Brann 03 - Das Sammeln der Steine
Bett und ging zum Fenster. Während Brann sich in ihre schwere Witwenkleidung zu hüllen anfing, ziepte und zirpte er, rief das Ungeziefer heim, damit es sich wieder auf ihm niederließ.
»Die Kinder müssen nach Hause geschickt werden. Soviel ich weiß, ist nur Slya dazu imstande. Würdest du in unserem Namen mit ihr darüber reden? Sie brauchen ihresgleichen, Tak-Wak.«
Tak öffnete eine Schranktür, holte seine alte, schmierige Ledergewandung hervor. »Ist dir klar, daß du ohne sie weitaus schutzloser sein wirst?«
»Das ist mir gleich.«
»Deinen Freunden ist's vielleicht nicht einerlei, Brombeerlein. Slya schätzt dich sehr, viel mehr, als du denkst, glaube ich.« Tak nahm einen Stab, stützte ihn ans Fensterbrett.
»Nicht mehr lang, und sie werden entweder sterben, Tak-
Wak, oder in Irrsinn verfallen. Was für einen Nutzen habe ich dann von ihnen?«
»Bist du dessen sicher?«
»Aufs schmerzlichste.«
»Ich werde mit Feuerherz sprechen. Zusagen kann ich nichts.«
»Ich weiß. Sie treibt, was sie will, Tungjii steh uns bei.« Brann legte sich den zusammengefalteten Schleier über den Arm. »Es ist an der Zeit.«
»Komm nachher zu mir.«
»Wenn ich kann.«
»Geht's um Maks?«
»Ich muß nachforschen, was aus ihm geworden ist. Kannst du das begreifen? Er ist ein guter Mensch.«
»Ich glaube, ich bin eifersüchtig.«
»Warum? Du kennst Maksims Vorlieben.« »Geschlechtlichkeit ist ein Vergnügen, Liebe ein Schatz.« »Weise Sinnsprüche, Alter?«
»Zusammengefaßte Lebenserfahrung, Alte.«
»Davon hast du 'ne Menge, hä?«
»Man hat immer zuwenig. Nimm meine Hand.«
12 Die Chuttar Palami Kumindri saß im Wohnraum von Branns Gemächern im größten, behaglichsten Polsterstuhl und hatte auf dem Schoß ein in Samt gepacktes Bündel. Hinter ihr stand mit verschränkten Armen und starr wie Stein Cammam Callam.
Palami Kumindri hob die feingeschwungenen Brauen, als Tak WakKerrcarr aus der Schlafkammer Brann ins Zimmer folgte. »Mischst du dich ein, WakKerrcarr?«
»Ich achte nur auf die Bewahrung des Friedens.« Tak schritt zum Eingang der Gemächer, stützte sich mit ausdrucksloser Miene auf seinen Stab.
Die Chuttar zog ein Gesicht, als hätte sie an seiner Behauptung ihre Zweifel; doch sie äußerte sich dazu nicht, sondern wandte sich an Brann. »Du hast geschrieben, du hättest, was wir haben wollen.«
»Wir haben's. Hast du unsere Freundin mitgebracht?«
Palami Kumindri entfaltete den schwarzen Samt, enthüllte den wie rissigen Kristall. »Wie du siehst.«
»Übergib sie mir.«
»Gib mir den Talisman.«
»Du darfst ihn sehen.« Brann trat ans Fenster, stieß die Läden weit auf. »Jay, komm herein.«
Eine große Ohreule sauste wie ein Geschoß durchs unverglaste Fenster ins Zimmer; sie spreizte die Klauen, breitete die Schwingen aus, kam auf dem mit Borten umflochtenen Teppich auf, verwandelte sich, kaum daß sie ihn berührte, in einen gutaussehenden Jüngling. Den Blick auf den Yaril-Kristall gerichtet, langte er unter sein Hemd und holte den kleinen Glasfrosch heraus. »Churrikyoo«, sagte er.
»Bring ihn mir.«
»Erst gib der Seelentrinkerin meine Schwester.«
»Weshalb sollte ich dir trauen?«
»Wir befinden uns auf dem Gelände von Tak Wackerrcarrs Friedensstätte. Ich lege keinen Wert darauf, mir seinen Zorn zuzuziehen.«
Palami Kumindri zuckte die Achseln. »Nun gut. Komm her, Weib.« Sie wies auf den Kristall, ohne ihn zu berühren. »Nimm.«
Sobald Brann den Kristall anfaßte, spürte sie, es handelte sich tatsächlich um Yaril, und die Gestaltwandlerin lebte noch. »Gib ihr den Talisman, Jay.«
Jaril warf Churrikyoo der Chuttar Kumindri zu und stürzte an Branns Seite, riß ihr den Kristall aus den Händen, ließ Sonnenglut in ihn überströmen, bis er von Helligkeit pulste, säuselte in hellen Lauten auf ihn ein, die bald so hoch wurden, daß sie Branns Gehör überforderten. Die Schwingungen verstärkten sich, die Kanten des Kristalls zerfaserten zu Licht und Luft. Lautlos, aber so plötzlich, daß Brann später schwor, sie hätte ein Popp! gehört, verschwand der Kristall, und vor Jaril schwebte eine Lichtkugel. Sie flitzte auf ihn zu, verschmolz mit ihm. Er zerfiel in zwei Lichtkugeln, die einen Augenblick später in wildem Tanz der Freude und Begeisterung durchs Zimmer gaukelten.
Brann lachte und breitete die Arme auseinander. Gleich darauf drückte sie zwei schlanke Gestalten an sich, einen hellblonden Jüngling und ein mondsilbriges Mädchen.
Und da
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