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Brausepulver für den Papst

Brausepulver für den Papst

Titel: Brausepulver für den Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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dass es bis zum Tempel zwei Meilen sind? Aber Sie sind ja gut zu Fuß, Mr. Castellane, nicht wahr?«

5. Kapitel
Reiki, Urschrei und kalte Umschläge
    Eine geraume Zeit war vergangen. Fiona und Barbara hatten Khartum nach tränenreichem Abschied verlassen. Der Anwalt und seine Frau waren merkwürdigerweise noch nicht abgereist, obwohl Midian wusste, dass Castellane den Sudan verabscheute. Was hielt den undurchsichtigen Mann hier noch fest?
    Midian nahm sich vor, das zu ergründen, aber zuerst musste er sich um Justin kümmern. Es-Sufra war zwar ein einziges Labyrinth, und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn jemand ausgerechnet in die Katakomben stolperte, wo Midian seine gefährliche Ware gelagert hatte. Aber Touristen waren unberechenbar, und es konnte nicht schaden, ein Auge auf sie zu haben.
    Wieder stand ein Dreitageprogramm zum Löwentempel bevor. Inzwischen kannte Justin das Gelände wie seine Hosentasche. Aber die Upperclass-Klientel, die Raymond ihm diesmal geschickt hatte, war noch steifer als sonst. Deshalb war Justin froh, dass Midian sich gönnerhaft bereit erklärt hatte, die Tour mitzumachen.
    Jetzt lagen sie nebeneinander auf den Schlafsäcken, über ihnen glitzerten die Sterne, der Sand war noch warm, die Luft wie Champagner. »Du brauchst sicher einen Entertainer für die blaublütige Kundschaft, die dein Raymond dir nächste Woche schickt.« Midian hielt Justin in einem Arm und betrieb mit der freien Hand das beliebte Im-Dunkeln-ist-gut-Munkeln-Spiel.
    »Könnte nicht schaden.« Justin genoss Midians wissende Hände. »Manchmal weiß ich wirklich nicht, was ich diesen Snobs noch bieten soll.«
    »Wie wäre es mit einem Kurs in praxisorientierter Menschenführung?«
    Justin lachte. »Und wer soll den geben?«
    »Ich zum Beispiel.«
    »Du?« Justin richtete sich überrascht auf.
    »Deine Manager sind ganz begeistert von meinen Lektionen, und so ein kleiner Nebenverdienst ist nicht zu verachten.« Midian zog Justin wieder an seine Seite.
    »Einen Unterhalter könnte ich wirklich gut gebrauchen«, überlegte Justin. »Die Wirtschaftsbosse sind ja ganz scharf auf deine … äh, unkonventionellen Ratschläge zur Bewältigung globaler Krisen. Aber ob du einem Lord auch die echte Wüstenromantik vermitteln kannst, wage ich zu bezweifeln.«
    »Du misstraust mir?« Midian war empört. »Ich schwöre beim Grabe meiner Mutter, dass ich mich wie ein Gentleman benehmen werde.« Er lächelte wie ein zahmer Wolf, dabei kannte er das Wort Gentleman höchstens aus einem Kreuzworträtsel.
    So kam Midian zu einem neuen Job und Justin zu heißen Nächten.
    ***
    Erster Weihnachtstag und mitten in der Wüste. Eine fröhliche Feier war im Gange. Es gab Plumpudding aus der Dose, in Folie eingeschweißte Putenkeulen, Midian verteilte Mistelzweige aus Plastik und aus fünfzehn Kehlen erschallte die schöne Weise von Rudolf, dem Rentier mit der roten Nase. Zwei, drei Fässchen schottischen Whiskys machten die Runde. Kurz, es ging
very british
zu.
    Auch Justin spürte jäh das Blut seiner Vorfahren und hielt wacker mit. Gerade wollte er einen Toast auf Königin Elizabeth ausbringen, da verschloss ihm ein hungriger Mund die Lippen, ein anbetungswürdiger Körper drückte ihn zu Boden und machte ihn betrunkener als zehn Fässer Jamison.
    Am nächsten Morgen fehlten zwei Mitglieder der Reisegruppe, ausgerechnet Sir Jonathan Gulbridge-Finklestone und Lord Philip Allencourt-Throllope, beides Mitglieder des britischen Oberhauses. Keiner hatte ihr Verschwinden bemerkt. Die Jeeps waren alle noch da, ebenso die Lebensmittel und sämtliche Wasserkanister. Weit konnten die Vermissten also nicht sein.
    Zwei Männer allein in der Wüste … Erst machte Justin sich darauf seinen eigenen Reim, später hielt er es für einen schlechten Scherz. Bestimmt würden die beiden im Laufe des Tages wieder auftauchen und sich auf die Schenkel klopfen vor Freude, weil sie ihren erfahrenen Reiseleiter so hereingelegt hatten.
    Midian stimmte Justins Überlegungen zu, doch Justin entging, dass Midians dunkle Augen plötzlich glühten wie das Fegefeuer.
    Der Tag verging, Sir Jonathan und Lord Philip blieben verschwunden, und abends war es natürlich viel zu spät, um im Wüstensand nach Spuren zu suchen.
    »Wie soll ich das bloß Raymond beibringen?« Justin raufte sich verzweifelt die mondbleichen Haare. »Der hat mir die beiden extra ans Herz gelegt. Und was soll ich dem britischen Konsulat in Khartum sagen? Zwei Mitglieder des Oberhauses auf

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