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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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ich…«
    »Du würdest überhaupt nichts!« Linvi zog ihn am Bart und gab ihm einen Holzkrug. »Trink das, du Bock!«
    Turvi lachte, und Bran musste darüber lächeln, wie die kleine Linvi den großen Mann zurechtwies.
    »Wir müssen mit den Tirganern reden«, meinte Dielan. »Ihnen sagen, dass sie uns willkommen sind, wenn sie unseren Witwen Kindern schenken.«
    »Das ist nicht genug.« Gwen wandte sich zu den Männern um, während sie Konvai im Schoß wiegte. »Erinnerst du dich nicht an das, was wir besprochen haben, Dielan? Wenn sie Nemni, Kuenn oder einer der anderen Witwen Kinder schenken, müssen sie bei uns bleiben. Und sie müssen mit uns gehen, wenn wir aufbrechen.«
    Bran nickte, denn alles andere würde sie mit Schande beladen.
    »Wir haben viel Zeit.« Turvi schob ein weiteres Stück Fleisch auf seinen Spieß. »Wir sollten uns keine Sorgen machen. Wir werden den ganzen Herbst und Winter hier sein und auf Bran warten.«
    Bran wollte etwas dazu sagen, denn er glaubte nicht, dass der Feldzug so lange dauern würde. Doch er konnte nicht allzu lange darüber nachdenken, bevor Hagdar ihn am Arm packte.
    »Sieh mal da! An der Mastspitze!«
    Auf dem ersten Langschiff stand ein Mann mit einer Fackel ganz oben im Ausguck auf der Mastspitze. Andere Männer hingen in den Stagen, und sie alle leuchteten mit Fackeln. Der oberste Mann ruderte mit den Armen, um die Aufmerksamkeit der Menschen im Hafen auf sich zu ziehen. Als alles die Luft anhielt und zu ihm hinüberzeigte, warf er die Fackel über die Schiffsreling nach unten. Sie flog in einem Bogen auf die Wasseroberfläche zu, bis sie erlosch. Dann sprang der Mann vom Rand der Plattform, senkte den Kopf nach unten und schoss auf den Abgrund zu. Als Bran erwartete, ihn auf das Deck klatschen zu sehen, verschwand er mit einem Platschen hinter der Reling.
    Die Tirganer brüllten und prosteten ihm zu. Dann trat ein zweiter Mann mit einer Fackel auf die Plattform und sprang mit gestreckten Armen hinunter.
    »Ich kann mich nur wiederholen. Die sind verrückt.« Hagdar schüttelte den Kopf. »Oder was, Bran? Würdest du dich von da oben herunterstürzen?«
    Doch Bran hörte nicht, was Hagdar sagte. Denn auf der anderen Seite des Hafens, an der Bude des Bäckers, erblickte er sie. Der Wind zerrte an ihrem Kleid und dem weißen Schal, den sie um ihre Schultern gelegt hatte. Auch Visikal war dort, doch er stand gemeinsam mit Vare an der Kaimauer, unterhielt sich und deutete auf eines der Schiffe. Ansonsten war sie allein. Keiner der Tirganer sprach mit ihr.
    »Würdest du, Bran?« Hagdar stieß seinen Ellenbogen in Brans Seite.
    »Sie steht dort vorne.« Er stand auf. »Ich muss es jetzt wissen, bevor ich aufbreche.«
    »Was wissen?« Hagdar stand der Schweiß auf der Stirn.
    »Ob sie will.« Linvi verdrehte die Augen. »Das ist nicht ganz unwichtig, weißt du.«
    »Dieser Visikal ist schlau wie ein Fuchs.« Turvi drehte seine Barthaare zusammen. »Ich glaube nicht, dass er dich angelogen hat, Bran. Er hat deine Worte bestimmt an sie weitergegeben, wenn er das gesagt hat. Doch er will dich in diesem Krieg dabeihaben und wollte vielleicht, dass du sie erst dann fragen kannst, wenn du wieder zurückkehrst.«
    »Sei nicht zu enttäuscht, wenn sie Nein sagt.« Hagdar setzte seinen Holzkrug an die Lippen, doch Turvi schnappte ihm den Krug weg. Verblüfft starrte er in seine leere Faust.
    »Sie sagt nicht Nein!« Turvi schlug mit seiner Krücke auf die Kaimauer. »Nicht zu Bran. Unser Häuptling ist ein guter Jäger, er kann kämpfen und hat keine anderen Frauen.«
    »Das ist nicht so leicht.« Gwen reichte Konvai zu Dielan hinüber und machte eine Bewegung mit dem Kopf. »Sie kann mehr Böses erlebt haben, als wir uns vorstellen können. Denkt doch an den Ort, wo ihr sie gefunden habt…«
    Bran ließ sie reden. Er hüllte sich in den Umhang und verschwand zwischen den Tirganern. Das Gewirr von Flötenspiel und Stimmen brummte wie Hummeln in seinen Ohren. Als er das Feuer in der Mitte des Hafens erreichte, kletterte er auf einen Kornsack und konnte gerade noch sehen, wie sie hinter einer Häuserecke verschwand. Sie wartet auf mich, dachte er. Sie wartet an einem Ort auf mich, der nur ihr gehört, einem Ort, an dem sie sicher ist. Dort wird sie mir eine Antwort geben. Er kämpfte sich weiter durch die tanzenden Tirganer vor und spürte, wie sein Rücken die gewohnte Krümmung einnahm. Er hatte das nicht mehr gespürt, seit er das letzte Mal gemeinsam mit Dielan und Hagdar auf der

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