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Brasilien

Brasilien

Titel: Brasilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Peixoto. Ihr habt bereits meinen jüngeren Bruder, José de Alvarenga Peixoto, kennengelernt.» Antônios Bart lief in eine lange Spitze aus, und in seinem Gesicht wirkte das gelbliche Braun der familiären Rassenmixtur fast golden, ein sattes Gold, das auf seinen Wangenknochen und dem gebogenen Grat seiner so mächtigen wie krummen Nase glänzte. Er bildete sich ein, daß Isabels Blick wie gebannt an dieser Nase hing, und erläuterte, wobei er den Finger an seinen Erker legte: «Meine Mutter war eine Carijó und mein Vater ein neuer Christ, will sagen, ein gewesener Sohn Abrahams, wie die Hälfte der Bewohner von São Paulo. Das heilige Amt der Inquisition in Bahia hat sein segensreiches Wirken niemals so weit in den Süden ausgedehnt – nicht etwa», beeilte er sich hinzuzufügen, «daß die Priester uns eines Mangels an wahrer Glaubensinbrunst hätten zeihen können. Haben wir denn nicht, bei allen Wunden unseres Heilands, Leib und Leben in die Waagschale geworfen für die Bekehrung dieser Heiden? Haben wir nicht mehr Jahre, als man zählen kann, in diesem gottverlassenen Inferno aus Kakteen und Termitenhügeln zugebracht, gepeinigt von jeder Art von scharfzähnigem Fisch und surrendem Insekt, die der Allerbarmer in seiner Weisheit zu erschaffen geruht hat? Haben uns nicht ohne Unterlaß und Gnade eben jene Wilden zugesetzt, die zu erretten wir gekommen sind – die Wilden, die zum Wahnsinn aufgestachelt und mit Waffen versehen wurden von den spanischen Jesuiten, die nichts anderes sind als mit schwarzen Kutten verkleidete Verräter an ihrem Glauben und an ihrer Rasse zugleich?»
    Obwohl er selbst im vollen Feuer der rhetorischen Begeisterung ein kleines Auge, das in verliebtem Bernsteingelb funkelte, auf Isabel geheftet hielt, schienen seine mahnenden Worte weniger an sie als an das zerlumpte Kriegsvolk gerichtet zu sein, das hinter den Gefangenen Aufstellung genommen hatte.
    «Diese Gottesleugner in den schwarzen Kutten», fuhr er fort, von den Jesuiten zu berichten, «treiben die Ungläubigen in ihren sogenannten Reduktionen zusammen, wo sie in Müßiggang und vollkommener Nacktheit gehalten werden, nur zum Nutzen ihrer Herren und deren Lüsternheit, während doch wir es sind, die ihnen in unseren Siedlungen und in den aldeias des Königs die wahre Heimkehr in den Schoß des gottgegebenen Glaubens, der gottgefälligen Arbeit und des gottesfürchtigen Betragens ermöglichen.»
    «Ich habe wohl von Königen gehört», sagte Isabel schüchtern, «aber sie regierten vor langer Zeit.»
    «Gewiß», unterbrach der rundgesichtige José. «Gewiß haben wir lange Zeit in diesen namenlosen Wäldern zugebracht, und wir haben einen Schwur getan, niemals ohne Indianer oder Gold zurückzukehren. Wenn wir einen oder auch zwei Könige überdauern und feststellen, daß wir in unserer Abwesenheit ein Kind gezeugt haben oder auch drei – was soll’s uns kümmern, wenn wir als reiche Männer auf unsere Güter zurückkehren, mit unserem eigenen Haufen von willigen Dienern, die wir für uns arbeiten lassen oder gegen noch mehr Land eintauschen können? Weißes Gold ist das Ziel, rotes Gold der Gewinn!»
    Sein Bruder hob einen langgestreckten Zeigefinger, um solche unverhohlene Habgier zum Schweigen zu bringen. «Es ist zu ihrem eigenen Heil, daß wir die Heiden bei uns aufnehmen», erinnerte er, an Isabel gewandt, seine Leute. «Ob sie uns gleich auf eine Wange schlagen, wir halten ihnen die andere hin und machen sie zu unseren Gefangenen, wo sie an unserer Statt uns rücklings meuchelten. So finster ist ihre Gottlosigkeit, daß sie das Gehirn und die Innereien ihrer Feinde verzehren, um Stärke im Kampf zu erlangen. Wir korrigieren solche irregeleiteten Bräuche und bringen ihnen statt dessen die Segnungen der Wissenschaft und der nützlichen Beschäftigung nahe. So führen wir sie mitten in der Grausamkeit der Schlacht, während sie unsere Güte mit Giftpfeilen vergelten, der Gnade unseres Heilands zu!»
    Das Gelächter, das diese vollmundige Beteuerung hervorbrachte, ließ sich nicht unterdrücken. Während die übrigen bandeirantes sich dem fröhlichen Tumult hingaben, flüsterte José seinen Gefangenen im verschwörerischen Tonfall alter Freunde zu: «Außer natürlich, wenn sie zu schwach oder zu jung zum Arbeiten sind, oder die Frauen zu alt, um das Bett eines Mannes zu wärmen.»
    «Diese Eingeborenen rundherum», wandte sich Isabel an Antônio, «sind also alles Sklaven?»
    «Ei, so spreche Sie doch nicht von

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