsschaukeln allzu langsam zu werden begann. An Bord der Barke betteten sich die Pilger hinter Windbrechern aus Segeltuch zum Schlafen. Der Mutrimab hockte auf der Bugreling und spielte auf seiner Flöte gedämpfte, schläfrige Weisen. Die Fluten des Stroms raunten an den Seiten der Barke vorüber, schimmerten und glitzerten, wie sie so dahermurmelten, schienen nichts zu tun zu haben mit den von Schlamm trüben, vom Schlick dreier Flüsse und der Sümpfe dicklichen, rötlichen Wassermassen, wie sie sich des Tags durchs Flußbett wälzten. Jaril hatte sich in eine Decke gewickelt, die er weder brauchte, noch für sich wollte, aber wie eine Maske benutzte, um die Blicke anderer Fahrgäste von sich fernzuhalten; er war bereits in den Zustand der Bewußtlosigkeit gesunken, den er Schlaf nannte, bei dem es sich eigentlich jedoch um eine vollkommene Stillegung seiner Körpertätigkeiten handelte, um das Sonnenlicht zu horten, das er am Tage aufnahm. Brann lag neben ihm, fand aber keinen Schlummer.
    Halt den Kopf gesenkt, ermahnte sie sich. Du bist eine arme, einsame Witwe mit einem siechen Sohn. Wer bin ich schon, daß ich die Beachtung einer Göttin wecken könnte? Ich wünschte, wir wären bereits auf und davon. Wir müssen zuviel Land durchqueren. Was soll werden, falls sie es bemerkt, wenn wir mit Churrikyoo die Flucht ergreifen? Uns fehlt Ahzurdan, der uns zu beschirmen imstande wäre. Was ist bloß aus Maksi geworden? Ich wollte, er wäre hier. Dann wäre mir wesentlich wohler in meiner Haut. Er muß in irgendein Wespennest gestochen haben. Der blöde Kerl, er ist zu seinem Nachteil viel zu weichherzig. Die dürre Hure, die er so schätzt, führt ihn an der Nase herum, wette ich, nein, nicht an der Nase ... Slya! Ich bin wahrhaft eifersüchtig auf diese kleine ... diese ... VerdammnisVerdammnis-Verdammnis über alle Götter, weshalb muß es zu allem anderen auch noch so um mich stehen?! Ich dachte, ich hätte die Sehnsucht nach ihm überwunden. Eine Zeitlang suhlte sie sich in ihrem Elend, preßte Tränen durch zusammengekniffene Lider, dann seufzte sie und ließ es abklingen; es hatte keinen Zweck, sich mit Verlangen nach etwas, das sie nicht haben konnte, seelisch zu zermürben. Sie hatte den Verlust Sammangs und ebenso Chandros verwunden; dergleichen brauchte nur seine Zeit.
    Für eine Weile lag sie noch wach und grübelte, bis sie zuletzt doch in ruhigen schweißigen Schlaf sank.
     
    2 Das Untere Kudush bestand aus Schilf, Schlamm und schmalen Wasserwegen, Schwärme schwarzer Stechmücken züchtigten den Stolzen und mäßigten den Aufbrausenden. Je nach ihrer Natur und den jeweiligen Platzverhältnissen verbrachten die Pilger die ihnen erlaubte Woche Aufenthaltsdauer in Schlafsälen, die sich in Langhäusern befanden, zu deren Bau man das vielseitig nutzbare Schilf verwendet hatte, oder in ebenfalls aus Schilf erbauten Einmann-Jurten, so spät in der Wallfahrtszeit gab es für jene, die Absonderung vorzogen, reichlich leere Jurten.
    Zum Landeplatz des Tempels setzten die Pilger in kleinen, flachen Fährbooten über, die ständig verkehrten, die Wasser- und Schilflandschaft durchmaßen wie bunte Wasserkäfer, anhand von Staken gelenkt durch kleinwüchsige, drahtige Moorland-Burschen, die wie Vögel pfiffen, wenn sie sich gerade keine Beschimpfungen zuschrien, sie betrugen sich nie ernst, ganz gleichgültig, wie fromm und ernstmütig ihre Fahrgäste sein mochten; die Fährboote verkörperten die einzige Möglichkeit zum Übersetzen, folglich nahmen die Bürschlein in einem anderen Maße Geld ein, wie ihre Eltern Korn ernteten, und verdienten glänzend, obwohl der Tempel die Hälfte ihrer Einkünfte als Abgabe einstrich.
    Ein Steindamm am Rande des Moors diente als Anlegestelle für die Pilgerbarke. Dort hatten die Ältesten des Moorland-Klans ein großes Riedgebäude, an dessen Vorderseite das Gras verflochten war zu verwickelten, kunstvollen Mustern; das Morgenlicht wanderte langsam über diese Wand und schrieb dabei eine rätselhafte Zeichenschrift wechselnder Schatten und Gelbtönungen. Während des Hauptbetriebs der Wallfahrtszeit saßen die Ältesten vor dem hohen, von einem Torbogen überwölbten Eingang des Gebäudes an einem Tisch, verzeichneten mit Riedkielen die Namen der Pilger in Papyrus-Verzeichnissen

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