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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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um. Gwen hielt noch immer das Seil fest, aber sie hatte die Schlinge gelockert.
    »Sie ist schön«, sagte Bran. »Euer Geschenk gefällt mir sehr gut.«
    Der Inselkönig kratzte sich die Brust. »Li! Li!« Er brüllte wie ein kranker Vokker. Li kam über den Sand angerannt und warf sich vor ihm zu Boden. Der Inselkönig ließ ihn aufstehen und flüsterte ihm ein paar Worte ins Ohr, worauf sich Li an Bran wandte.
    »Du musst es nur sagen, wenn du eine andere von seinen Frauen willst. Sar will nicht, dass du unzufrieden bist. Sie ist dir vielleicht zu dünn?«
    »Nein, sie ist nicht zu dünn. Sie gefällt mir.« Bran begann ein ungutes Gefühl zu bekommen. Er verstand nicht, warum der Inselkönig so hartnäckig war.
    Li verbeugte sich dreimal, bevor er sich wieder dem Inselkönig zuwandte. Der dicke Mann schlug mit der Faust gegen das Boot und deutete auf Gwen. Mit einem Mal war Bran alles klar.
    »Was soll das?« Dielan sprang auf. »Was will er mit Gwen?«
    Li lachte höflich. »Verehrter Häuptling. Der König hat Euch eine seiner Frauen gegeben und erwartet eine Gegenleistung. Er möchte gerne die Frau mit den dunklen Locken dort. So eine hat er noch nicht.«
    Dielan stellte sich wie ein Tier, das aus seiner Höhle aufgescheucht worden war, vor Gwen.
    »Ihr seid doch der Häuptling«, sagte Li lächelnd. »Ihr bestimmt doch wohl über eure Frauen.«
    Bran sah zu den anderen hinüber. Die Männer standen bei den Booten. Sie hatten noch nicht zu den Speeren gegriffen, aber er wusste, dass sie jederzeit bereit waren zu kämpfen. Doch auch die Männer des Königs hatten ihre Bogen geschultert und trugen Pfeilköcher an den Gürteln. Schon als er die Jäger getroffen hatte, hätte er verstehen müssen, mit was für einem Volk er es da zu tun hatte. Der König liebt es, Geschenke auszutauschen, hatten sie gesagt. Geschenke, wie die Sklavin.
    »Wir müssen etwas tun.« Dielan fauchte ihm zu. »Wir müssen kämpfen, Bran!«
    Bran sah, wie sich die Blicke der königlichen Männer verfinsterten. Sie griffen zu den Pfeilen. Bald, dachte er, würden sie schießen. Sie waren misstrauisch wie die Kretter. Und gegen die Kretter taugte nur die List.
    Bran reichte Gwen die Hand. Er wusste, was er zu tun hatte. »Sie hat schönes Haar«, sagte er. »Und der König soll bekommen, was er sich wünscht.«
    Dielan brüllte, bückte sich und hob den Speer auf. Bran hörte, wie die Krieger des Königs ihre Pfeile an die Sehnen legten. Er fing den Blick seines Bruders auf, ballte die Faust und führte sie zu seinem Gürtel hinunter. Dort zog er sein Messer ein kleines Stück aus der Scheide. Dielan atmete rasch und schwer und senkte dann seinen Speer.
    »Kommt her.« Bran winkte den Inselkönig zu sich. »Fühlt selber, ob ihr Haar fein genug ist. Ich will gerne wissen, ob Euch ihre Locken gefallen.«
    Dielan flüsterte Gwen etwas zu. Dann sprang er, den Speer noch immer in der Hand, aus dem Boot.
    »Sie ist schüchtern.« Bran rang sich ein Lächeln ab und beugte sich zu ihr vor. Er nahm eine ihrer Locken und hob sie in Richtung von Sar. »Aber fühlt, welches Haar!«
    Jetzt konnte sich der Inselkönig nicht mehr beherrschen. Er trat zum Boot vor und griff mit der Hand in ihre Haare.
    Als Dielan seinen Speer für einen tödlichen Wurf anhob, zog Bran das Messer aus der Scheide und hielt es dem König an die Kehle. Er packte ihn am Kragen und presste die Klinge an seinen fetten Hals.
    »Werft die Bogen zu Boden!« Bran stellte sich hinter den Inselkönig. Der dicke Mann jammerte und wedelte kraftlos mit den Armen, während Schweißtropfen über seine aufgedunsenen Wangen rollten. Die Krieger zielten auf die Männer und beobachteten jede seiner Bewegungen. Bran packte den Kragen noch fester, bis das Hemd den König beinahe erdrosselte. Wie sehr er sich wünschte, dass der Koloss vor ihm zu jammern aufhörte! Am liebsten hätte er ihn losgelassen, doch es war zu spät für Gnade.
    Da spannten die Krieger die Sehnen ihrer Bogen.
    »Nein!« Bran führte das Messer nach unten und schnitt dem Inselkönig quer über die Brust. Er heulte wie ein Kind. »Werft die Bogen zu Boden! Lasst uns gehen!«
    Die Krieger legten die Bogen auf die Erde. Li rannte zurück und versteckte sich hinter den Pferden. Die Männer schoben die Boote ins Wasser.
    »Beeil dich«, sagte Dielan. »Komm an Bord, ich rudere!«
    Bran zog den Inselkönig hinter sich her, bis er das Wasser um seine Füße herum spürte. Er zwang ihn, ins Boot zu steigen, und kletterte selbst

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