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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Die Kinder, die eine Mutter haben, kriechen am Sonntagmorgen zu ihr ins Bett – manchmal vielleicht auch werktags –, und wenn sie in der Nacht aufwachen und haben etwas Häßliches geträumt, dann rufen sie ihre Mutter, und die Mutter nimmt sie dann zu sich ins Bett. Aber wir, die wir selbst für uns sorgen müssen, sind darin anders. Weil wir keine Mutter haben, die uns hilft, werden wir selbständig. So wie du und ich.“
    Lisbeth hörte mit großen Augen zu.
    „Komisch!“ sagte sie. „Dir und mir geht es ganz gleich.“ Dann schob sie ihre kleine Hand vertrauensvoll in meine. „Aber, weißt du, Steffi – wir könnten doch so tun, als ob wir Mutter und Kind wären – so zum Spaß, weißt du?“
    „Ja, das können wir“, sagte ich. „Und morgen früh können wir im Bett frühstücken – Eier und Marmelade und frische Semmeln und geröstetes Brot. – Wir das nicht fein?“
    „Wie ich mich darauf freue!“ jubelte Lisbeth. Damit waren alle Schwierigkeiten überwunden. Lisbeth zog sich aus, legte ihre Kleidungsstücke ordentlich auf einen Stuhl und kroch dann, mit einem winzigen Trikothemdchen angetan, ins Bett.
    Da wir ja nun Mutter und Kind spielten, durfte ich den Arm unter ihren Nacken schieben. Sie rollte sich wie ein zufriedenes Kätzchen mit dem Kopf auf meiner Schulter zusammen.
    „Jetzt weiß Vater sicher, wo wir sind“, sagte Lisbeth.
    „Sicher“, bestätigte ich. „Er muß unsere Botschaft längst erhalten haben.“
    „Glaubst du, er war zuerst sehr erschrocken?“
    „Das glaube ich nicht. Ich glaube, er hat sich sehr gefreut, einen Gruß von dir zu bekommen.“
    „Und einen Brief von dir“, fügte Lisbeth hinzu. „Ich wünschte, ich könnte schreiben. Lesen kann ich – beinahe. Aber wie schön wäre es, wenn ich Vater von der Ferienkolonie Briefe schreiben könnte.“
    „Freust du dich auf die Ferienkolonie?“
    Lisbeth schüttelte energisch den Kopf.
    „Nein.“
    „Gefällt es dir da nicht?“
    „Nein.“
    „Sind die anderen nicht nett zu dir?“
    „Doch. Sie sind sehr nett. Aber ich sehne mich so nach zu Hause. Ich denke immer nur an Vater. Und dann kenne ich da ja auch niemand.“
    „Aber da sind doch so viele Kinder, mit denen du spielen kannst.“
    „Ja. Aber ich sehne mich doch nach zu Hause.“
    Lisbeth seufzte und legte sich besser zurecht.
    „Du, Steffi! Als du klein warst, bis du da manchmal zu deinem Vater ins Bett gekrochen?“
    Ich fühlte einen Stich im Herzen. Ich mußte an die vielen Sonntag denken, an denen ich des Morgens zu Vater ins Bett geschlüpft war und Zuckerstückchen und Kekse bekommen hatte, während er seinen Morgenkaffee trank. Ich hatte nicht die Absicht gehabt, Lisbeth das zu erzählen. Da sie aber fragte, wollte ich nicht lügen.
    „Ach ja – das kam wohl vor – “ sagte ich. „Aber nur selten“, fügte ich schnell hinzu.
    „Dann war dein Vater anders als meiner. Ich glaube nicht, daß Vater es wollen würde“, sagte Lisbeth ernst.
    Unbegreiflich! Wo Georg dermaßen an dem Kinde hing!
    Plötzlich begann ich zu begreifen. Ich Dummkopf! Daß ich nicht schon früher auf diesen Gedanken gekommen war!
    Georg war krank! Er schleppte irgendeine Krankheit mit sich herum und fürchtete, er könne Lisbeth anstecken.
    Deshalb schliefen sie nicht im selben Zimmer, deshalb brachte er das Riesenopfer, Lisbeth dazu zu erziehen, Zärtlichkeiten weder zu geben noch zu erwarten. Deshalb hatte Lisbeth es sich zur Gewohnheit gemacht, einem kräftig die Hand zu drücken, wo ein anderes Kind einem an den Hals geflogen wäre.
    Es lief mir kalt über den Rücken. Georgs Handlungsweise war unverantwortlich! Er tat mir in tiefster Seele leid, aber es war ganz und gar nicht richtig, daß er Lisbeth bei sich wohnen ließ, wenn er wirklich an einer ansteckenden Krankheit litt.
    Was mochte ihm nur fehlen?
    Ich betrachtete das kleine Gesicht, das ich so liebgewonnen hatte. Lisbeth hatte die Augen geschlossen und die Hände gefaltet.
    Vorsichtig strich ich ihr über das Haar. Da sah sie mich an.
    „Störe mich nicht“, sagte sie. „Ich bete das Abendgebet.“
    Ich mußte mit Georg reden. Er mußte zu einem Doktor gehen, und seine und Lisbeths Lebensweise mußte geändert werden. Lisbeth durfte nicht länger in der kleinen, düsteren Wohnung am Ostrand der Stadt bleiben. Und vor allem: wenn Georg an einer ansteckenden Krankheit litt, mußte er das Opfer bringen, sich von Lisbeth zu trennen – mochte ihm darüber auch das Herz brechen….
    Lisbeths Herz würde

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