Brans Reise
seinen Blick über die Bäume schweifen. Er suchte nach dicht stehenden Fichten oder abgestorbenen Birkenbüschen, nach allem, was brennbar war. Sie gingen landeinwärts, kämpften sich durch das Dickicht und stapften durch knietiefen Schnee. Bei dem Anstieg auf einen Hügel erblickte er eine vom Wind umgeworfene Birke. Der Stamm war in der Mitte gebrochen und die Krone zu Boden gebeugt.
Er hackte einen Scheit aus dem Baum und leckte am Holz. Es war trocken. Das sollte, das musste brennen. Er fällte die Birke und zog sie hinter sich her in das Tälchen zwischen den Hügeln hinunter. Keer hatte seine verletzte Hand in seine Achselhöhle gesteckt. Bran ließ den Baum fallen und begann den Schnee platt zu treten. Gleichzeitig zog er sich den Pelzumhang und das Hemd aus. Keer folgte seinem Vorbild. Bald darauf hatten sie die nassen Kleider ausgezogen und standen nackt und barfuß im Schnee.
»Jetzt müssen wir die Birke zum Brennen bringen«, sagte Bran. Nun, da er sich der eisigen Kleider entledigt hatte, fror er weniger stark. Er packte seine Axt und begann auf den Stamm einzuhacken. Keer hockte sich hin und legte seine Arme um die Knie. Die Haut war um die Pfeilwunden herum ganz blau, und die Finger waren ebenso weiß wie der Schnee. Er schüttelte sich und stöhnte wie ein Verrückter. Bran wusste, was mit ihm geschah. Er hatte niemals zuvor jemanden erfrieren sehen, aber Turvi hatte darüber gesprochen. Bald würde Keer zu zittern aufhören. Er würde wundersame Sachen sagen und vielleicht beginnen, im Schnee herumzukrabbeln, und dann wäre es zu spät.
Bran legte drei Scheite dicht nebeneinander und rollte darüber etwas Birkenrinde zusammen. Dann riss er Splitter von den kleinsten Scheiten und streute sie darüber, ehe er das Säckchen mit Zunder von der im Schnee liegenden Hose nahm. Die Krämpfe begannen jetzt, das spürte er. Es stach in seinen Fingern, in den Zehen und zwischen seinen Beinen. Er riss das Säckchen auf und ließ den Zunder in den Schnee fallen. Er war nass. Mit einem Stöhnen stieß er seine Faust in den Schnee und zog die Hose zu sich heran. Er brauchte keinen Zunder. Er konnte ein Feuer auch nur mit Flintstein und Stahl entzünden. Das war ihm früher schon gelungen. Dort in der Hosentasche spürte er den Stein. Er legte seine Finger darum und stellte die Axt schräg über die Birkenrinde. Dann schlug er mit dem Stein gegen den Axtkopf. Die Funken leuchteten im Dunkeln auf. Es war Abend, ja Nacht geworden, seit er das letzte Mal zum Himmel geschaut hatte. Zwei Funkenregen, drei. Er krümmte seine nackten Zehen zusammen, seine Zähne klapperten. Vier Schläge gegen die Axt. Noch mehr Rinde. Er riss die Rinde von den Scheiten, spaltete sie mit den Zähnen in Streifen und streute sie über die Scheite. Dann schlug er wieder mit dem Flintstein zu. Viele Male, bis seine Knöchel den Axtkopf blutig färbten. Da legte er den Flintstein zur Seite und schloss die Augen. In diesem Moment, da er bereit war, aufzugeben, roch er es. Den besten Geruch, den er kannte: Rinde, die sich im Feuer aufrollte.
Vorsichtig blies er in die dünnen Flammen und nährte sie mit kleinen Splittern. Sie wuchsen schnell heran, und er stellte die kleinsten Scheite um sie herum. Die Flammen nahmen das trockene Holz in Besitz, so dass er den Rest der Scheite um das Feuer herumstapeln konnte. Dann legte er seine Stiefel neben das Feuer und stellte sich über die Flammen. Es wärmte seine Beine, seinen Schritt und seinen Bauch. Er ließ die Hände in der Wärme dampfen, und die Krämpfe ließen nach.
Bran zog Keer aus dem Schnee und hielt ihn über das Feuer. Der Tirganer stöhnte mit verdrehten Augen und strampelte mit den Füßen. Das Eis in seinen Haaren schmolz und begann in die Flammen zu tropfen. Bran legte ihn auf den Pelzumhang dicht neben das Feuer, wie ein Fleischstück, das trocknen sollte. Dann zog er seine Stiefel an und schlug Äste von den Bäumen ringsherum ab. Er steckte sie in den Schnee und hängte die Kleider darüber, damit sie von den Flammen getrocknet werden konnten. Immer wieder musste er sich über das Feuer stellen, um wieder Wärme zu tanken, bevor er erneut nackt in den Schnee hinausrannte. Er fällte einige der umstehenden Kiefern und schleppte sie zu den Flammen. Mit den Zweigen ließ er das Feuer größer werden, und bald musste er Keer ein Stück wegziehen. Die Finger des Tirganers hatten wieder Farbe bekommen, und sein Zittern hinderte ihn nicht mehr, die Hände über das Feuer zu
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