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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Blaubeeren“ zu lesen.
    Nun begannen auch die Multbeeren auf den Mooren und Hügeln reif zu werden.
    Knut und Anne-Grete – die eine Gehbandage erhalten hatte, mit deren Hilfe sie in der Hütte und draußen herumhumpeln und sich sogar etwas nützlich machen konnte – bekamen Lisbeth und mich nicht mehr viel zu sehen.
    Wir brachen am frühen Morgen auf und blieben den ganzen Tag fort. Knut sorgte dafür, daß das Essen fertig war, wenn wir nach Hause kamen. Das Abwaschen dagegen übernahmen Lisbeth und ich, denn am Abend sollten die beiden anderen, unbeschwert von häuslichen Pflichten, Zeit haben, sich an den Kamin zu setzen und über Heirat, Wohnung und Möbel zu plaudern.
    Eines Tages hatten wir unsere Räder genommen und waren ziemlich weit gefahren. Wir stellten sie auf einer Sennalpe unter und wanderten über den Berg. Plötzlich stießen wir auf ein Multbeermoor, wie ich es in meinem Leben nicht gesehen hatte. Überall, soweit das Auge reichte, leuchtete es golden und rot. Man brauchte sich nur niederzulassen und zu pflücken – solange man es aushielt.
    „Sie sehen wie goldene Fingerhüte aus“, sagte Lisbeth lachend. „Sieh! Steffi!“
    Sie streckte mir die linke Hand entgegen. Auf jedem Finger saß eine Multbeere.
    „Willst du sie haben?“
    Ich öffnete lachend den Mund und pflückte mit den Lippen die Beeren von Lisbeths Fingerspitzen ab.
    „Guten Tag!“ sagte eine fremde Stimme hinter unserem Rücken.
    Ich schrak zusammen, wandte mich um und blinzelte mit den Augen. Daß ein Mensch imstande war, sich uns unbemerkt zu nähern, konnte ich zur Not verstehen, denn der Lärm des Wasserfalls in unserer Nähe mochte das Geräusch der Schritte wohl leicht übertönen.
    Was mich aber so verwirrte, war die Feststellung, daß der Ankömmling ein breites, kräftiges Kinn und eine widerspenstige braune Haarsträhne tief in der Stirn und ein jungenhaftes Lächeln hatte.
    „Aber das…“ sagte ich.
    „Guten Tag!“ sagte Lisbeth. „Bist du auch hier?“
    „Aber du bist doch das kleine Mädchen vom Konnerudkollen!“ sagte Heming Skar lächelnd. „Hat dein Vater Angst ausgestanden, weil du über Nacht nicht nach Hause kamst?“
    „Ach nein“, sagte Lisbeth. „Du hattest ihm ja Bescheid gesagt.“
    „Ist dein Vater nicht hier?“
    „Nein. Vater ist – Vater ist – “ Lisbeth schluckte heftig. „Vater ist jetzt tot“, sagte sie endlich, Heming Skar tapfer ins Auge blickend.
    Heming Skar ließ den Blick auf Lisbeth ruhen. Sein Gesicht hatte einen warmen Ausdruck, als er ihr über das wirre Haar strich.
    „Arme Kleine!“ sagte er. Dann hob er ihr Kinn etwas an und lächelte.
    „Aber wie ich sehe, hast du deine nette Tante bei dir.“
    „Steffi ist nicht meine Tante. Aber wir tun so, als wenn sie meine Mutti wäre.“
    „Soso“, sagte Heming Skar. „Nun, das ist ja noch viel besser. Und wie steht es mit den Multbeeren? Sind sie gut?“
    „Wundervoll“, sagte Lisbeth. Schnell hatte sie wieder ihre Fingerspitzen vollgesteckt. „Bitte schön!“
    Heming Skar lachte und aß ihr die Beeren von den Fingern.
    „Gefährliche kleine Lisbeth“, fuhr es wie ein Blitz durch mich. „Kleine, raffinierte Frau – was wird wohl in zehn Jahren aus dir werden?“
    „Soll ich dir beim Pflücken helfen?“ fragte Heming Skar.
    „Du mußt doch für dich selber pflücken“, sagte Lisbeth.
    „Nein, ich pflücke für dich. Stelle den Eimer hierher. Nun wollen wir sehen, wie lange es dauert, bis er voll ist.“
    Bisher hatte ich kein Wort gesprochen. Aber bald war ein munteres Gespräch im Gange. Menschen, die sich hoch oben im Gebirge begegnen und zusammen Multbeeren pflücken, bekommen schnell das Gefühl, als wären sie alte Bekannte, auch wenn sie früher kaum ein paar Worte miteinander gewechselt haben. Und Heming Skar plauderte so unbefangen und so munter darauflos, daß mir war, als hätte ich ihn schon seit Jahren gekannt.
    Er machte eine Fußwanderung, erzählte er. Ich warf einen Blick auf seinen Rucksack, den er in der Nähe abgesetzt hatte. Er sah ziemlich gewichtig aus.
    „Wie weit wollen Sie heute noch?“ fragte ich.
    „Ich hatte eigentlich gedacht bis Geilo. Ich muß Brot und Zucker kaufen. Aber es wird wohl etwas spät…“
    „Puh!“ rief Lisbeth. „Es regnet!“
    Ja. Es regnete. Auf die ersten Tropfen folgte ein leichter Schauer. Eine kurze Beratung endete damit, daß Heming Skar auf meinem Rade fuhr, mit mir auf dem Gepäckträger. Lisbeth hatte ja ihr eigenes Rad. Im strömenden

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