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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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selbstverständlich für sie –, sondern der merkwürdigen Tatsache, daß ich sie an mich gedrückt hatte. Sie schien das nicht zu schätzen.
    Ich fühlte mich beinahe ein wenig beschämt. Schnell stand ich auf und begann zusammenzupacken.
    „Wollen wir weiter, Lisbeth?“
    „Ich bin so satt, daß ich kaum aufstehen kann“, lachte Lisbeth.
    Dann ging die Fahrt weiter, und schließlich waren wir in Drammen. Ich suchte einen Parkplatz, verschloß den Wagen, und dann machten Lisbeth und ich auf ein paar Stunden die Stadt unsicher.
    „Eigentlich ist es hier genauso wie in Oslo“, meinte Lisbeth. „Aber es ist doch fein, daß es eine andere Stadt ist.“ Sie betrachtete jeden Laden, jedes Haus – von der Brücke gar nicht zu reden – mit großen, staunenden Augen.
    Wir gingen in ein paar Geschäfte und kauften einige Kleinigkeiten. Ich gönne es Lisbeth, daß sie nun eine kleine Handtasche besaß, die nicht aus Oslo stammte und auf die sie daher sehr stolz war. Wahrscheinlich würde sie sie den Kindern ihrer Straße zeigen, und wahrscheinlich würde sie mit demselben Tonfall, mit dem ein Erwachsener etwa, so ganz nebenbei bemerkt: „Das habe ich aus Marokko mitgebracht!“ zu ihnen sagen: „Diese Tasche habe ich bekommen, als ich in Drammen war.“
    Am Nachmittag fuhren wir nach Konnerudkollen.
    Lisbeth wagte vor lauter Ehrfurcht nur zu flüstern, als wir durch den großen Speisesaal gingen und nach einem freien Tisch Ausschau hielten. Eine ganze Reihe von Tischen war von ausländischen Touristen besetzt, die man sofort an ihren Ferngläsern, Kameras und dem sonstigen Zubehör erkannte.
    Ich war heilfroh, als wir das anstrengende Lachs-Huhn-Erdbeeren-Menü glücklich hinter uns hatten. Lisbeth genoß natürlich alles bis zur Neige.
    „Wir werden nachgerade an die Heimfahrt denken müssen, Lisbeth“, sagte ich. „Dein Vater ist wohl schon zu Hause, und ich denke mir, er wird sich nach dir sehnen.“
    Lisbeth machte große Augen, als ich das Essen bezahlte. „Eine solche Masse Geld!“ sagte sie leise. „Das ist ebensoviel wie unsere Wohnungsmiete – wenn nicht mehr!“
    „Du verstehst wohl noch nicht soviel vom Geld“, sagte ich lachend. Aber da schlug mir das Gewissen. Unzählige Male hatte ich an Gastereien teilgenommen, bei denen erheblich größere Summen drauf gegangen waren; aber ohne Lisbeths Bemerkung wäre es mir nie in den Sinn gekommen, daß man dafür ebensoviel bezahlte wie eine kleine Familie für die Monatsmiete ihrer bescheidenen Wohnung.
    Ich hatte von Lisbeth viel zu lernen.
    Wir kletterten in den Wagen. Ich hüllte Lisbeth in eine Decke und überzeugte mich, daß alles in Ordnung war. Dann drückte ich auf den Anlasser.
    „Ätsch – puh“, sagte er.
    Noch einmal.
    „Sssch!“ sagte der Motor.
    „Na!“ sagte ich.
    Lisbeth wurde aufmerksam: „Ist etwas entzwei, Steffi?“
    „Ich weiß nicht. Wir werden sehen.“
    „Aber wir kommen doch heute noch nach Hause?“
    „Aber gewiß doch! Nach Hause kommen wir. Habe nur keine Angst!“
    „Wenn das Auto aber nicht fahren will?“
    „Dann fahren wir mit der Eisenbahn. Aber sei nun lieb, Lisbeth, und werde nicht ungeduldig. Ich muß die Sache untersuchen.“
    Lisbeth gehorchte und verhielt sich ruhig.
    „Untersuchen“ hatte ich gesagt. Aber ich hatte keine Ahnung, was ich untersuchen und wo ich mit dem Untersuchen beginnen sollte. Ich muß nämlich gestehen, daß es mir nicht anders geht: als den meisten autofahrenden Frauen. Ich kann gut steuern, die Gänge schalten und auf die Pedale treten – der Frage aber, was im Innern des Autos vorgeht und wie es kommt, daß es sich bewegt, habe ich noch nie einen Gedanken geopfert.
    Ich weiß wohl, daß es einzelne großartige Frauen gibt, die, wenn es nottut, sich auf den Kopf stellen, den Motor untersuchen, Fehler finden und beseitigen, eine richtige Diagnose stellen, verstopfte Vergaser und außer Takt geratene Zylinder kurieren – ich bewundere sie ungemein –, aber ich selber habe es nie weiter gebracht, als daß ich Vater einmal geholfen habe, ein Rad auszuwechseln.
    Als Carls feiner Wagen streikte, blieb mir daher nur eins übrig: ich mußte mich nach Hilfe umsehen.
    Ich hatte keine große Auswahl. Alle Wagen, die vor dem Hotel parkten, schienen leer zu sein – mit einer einzigen Ausnahme. Diese Ausnahme bildete ein wahres Ungeheuer von Auto, in dem vermutlich die amerikanischen Touristen gekommen waren, die ich im Speisesaal gesehen hatte.
    Auf dem Führersitz saß ein junger Mann

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