Brausepulver für den Papst
Lammfleisch und ließ Justin dabei nicht aus den Augen. Der verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte, seinen finsteren Gesichtsausdruck zu konservieren.
»Wie hartherzig du bist!« Midian warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Wenn du schon nichts isst, kannst du wenigstens etwas abgeben. Oder magst du keine Katzen, AI Kadiz?«
Justin verzog verächtlich den Mund. »Ist heute die Masche ›Midian, der Tierfreund‹ angesagt?«
Midian setzte die Katze sanft auf den Boden. »Ich brauche keine Masche mehr, Justin. Ab jetzt spielen wir mit offenen Karten, hast du das noch nicht gemerkt?«
»Was willst du dann noch von mir? Du hast meine Ideale verraten und mich gnadenlos ausgenutzt. Aber ich bin kein Mafioso, ich bin wertlos für dich.«
Midian tippte an Justins Teller. »Iss, bevor es kalt wird. Dann sage ich dir auch was Nettes.«
Justin hielt es vor Hunger kaum noch aus. Sein Magen knurrte lauter als die Katzen, die ihn umlagerten. »Na gut«, brummte er. »Aber ich zahle es dir zurück, sobald ich zu Geld komme.« Er kostete misstrauisch, dann konnte er sich nicht länger beherrschen und schaufelte das Couscous in sich hinein. »Du wolltest mir was sagen«, nuschelte er mit vollem Mund. »Was Nettes.«
Midian lächelte zurück. »Ich habe viel für dich übrig, kleine Katze, sehr viel.« Er räusperte sich. »Andere drücken das poetischer aus:
Ich schnitt' es gern in alle Rinden
oder so ähnlich. Das liegt mir nicht. Jedenfalls verdankst du dieser Tatsache dein Leben, und ich werde dir auch wieder auf die Beine helfen. Du hast deine Wüstentouren nicht mehr, richtig?«
Justins Ohren klingelten. War das eine Sinnestäuschung oder waren das tatsächlich Midians Worte? Jedenfalls war es das Netteste, das Justin seit Langem gehört hatte. In diesem Augenblick wollte er Midian alles glauben. Unsicher sagte er: »Die Touren habe ich durch deine Schuld verloren.«
»Reden wir nicht mehr davon.« Midians Hand wedelte durch die Luft. »Du hast mir Schwierigkeiten gemacht und ich dir, also sind wir quitt. Wenn du dich von bürgerlichen Moralvorstellungen nicht drücken lässt, wirst du ab heute nie mehr arbeitslos sein.«
Justin hatte zwar einen leeren Magen, aber keinen hohlen Kopf. Midians plötzlich erwachte Liebe war ihm nicht geheuer. Argwöhnisch krauste er die Stirn. »Ich soll für dich arbeiten?«
»Warum nicht?« Midian schnippte den Kellner heran. »Zwei Mousse au Chocolat. Wir brauchen was Süßes.« Er zwinkerte Justin zu und fuhr fort: »Ich bin ein Arbeitgeber, wie ihn die Gewerkschaften mit der Lupe suchen müssen. Zahle über Tarif, biete verantwortungsvolle Jobs und garantiere ein gutes Betriebsklima.«
»Also sag schon, was du anzubieten hast.«
»Fünfzigtausend Dollar bar auf die Hand.«
»Was soll ich dafür tun? Babys grillen?«
»Wie geschmacklos! Ich liebe Babys, ein unerschöpflicher Markt für meine vergifteten Schnuller.« Midian lehnte sich zurück und lachte schallend. »Wo ist dein Humor geblieben, junger Freund? Das war bloß ein Scherz! Ich produziere keine Schnuller, nur Tretminen.«
»Tretminen???«
»Schau nicht so entsetzt, das ist ein ehrliches Gewerbe, und du kommst wieder ins Touristengeschäft. Das bin ich dir schuldig.«
»Touristen mögen Tretminen? Das ist mir neu.«
»Da kommt unsere Mousse. Ich liebe Mousse – und deine Küsse Justin.«
»Kein Süßholz, Midian! Rede endlich Tacheles!«
»Also gut. Ich habe eine Fabrik in Tibet, die stellt die Dinger her. Ich würde auch lieber Brezeln backen, das kannst du mir glauben, aber meine Bäckerei ging pleite. Tretminen waren gefragter als Brötchen, und ich wollte niemand entlassen. Lauter Familienväter, verstehst du?«
Justin deutete ein Gähnen an. »Was sollen diese Mätzchen? Wollten wir nicht mit offenen Karten spielen?«
»Du musst nicht glauben, ich sei durch und durch schlecht.« Midian kostete die Mousse. »Himmlisch! Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, du kennst Milosevic?«
»Klar. Dieser Serbe!«
»Du hast was gegen Serben?«
»Quatsch! Aber ich ahne Schlimmes. Milosevic will deine Tretminen kaufen.«
»Ein Großauftrag von hunderttausend Stück«, bestätigte Midian ungerührt.
»Und was hätte ich dabei zu tun? Die Minen von Tibet nach Belgrad schaffen? Das tue ich nicht. Es gibt einen Boykottbeschluss für Kriegswaffen.«
»Die Minen sind bereits in Belgrad. Nein, ich brauche dich und deine Jeeps. Läuft alles wie im Sudan, verstehst du? Deine Firma heißt
Happy War Tours
und
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