Brausepulver für den Papst
aufzugeben. Du hättest Dir doch denken können, dass Fiona das liest! Hoffentlich hören wir bald von Dir, und es klärt sich alles auf.
Deine Barbara
Dass Midian sein Wort hielt, bekam Justin rasch zu spüren, denn Midians Arm war lang, sehr lang. Die kleine Leila aus dem Museum kannte Justin plötzlich nicht mehr und auch keiner seiner anderen neuen Freunde. Selbst die Friedhofslobby wies ihn ab, nicht einmal Grabplatten durfte er abstauben. Nur die Armenspeisung in der Moschee bewahrte ihn vor dem Verhungern. Zwar hätte Midian auch das verhindern können, aber die Beule auf der Stirn, die seine Schönheit vorübergehend entstellt hatte, war verheilt, und das aktivierte das Gute in seinem Herzen.
Wie befürchtet, machte Raymond St. Jones keinen Finger für seinen Freund krumm. Fiona und Barbara hätten ihm sicher geholfen, und sei es nur durch einen Scheck, aber Justin hatte kein Geld mehr zum Telefonieren.
Der britische Konsul riet ihm, Ägypten umgehend zu verlassen, weil dieser Midian eine VIP-Person sei, gegen die man nichts unternehmen könne. »Hier werden Sie kein Bein mehr auf den Boden kriegen, Mr. Forsythe. Aber mit Ihren exzellenten Arabisch-Kenntnissen müssten Sie doch in jedem anderen Land Arbeit finden«, sagte er.
»Und wie soll ich die Reise finanzieren?«
Der Konsul zuckte die Achseln und schenkte Justin eine Tüte Pfefferminzbonbons.
Schließlich ließ sich Justin in seiner Verzweiflung zu etwas herab, das er nie wieder hatte tun wollen: Er diente sich einer Schar Touristinnen als Schlafsack-Maskottchen an. Eine Marktlücke, auf die nicht einmal Midian Einfluss hatte. Auf diese Weise konnte Justin Ägypten verlassen. Kurz hinter der Grenze verlor sich seine Spur in der Libyschen Wüste.
8. Kapitel
Knallfrösche in der Medina
Auch Fiona und Barbara dachten über eine Ortsveränderung nach. Aber wohin? Heutzutage konnte man seine Cola-Dose nicht mehr ungefährdet in den Nil werfen oder sich in Algier eine Marlboro anzünden. Khomeinis Nachfolger lauerten unter jedem Schador, Israel verarschte Arafat, die Emirate forderten eigene Kondom-Fabriken und Saudi Arabien verhandelte mit den Mönchen auf Athos, wie man einen Staat in eine frauenfreie Zone umwandelt. Nur Tunesien verhandelte erfolgreich mit Neckermann. Fiona und Barbara sagten sich: Wir haben es uns verdient. Urlaub mit der TUI, und ab nach Tunesien! Preiswert war es obendrein.
Eine Woche später saßen sie bei einem Espresso in der Gartenanlage ihres Hotels in Hammamet. Fiona feilte an dem Flüchtlingsartikel, der ihre Karriere in Schwung bringen sollte. Barbara las einen neuen Thriller von Stephen King. Eine Familie, Vater, Mutter und drei Kinder wie die Orgelpfeifen, nahmen am Nachbartisch Platz und grüßten herüber. Fiona verzog höflich die Mundwinkel.
»Ich will ein Eis!«, quengelte der Junge.
»Ich auch!«, quengelte seine Schwester.
Der ältere Bruder zog die Hotelkatzen am Schwanz. Der Vater nörgelte, weil es kein Bier gab, und legte ein Taschenbuch auf die haarige Ablage, die über seine Shorts quoll.
»Schon lange hier?« Die Frau beugte sich plump vertraulich zu den Freundinnen herüber.
Barbara kehrte ihr demonstrativ den Rücken zu. Fiona blätterte eine Seite ihres Artikels um und antwortete zerstreut: »Den zweiten Tag. Und Sie?«
Die Frau nahm das als Aufforderung zum Gespräch und erwiderte: »Schon eine Woche. Denken Sie, als wir ankamen, da haben wir …«
Barbara stand abrupt auf und entfernte sich. Fiona zwang ihre gute Erziehung, sitzen zu bleiben.
Vor dem Hotel blieb Barbara kurz stehen, dann überquerte sie die Straße und schlenderte hinunter zum Strand. Ein Duft nach Sonnenöl und gebrutzeltem Fleisch hing in der Luft. Barbara schaute sich suchend um, doch eine Bratwurstbude konnte sie nicht entdecken. Dafür sah sie etwas anderes. Einige verschwitzte Touristen auf halbwegs ernährten Pferden bemühten sich, ihre Rosinanten zu bändigen. Kinder jammerten, weil ihre Hintern schon wund waren, Mütter machten furchtsame Gesichter und murmelten Trost, Väter versuchten zu beweisen, dass sie eigentlich im Sattel zur Welt gekommen waren.
Zwei dunkelhaarige, halbwüchsige Jungen preschten verwegen voran. Am Ende trabte ein gelangweilter Reiter, der wohl aufpassen musste, dass keiner herunterfiel. Die Frau vor ihm drehte sich ängstlich um. Ihr Pferd hatte einen kleinen Schlenker gemacht.
»Hoppi galoppi«, grinste der Reiter.
Die Frau strahlte ihn an. Das hatte sie verstanden. »Das sagen wir in
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