Brasilien
deines Gesichts und die Art, wie du den Fuß gekrümmt hast, waren schwarz.»
Sie dachte geraume Zeit darüber nach und schien endlich eingeschlafen zu sein, während Heerscharen seiner rücksichtslosen Spermien um den schnellsten Weg zu ihrem einsam wartenden Ei kämpften. Dann hörte er, wie sie mit einer tiefen Stimme am Rand des Traumes sagte: «Ich verzeihe dir, Tristão, daß du so ein Miststück bist.»
Er war begieriger auf die Rückkehr in die Städte als sie. Seine Ritterlichkeit blieb schal ohne ein gesellschaftliches Umfeld. Sie trugen dieses Umfeld in den Köpfen, als Produkt ihrer Erziehung, aber er brauchte die Bestätigung durch fremde Augen, wollte seine weiße Haut so mutig von ihrer schwarzen abgehoben sehen wie von einem Smoking. Nicht, daß ein weißer Mann mit einer schwarzen Frau in Brasilien eine so auffällige, eine so dramatische Erscheinung gewesen wäre wie in den USA oder in Südafrika; aber trotzdem, so stellte er sich vor, würden sie Blicke auf sich ziehen, an denen er die schwindelerregende Größe seiner Liebe messen könnte. Hatte sich Portugal hier, in diesem kontinentgroßen Hinterland der Brasilhölzer und des Zuckerrohrs, nicht mit Afrika vermählt, ohne dieser Tatsache die offizielle Weihe zu verleihen? Er würde ein weißer Mann sein, der seine schwarze Geliebte zu sich emporhob, und er würde damit auch seine Mutter aus dem schnapsgeschwängerten Elend der favela und den Armen all seiner gesichtslosen Stiefväter erlösen, deren Haut so schlammige Mischfarben hatte wie die der mitleidlosen bandeirantes.
Und Isabel, die den Tausch angestiftet hatte, genoß die Rache an ihrem Vater, der für ihr unreifes, abergläubisches Denken das von ihr dargebrachte Opfer, ihren Sohn Salomão zu nennen, schnöde zurückgewiesen hatte, indem er das Kind schwachsinnig werden ließ. Ihr Vater war Gott für sie, ungreifbar und doch allgegenwärtig. Sie malte sich aus, wie sie ihm ihre neue Farbe ins Gesicht reiben würde, um den Allmächtigen ihre Verachtung zu zeigen und sich mit den Massen zu solidarisieren, eindeutiger und unumkehrbarer, als sie und ihre radikalen Freunde an der Universität es sich jemals erträumt hatten. Und dennoch stellte sie sich paradoxerweise vor (denn das Herz lebt von Widersprüchen und nährt sich aus den Energien von Haß und Liebe zugleich), daß er Gefallen an ihrer neuen, sinnlichen Haut finden und daß sie ihn wenigstens ihrer bleichen, toten Mutter im Himmel abspenstig machen würde.
Befeuert von ihren neuen Selbstentwürfen, deren sich verzweigende Permutationen ihre Nerven in ständiger Spannung hielten, vögelten sie so viel, daß die Indianer, die Maniokwurzeln von den sich selbst überlassenen Feldern klauten, mit den Fingern auf das Haus deuteten und sagten: «Die Felsen prallen zusammen», was eine Anspielung auf eine Überlieferung war, in der Arikut, der böse und skrupellose der beiden Zwillingssöhne von Maira-Monan, von zusammenprallenden Felsen zermalmt, dann aber von seinem guten und friedliebenden Bruder Tamendonar wieder zum Leben erweckt wird.
Weil sein Bart sie an den Lippen und Brüsten und den Innenseiten der Schenkel kratzte, rasierte Tristão ihn mit seiner einschneidigen Rasierklinge namens Diamant ab, die, inzwischen rostig und stumpf geworden, ihn durch die mehr als neun Jahre begleitet hatte, die seit seiner ersten Begegnung mit Isabel vergangen waren: zwei in der fusca- Fabrik, vier in der Goldmine und drei als Sklave, hier an diesem namenlosen Fluß. Wieder bartlos, sah er jünger aus; seine Wangen waren unter dem Pelz schmäler geworden.
Oft fühlte Isabel sich jetzt, da er weiß war, von einer Zerbrechlichkeit gerührt, die in dem früheren Tristão nicht existiert hatte oder von ihr, durch seine schwarze Haut hindurch, nicht wahrgenommen worden war. Er konnte jetzt ebenso zögernd und unbeholfen sein, wie er mutig und loyal war. Seine Verletzlichkeit bewegte sie mehr, als es der arme schlaffe, stierende Salomão in ihren Armen jemals getan hatte. Es war jetzt etwas Steifes, etwas Gehemmtes an Tristão, das zu reizen und mit um so größerer sexueller Aggressivität zu konfrontieren ihr Vergnügen bereitete. Ihr Kitzler fühlte sich länger und härter an als früher, ein prall gespannter, knorpeliger Schaft mit einer hochempfindlichen, harten Erbse an der Spitze, die sie ihm ins Gesicht oder gegen das Schambein stieß wie ein Mann, ohne jede Rücksichtnahme, so daß seine Oberlippe unter dem Druck taub wurde und prickelte
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