Brasilien
und nachher wund und geschwollen aussah. Sie ließ sich selbst für diese rohe Dominanz bezahlen, indem sie ihn dazu anstachelte, sie in den Arsch zu ficken und zu schlagen: Sie brauchte Schmerz, von ihm ihr zugefügt, um dem Wesenskern der Liebe wieder die Kontur zu geben, die sie in der Wolkigkeit und im Sumpf des Seelischen aus dem Blick zu verlieren drohte. Dieser Kern schmeckte wie die Vanille, als sie ein kleines Mädchen war und der Koch sie den Rührlöffel abschlecken ließ, und er roch wie geraspelte Kokosnuß in der Nase eines Kindes. Immer war diese Schärfe einer süßen Empfindung der Gefahr des Abstumpfens ausgesetzt. Nur das Spiel mit neuen Rollen und Extremen erhielt ihr den Biß. Wie die Keuschheit ist auch die Perversion ein Weg, menschliche Herrschaft über den tierischen Trieb zu demonstrieren. Erst zögernd, doch dann mit Inbrunst beteiligte sich Tristão an ihren Dramatisierungen des Sexus, fesselte ihre Handgelenke mit Lianen, legte Josés breites Schwert zwischen ihre schlafenden Leiber auf dem Strohsack und brachte schließlich sogar sein altes Fußeisen zum Einsatz, um sich die hilflose Sklavin gefügig zu machen. Er biß in ihre Schultern und saugte mit weit aufgerissenen, wie mit Fangzähnen bewehrten Kiefern an der sanften Vertiefung im Übergang ihres Halses zur Brust. Die empfindsamen Schleimhäute seiner Eichel, die ihre Farbe im Vergleich zum schwarzen Tristão kaum verändert hatte und noch immer einem blutvollen, heißen, einem Hasen aus der lebendigen Brust gerissenen Herzen glich, verlangten nach den Schleimhäuten ihres Mundes. Der Kontrast zwischen den Hautfarben der Liebenden war weniger kraß als der Gegensatz zwischen ihren Geschlechtsorganen, zwei exotischen Blumen von reiner Verschiedenheit. Oben und unten, aktiv und passiv, beherrschend und unterwürfig, feindlich und zugewandt – Tristão und Isabel pendelten lustvoll zwischen den Extremen und beschenkten einander mit völliger Verausgabung und einem erschöpften Einssein mit dem All.
26. Wieder im Mato Grosso
Endlich war die Zeit gekommen, um die Maniokwurzeln auszugraben, sie zu Pulver zu zerstoßen, salzige kleine Kuchen aus ihnen zu backen und aufzubrechen. Weil sie die Guaicurus fürchteten, versuchten sie, sich nunmehr an der aufgehenden Sonne orientierend, nördlich ihrer früheren Route zu bleiben. Zu dieser Zeit des Jahres regnete es in kurzen, aber heftigen Schauern frühmorgens und am späten Nachmittag, wenn der Abend hereinbrach. Die Regengüsse nahmen ihnen jede Sicht, hörten aber rasch wieder auf und ließen Blätter und Böden so dampfend und schimmernd zurück wie ihre erholten, hoffnungsvollen Körper.
Vielleicht lag es an ihrer neuen Route, daß ihnen das riesige, öde Hochland weniger feindselig vorkam als damals, als Kupehaki sie geführt hatte. In der zweiten Woche ihres Marsches gab Isabel die verwegene, wehe Hoffnung auf, Guaicuru-Reitern zu begegnen, die vielleicht Azor und Cordélia bei sich hätten, geschmückt mit Perlen, bunt bemalt und nackt, aber lebendig. In der dritten Woche stießen sie auf die ersten Farmen – einzelne, ebenerdige, weißgekalkte und rotgedeckte ranchos, in denen ein einsames Paar, ein ausgezehrter mameluco in schlotternder Peonenkluft und eine scheue, barfüßige Tupifrau, mit seinen Hühnern und Schweinen und zerlumpten Kindern unter einem Dach lebte und einige wenige Felder mit Tabak und Mais, Baumwolle und Sojabohnen bebaute, die durch verdorrte Dornenhecken vor den Wildschweinen und den die chapadões beweidenden Rinderherden der Reichen geschützt wurden. Arm wie sie waren, von jeder Trockenheit mit dem Ruin bedroht, hatten diese Kleinbauern immer etwas Reis und Bohnen und pinga für Tristão und Isabel übrig und boten ihnen für die Nacht das Obdach eines Schuppens an, wo ihr luxuriöses Lager aus Haufen von nicht enthülsten Maiskolben bestand, die jeder Bewegung ihrer Körper nachgaben und Liebesversuche in Gelächter enden ließen, weil es an Widerstand für die erforderliche Reibung fehlte.
Je weiter sie nach Osten vordrangen, desto zahlreicher und wohlhabender wurden die Farmen, die sich schließlich zu staubigen kleinen Städten verdichteten, in denen die beiden Arbeit finden und so ihre Vorräte auffrischen konnten. Bei einer Negerin wie Isabel wurde automatisch angenommen, daß sie firm im Wäschewaschen war, und so schleppte sie die fleckigen Laken und verschmutzten Unterhosen des örtlichen Bürgermeisters und des Viehhändlers mitsamt den
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