Brausepulver für den Papst
Deutschland!«, stieß sie erleichtert hervor. »Sagt man das auf Arabisch auch so?«
»Das war Esperanto, Madame. Alle Reiseführer beherrschen Esperanto.«
Barbara musste lächeln. Der junge Mann sprach Deutsch mit einem leichten Akzent. Im Gegensatz zu den anderen trug er weder Shorts noch T-Shirt, sondern einen weiten Umhang und ein Kopftuch, sehr beduinenmäßig. Jetzt wandte er sich flüchtig um. Barbara konnte sein Gesicht sehen. Ihr Herz stockte. Fast wäre sie in Ohnmacht gefallen. Sie griff irgendwo hin und bekam einen Jungen zu fassen, der ihr sogleich einen Jasminstrauß in die Hand drückte.
»Geschenkt, Madame!«
Gedankenlos gab ihm Barbara fünf Dinar.
»Justin!«, piepste sie, obwohl das gar nicht sein konnte. Der Mann trug eine Sonnenbrille, aber es war unverkennbar Justins Nase, sein Lachen und vor allen sein mondbleiches Haar, von dem eine Strähne aus dem Kopftuch gerutscht war.
Bin ich schon wie Fiona, die in jedem hellen Strohhaufen Justins Wuschelkopf vermutet?,
dachte Barbara verwirrt. Sie wollte der Pferdekarawane nachlaufen, da standen plötzlich zehn kleine Jasminverkäufer neben ihr und wollten auch fünf Dinar einheimsen.
»Nix kaufen, geschenkt!«, krähten die Jungen mit den farbenfrohen Westen und roten Käppis.
Doch Barbaras erste Verblüffung und somit auch ihre Großzügigkeit hatten sich gelegt. Sie arbeitete sich durch die Phalanx und rannte den Pferden hinterher.
»Justin!«, schrie sie.
Der Mann im Umhang zügelte sein Pferd, drehte sich um und lüftete die dunkle Brille. Verunsichert blinzelte er in die Sonne.
War mir doch, als hätte ich eben meinen Namen gehört,
dachte er.
Muss die Hitze sein, aber einen Sonnenstich kann ich mir nicht leisten. Dieser Pferdejob ist besser als nichts. Den darf ich nicht verlieren.
Eine Touristin, nicht mehr ganz jung, nicht mehr ganz schlank, hastete auf ihn zu. Justin war es gewohnt, dass ihm die Frauen nachliefen, aber bei dieser Hitze war das eine beachtliche Leistung. Er zwang ein Reiseführerlächeln in sein gebräuntes Gesicht.
»Madame, Sie sollten …« Ihm blieb die Spucke weg. Barbara! Das war doch Barbara! Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Dann war Fiona sicher ebenfalls nicht weit. In letzter Zeit hatte er oft sehnsüchtig an die beiden gedacht, trotzdem waren sie die Letzten, die etwas von seinem Hoppi-Galoppi-Job erfahren durften. Vom etablierten Reiseführer zum Babysitter für unmündige Touristen, das war nun wirklich zu peinlich.
Langsam rutschte Justin aus dem Sattel. Er konnte sich überhaupt nicht über das Wiedersehen freuen. Barbara hingegen war außer sich vor Begeisterung. Überschwänglich klopfte sie Justin auf die Schulter.
»Justin! Endlich! Was machst du denn in Tunesien?«
»Ich reite.« Justin überspielte seine Verlegenheit, indem er Barbara auf beide Wangen küsste. »Und du? Ist Fiona auch hier?«
Barbara strahlte. »Ja, im Hotel. Du musst unbedingt mitkommen! Sie wird sich wahnsinnig freuen.«
Das befürchtete Justin auch. Er sah den sich entfernenden Reitern nach. »Ich … äh, ich würde gern … Wo wohnt ihr denn?«
»Im Residence, gleich da drüben.«
»Oh … ja, nettes Hotel. Ich … ich habe noch zu tun. Ich komme heute Abend vorbei. Bestimmt.«
»Nein, du musst gleich mitkommen! Fiona ist ohne dich ja gar kein Mensch mehr! Sie hat doch geglaubt, dass du …« Barbara zögerte. Plötzlich kam ihr das alles spanisch vor. Stirnrunzelnd fragte sie: »Was machst du eigentlich hier? Betreust du etwa diese Touristengruppe?«
»Hm … ja.«
»Machst du denn keine Jeeptouren mehr durch die Wüste?«
»Im Moment nicht.«
Erst jetzt merkte Barbara, wie wortkarg Justin war. Das war sonst gar nicht seine Art. Ungeduldig zupfte sie ihn am Ärmel. »Komm schon! Es sind doch noch zwei Aufpasser da.«
Wenn ich jetzt abhaue, entgehen mir die dicken Trinkgelder,
überlegte Justin. Leider war er darauf angewiesen. Andererseits wollte er Fiona wiedersehen, am liebsten sofort.
Hat sowieso keinen Zweck wegzulaufen. Das Schicksal führt uns doch immer wieder zusammen,
dachte er und gab dem Pferd einen Klaps aufs Hinterteil. Das kluge Tier fand seinen Weg allein.
Barbara führte Justin zielstrebig durch die Hotelhalle in den Innenhof. Die Gäste am Empfang verdrehten die Köpfe. Hatte sich schon wieder eine Touristin einen Einheimischen gekauft, und ausgerechnet diese biedere Hausfrau! Aber die sollten ja die Schlimmsten sein.
Fiona unterhielt sich immer noch mit der Touristin am
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