Brann 03 - Das Sammeln der Steine
die als zusätzlicher Sitzplatz diente, fing den Hammelfleisch-Eintopf, den sie während ihrer Abwesenheit langsam hatte köcheln lassen, zu essen an, trank zwischendurch den einen oder anderen Schluck Tee, ebenso aufgeregt wie Jaril, jedoch viel hungriger als er, weil sie sich ja nicht von Sonnenschein zu ernähren vermochte.
»Ich habe dir doch von Stuvtiggor erzählt, entsinnst du dich?« Brann nickte. »Tja, heute machte ich den Anfang im Westen, in der Umgebung des Großen Marktes. Du weißt, wie wenig Hoffnung ich noch hatte, auf irgend etwas Interessantes zu stoßen. Na ja, ich bin auch auf nichts gestoßen, doch das war die einzige Möglichkeit, die sich noch bot, und eigentlich legte ich gar keinen so großen Wert darauf, mich als Köder zur Schau zu stellen. Den gesamten Vormittag hindurch blieb alles wie stets. Erwartungsgemäß beobachtete ich etliche Diebe und einige Leute mit bemerkenswerten wilden magischen Begabungen, die ich selbst nicht so recht begriffen habe, aber mir fiel nichts auf, das uns bei den Nachforschungen weitergeholfen hätte. Kurz nach der Mittagsstunde ging ich in die Straßenzüge mit den teureren Wohnstätten, du weißt ja, Häuser mit Zäunen und dergleichen, bewohnt von Sklavenhändlern, Kurtisanen, da und dort 'n Lohnmörder und so fort. Da begann ich ruhelos zu werden, ich verstand den Grund nicht, 's war einfach 'n Gefühl des Gruselns. Es verhält sich so, 's ist lange her, daß ich das letzte Mal 'n Stuv-Nest sphint habe, und weil ich kein Aeta mehr bin, hat mein Sphin-Sinn ungefähr noch die Reichweite eines Weinatems. Zudem waren's keine wirklichen Stuvtiggors, sondern lediglich etwas, das ... äh ... Ich glaube, du würdest sagen, es hat den gleichen Geruch. Jedenfalls setzte ich die Suche fort, bemühte mich, das Gefühl nicht zu beachten. Aber es wurde schlimmer. Nach einer Weile merkte ich, wo es seinen Ursprung hatte. Unmittelbar an der Grenze des Kuna Coru steht ein Doulahar auf einer Erhebung, immerhin so hoch, daß die Bewohner vom obersten Stockwerk oder vom Dach aus 'n Blick auf den See haben. Es hat Gärten, Ställe und 'n Teich, tief genug, um drin zu schwimmen. Aufwendiger als manches Isun-Sar. Ich habe keine Ahnung, wem's gehört, bewohnt wird's von einer Kurtisane, ich habe sie gesehen, vielleicht ist sogar sie die Eigentümerin, obschon so was schwer zu glauben ist, bedenkt man die hiesigen Gesetze. Als ich's zum erstenmal überflog, befand sie sich außer Haus. Aber ich sah sie noch heimkommen, sie hatte 'ne ganze Kolonne von Sänften im Gefolge. In der ersten Sänfte saß der Groß-Isu in Person. Sie hat 'ne ansehnliche Liste von Kunden, die Hure. Ich wüßte gerne, was sie sagten, erführen sie, daß sie 'n Dämon ist.«
»Was?!«
»Na ja, nach der Denkweise der Menschen in dieser Welt bin ich schließlich auch einer.«
»Sei nicht albern!« Brann setzte eine nachdenkliche Miene auf. »So eine Art von Dämon ist sie?«
»Gibt's denn eine andere Art?«
»Danach darfst du mich nicht fragen. Und weiter?«
»Tja, als sie aufkreuzte, hatte ich über das, was ich spürte, recht deutliche Klarheit erlangt. Ich hatte den Eindrücken eine Gestalt geben können. Stuvtiggors waren sie nicht, die unten im Doulahar, doch zumindest Verwandte ersten Grades. Schwarmseelen. Zum Aussehen von Menschen zusammengeballt. Gierig. Und gefährlich. Stuvtiggors beherrschen keine Magie, sie fallen einfach über ihre Beute her und verschlingen sie. Aber dieser Haufe ist anders. Richtig unheimlich, igitt-igitt! Ich glaube, sogar der alte Maks, selbst wenn er noch BinYAHtii hätte, würde dumm gucken und dann auf Abstand gehen. Ich habe mich jedenfalls flugs verdrückt. Mich ihnen zu nähern, habe ich erst gar nicht versucht. Bemerkt haben sie mich nicht, da bin ich ziemlich sicher. Hätte ich mich nähergewagt, wäre ich bestimmt bemerkt worden. Meine Überlegung lautet: Wenn wir Stuvtiggors in unserer Wirklichkeit haben, muß es in ihrer Wirklichkeit so etwas wie Surrahts geben, sonst hätten sie nicht erkannt, was wir sind, als wir uns hier aufhielten. Es waren fünf. Ich meine fünf Stuv-Klumpen. Sechs, als die Frau heimkehrte.« Jaril zappelte auf dem Stuhl herum. »Es bereitet 'n seltsames Gefühl, so ein Ding 'ne Frau zu nennen. Bei den Göttern, über welche Macht sie verfügt! Hätte sie mich angegriffen, wäre ich derartig schnell zu Stein geworden, daß ... Ich habe Furcht, Brombeer.«
»Hmp.« Brann nahm das Glas, das Jaril ihr zuschob, trank ein Schlückchen
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