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Brausepulver für den Papst

Brausepulver für den Papst

Titel: Brausepulver für den Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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fast ausgestorbenen Spezies. Maurice Castellane und seine Frau Gertrud wirkten wie Kühlschränke mit selbst gehäkelten Gefrierfächern. Maurice trug wieder seinen makellosen Zweireiher. Gertrud hatte ihr Blümchenkleid gegen das gleiche Modell mit goldenen Sternchen auf blauem Grund vertauscht. Fiona setzte auf schwarze Eleganz, vorn züchtig hochgeschlossen, dafür hinten sehr offenherzig. Barbara hielt es mit der Bequemlichkeit und trug ihr kleines Taubenblaues.
    Ein Lächeln schwebte über Midians Lippen wie ein kreisender Falke, als sein Blick auf Justin fiel. Der hatte seinen italienischen Designeranzug aus der Reinigung geholt und sah darin unverschämt gut aus, zumal er das Jackett auf der bloßen Haut trug, weil zum Hemdenbügeln keine Zeit mehr geblieben war.
    Der Küchenchef, ein langer, dürrer Engländer, machte im Hintergrund sein After-Eight-Gesicht. Contenance bewahren war alles. Das übrige Team, angetan mit bestickten Westen und weißen Schürzen, stand in Warteposition. Ein junger Kellner brachte einen Stapel Speisekarten. Innerlich aufatmend schlug jeder seine Karte auf. Das lenkte erstmal von dem peinlichen Schweigen ab. Nachdem alle bestellt hatten, setzte Justin sein jungenhaftestes Lächeln auf und wandte sich an Midian: »Was sagtest du gerade?«
    »Ich? Nichts.«
    »Äh … Wie gefällt es Ihnen im Sudan, Mr. Castellane?«
    »Es gefällt mir überall, wo ich gute Geschäfte machen kann, Mr. Forsythe.«
    »Natürlich. Und Ihnen, Gertrud? Hat Paris auch so milde Abende?«
    Gertrud drehte den Kopf, den sie bisher Maurice zugewandt hatte. »Oh ja. Dann gehen Maurice und ich an der Seine spazieren. Das genießen wir sehr.«
    »Das verstehe ich gut. Wir könnten nach dem Essen auch alle zusammen einen Spaziergang am Nil machen«, erwiderte Justin. Zwei oder drei Seufzer wurden laut, aber als er sich umschaute, sah er nur in unergründliche Mienen.
    »Weshalb haben Sie bei der Wärme eigentlich Handschuhe an?« Das konnte nur Barbara sein, doch Maurice war über derart plumpe Fragen erhaben.
    »Handschuhe sind keine Frage des Wetters, sondern eine Frage des Stils, Madame.« Er ließ sich dazu herab, Barbara für den Bruchteil einer Sekunde anzusehen.
    Die zuckte zurück wie von einer Viper gebissen. »Ich heiße Barbara.«
    »Ich weiß, Madame.«
    Unter dem Tisch trat Justin Fiona gegen das Schienbein, aber die dachte gar nicht daran, sich an dem Gespräch zu beteiligen. Von Midian war auch keine Unterstützung zu erwarten. Da wurde die Situation noch einmal gerettet: Das Essen kam.
    Gertrud begann, das Lammfilet auf Maurices Teller klein zu schneiden. Dann spießte sie ein Stückchen auf ihre Gabel, tunkte es in die Soße und schob den Bissen ganz selbstverständlich in Maurices Mund. Das allgemeine Besteckgeklapper hörte auf. Alle starrten auf das Ehepaar Castellane. Midian fragte sich beunruhigt, ob er den richtigen Anwalt gewählt hatte.
    Wieder rettete Justin die Situation.
    »Sie lassen sich aber sehr von Ihrer Frau verwöhnen, Mr. Castellane«, sagte er.
    »Sie nicht, Mr. Forsythe? Frauen sind so sanfte Wesen, sie erleichtern einem die Hektik des Alltags, finden Sie nicht?«
    »Äh … ja, da haben Sie recht. Fiona füttert mich auch manchmal … allerdings …«
    »… mit schärferen Sachen, Mr. Castellane«, ergänzte Fiona mit einem koketten Augenaufschlag.
    »Wo haben Sie eigentlich Ihre reizende Frau kennengelernt?«, mischte sich Midian mit Unschuldsmiene ein und säbelte ein Stück von seiner Rinderlende. »In einem Kloster?«
    »Ich habe Maurice im Büro meiner Firma kennengelernt.« Gertrud versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. »Am Fotokopierer kamen wir uns näher.«
    »Interessant. Erzählen Sie doch weiter!«
    »Ich glaube nicht, dass Mr. Midian das wissen möchte, Liebste. Bitte, ich hätte gerne noch einen Bissen von dem Lammfleisch.«
    »Entschuldige.« Gertrud beeilte sich, Maurice das Gewünschte in den Mund zu schieben. »Eigentlich passierte es beim Kaffeeholen.«
    »Ach ja?« Midian verschränkte die Arme vor der Brust. »Das ist eine der originellsten Anmachen, die ich kenne. Sie gossen ihm also einen Kaffee über sein perfektes Outfit, habe ich recht?«
    »Nun … so ungefähr war es. Natürlich nicht absichtlich.«
    »Und davon bekam er einen Steifen?«
    »Aber nein! Das steife Bein hatte er damals schon. Er stand da neben dem Fotokopierer, auf seinen Stock gestützt, so zerbrechlich und doch so stark.« Gertrud sah Maurice zärtlich an. »Du

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