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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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verdamme sie, hab ich mir angesehen, weil ich die Möglichkeit erwog, der Halunke, nach dem wir suchen, könnte sich hinter der Maske eines Scharlatans verbergen. An und für sich wäre das eine vorzügliche Tarnung. Doch falls er's tut, ist er für mich zu listig. Ich bin am Ende, Brombeer, ich weiß nicht mehr ein, noch aus. Ich habe keinerlei Ahnung, was ich noch machen könnte. Vielleicht sollte ich versuchen, den Köder zu spielen.«
    »Hmm.« Brann richtete den Blick wieder auf den Topf und schnaufte, als sie das Wasser sieden sah, nahm Reis und Gemüse zur Hand und füllte beides hinein, rührte kräftig um, setzte den Deckel auf den Topf. »Diese Möglichkeit wollen wir uns lieber als Verzweiflungstat bis ganz zum Schluß vorbehalten. Ich glaube, so aussichtslos ist die Lage nicht, noch nicht. Wie steht's denn um unsere Nachbarschaft? Das Kuna Cora?«
    »Diesem Haufen Jammergestalten?«
    »Meine Überlegung gilt ebenfalls einer möglichen Tarnung, ähnlich wie bei dir im Fall der Straßenzauberer. Wenn ich je 'ne Gegend kennengelernt habe, in der die Menschen keinerlei Neigung zu irgendwelchen Fragen hegen, dann hier ...« Brann hob den Deckel, rührte noch ein wenig um, hob dann den Topf vom Feuer und stellte ihn in die Kochgrube, in der das Essen bei geringerer Hitze langsam weitergaren konnte.
    »Ich bin müde, Brombeer.«
    »Ich weiß. Du solltest meine Stelle einnehmen und die Tage damit zubringen, jener verfluchten Schlange ins Gesicht zu stieren. Ich glaube, ich werde mich als Weise Frau niederlassen, Jay, meine Rolle als Gottessucherin hat offenbar keinerlei Vorteile. Bleibe ein, zwei Tage daheim und ruhe dich aus.«
    »Du meinst, ich soll deinen lieben Vertrauten mimen und den Weibern, die dich aufsuchen, insgeheim ins Gemüt schauen. Das nennst du ausruhen?«
    »Wie man sagt, ist Abwechslung so bekömmlich wie Erholung.« Brann hob den Deckel an, setzte ihn auf den Topf zurück, ging rasch zu dem Kasten, in dem sie Geschirr und Besteck aufbewahrte. Sie deckte sich den Tisch, suchte dafür auch ein Mundtuch heraus, das sie neben den Löffel legte. »Nimm die Füße vom Tisch, hn?«
    »Sagt man? Wer ist das, man? Ich bezweifle, daß man jemals ein tüchtiges Tagewerk geleistet hat.«
    »Das ist nur Haarspalterei. Die Füße weg, Jay. Ich möchte mir nicht beim Essen deine dreckigen Stiefel ansehen müssen. Bleibst du oder nicht?«
    »O doch!«
    Am ersten Tag ihres neuen Gewerbes erschien in Branns Haus nur eine einzige Frau, betrat schüchtern die warme, von Kochdampf durchwallte Küche, setzte sich an den Tisch. Sie hatte eine stark entzündete Hand, der Wundbrand drohte. Brann schenkte der Frau einen Becher bitteren Kräutertees ein und ließ sie ihn leertrinken, während sie, die Augen geschlossen, ihre Hand hielt; Jaril tappte als Hund um den Tisch, legte sich so auf den Bauch, daß er ein Bein der Frau berührte. Kurze Zeit später sah die Frau voller Staunen, daß die Schwellung der Hand zurückgegangen war, die Rötung verschwunden. Der Splitter, der die Entzündung verursacht hatte, war entfernt, die Wunde hatte sich geschlossen, war zwar noch nicht verheilt, aber auf dem besten Wege zur Heilung. Brann kümmerte sich nicht um das aufgeregte, zusammenhanglose Dankgestammel der Frau; sie nahm lediglich eine Dugna für ihre Bemühungen und schickte die Frau heim. Am folgenden Vormittag blieb ihr kaum ein Augenblickchen für sich selbst Zeit. Bereits ansässige Heiler bereiteten ihr einige Schwierigkeiten, aber sie erwies sich als überaus tüchtige Heilerin und verstand im übrigen bestens mit ihrem Hartholzstab umzugehen, und sobald irgendein aufdringlicher Dienstmann oder die Büttel des Stadtteil-Caudhars die Zähne des Jaril-Hundes sahen, wurden sie ziemlich plötzlich sehr höflich. Der Caudhar versuchte seine Handsalbe aufzustocken, doch Brann überzeugte ihn davon, daß es ungehörig und unklug wäre, darauf zu bestehen.
    Dann kam ein Sambar-Feiertag.
    Brann empfing an diesem Tag keine Kranken, sondern begab sich in den Tempel, um dort vor der Ikone zu sitzen und Meditation vorzutäuschen; das Wachbleiben fiel ihr schwer, sie war müde und niedergeschlagen, aber mußte über vieles nachdenken. In ihrem Innern wuchs der Drang zur Pirsch; je mehr Kräfte sie verwendete, um den armen Frauen zu helfen, die zu ihr kamen, um so stärker verspürte sie den Hunger nach neuer Lebenskraft. Sie hatte fast den Eindruck, daß es in ihr eine Art von Meßvorrichtung gab, die sie warnte, sobald die ihr

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