Brausepulver für den Papst
Sachen«, murmelte Barbara und guckte verlegen auf ihren leeren Teller.
»Gar nicht wahr! Ich habe nur ein paar Kolumnen über neue Verschönerungstechniken wie Splicing und Branding geschrieben!«, verteidigte sich Fiona.
Justin grinste. Allmählich verstand er, was die beiden Frauen verband. Fionas starke Seite hatte er schon zu spüren bekommen, und dass Barbara offenbar auch etwas für handfeste Spiele übrig hatte, machte ihn neugierig. Waren ihre schlabberigen Hosen und die billigen Turnschuhe nur Tarnung? Vielleicht verwandelte sie sich ja nachts in ein Teufelsweib und schwang die Siebenschwänzige?
»Was machen wir heute Abend?«, unterbrach Barbara seine Gedanken.
Midian beugte sich zu ihr hinüber. »Eine kleine Hinrichtung vielleicht?«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Oder eine saubere Pfählung?«
Er konnte nicht glauben, dass sich diese bieder aussehende Person tatsächlich mit solchen Sachen befasste.
Und wenn doch …?,
überlegte er.
Ich muss mir eine Diskette von ihren Spielen besorgen.
Aber im Augenblick beschäftigte ihn die Wirklichkeit weitaus mehr als
Virtual Reality.
Sein Ohrring klingelte verheißungsvoll, als er sich Justin zuwandte. »Justin und ich gehen ins
Blue Angel.
Da steigt heute Nacht die geilste Techno-Fete der Saison. Jede Menge Speed und Ecstasy.«
Justin schüttelte abwehrend den Kopf. »Kommt überhaupt nicht infrage! Wenn wir gehen, gehen wir zu viert.«
Midian grinste. »Ist mir auch recht. Eine Frau, die das Schwert von Assur schwingt, wird sich wohl auch auf die Tanzfläche schwingen können.«
»Sollten wir nicht zunächst über den Sudan sprechen?«, fragte Fiona geradeheraus. »Deshalb sind wir doch hier. Justin hat …«
Midian erhob sich und blinzelte ihr zu. »Erst kommt der Spaß, dann das Geschäftliche.«
Er warf den Kopf nach hinten und legte die Hände an den Gürtel. Sein Körper folgte irgendwelchen imaginären Rhythmen. Im Vorgarten des ›Il Destino‹ versammelten sich die Touristen, weil sie glaubten, ein Straßenkünstler gäbe eine Vorstellung. Einige setzten sich an die Tische. Hier war was los! Ja, das war eben Rom. Fotoapparate klickten. Ein Mann legte fünftausend Lire auf den Tisch.
Barbara kicherte, Fiona und Justin war alles furchtbar peinlich, aber irgendwie waren sie von Midians Schau auch fasziniert. Justin fasste sich als Erster. »Setz dich wieder hin!«, raunte er Midian zu. »Wir erregen Aufsehen.«
Midian wiegte sich schamlos in den Hüften und klatschte in die Hände. »Wo ich bin, tobt das Leben Justin. Oder stören dich die Ameisen, die aus ihren Löchern gekrochen kommen?«
Sein Becken kreiste und stieß. Eine ältliche Dame am Nebentisch rief empört: »Sieh dir das an, Hermann! Das ist ja obszön! Komm! Wir gehen!« Dabei quollen ihr die Augen aus den Höhlen. Selbst ihr Hermann begann zu schwitzen.
Wieder legte ein Gast Geld auf den Tisch und dann noch einer.
Sie bezahlen uns, und die ganze Piazza schaut zu!,
durchzuckte es Justin. Durch seinen Unterleib raste ein Stromstoß von tausend Volt. Jäh erhob er sich und zog sein Hemd aus. Gemeinsam mit Midian legte er einen hinreißenden Tanz hin. Sie klatschten in die Hände, ihre Schultern glitten hautnah aneinander vorbei, ihre Hüften berührten sich. Immer, wenn jemand Geld auf den Tisch legte, ging ein Adrenalinschub durch Justins Körper.
Leider wurde just in diesem Moment irgendwo ein Kassettenrekorder eingeschaltet, und Heino sang: ›Blau, blau, blau blüht der Enzian …‹ Die Stimmung war schlagartig dahin, der Touristenschwarm zerstoben. Nur zwei Japaner blieben lächelnd sitzen und nickten.
»Very buono spettacolo in old Europe, hai!«
Barbara hatte inzwischen das eingenommene Geld gezählt. »Dreihundertfünfundzwanzigtausend Lire!«, staunte sie.
Midian schob es ihr gönnerhaft zu. »Behalte es, Mädchen!«
»Oh, danke!«, freute sich Barbara. »Da kann ich mir ja den neuen Kunstband von Michelangelo kaufen.« Sie strich das Geld ein.
Justin und Midian ließen sich erhitzt auf die Stühle fallen. Midian tippte auf Justins bloße Schulter. »Was hast du denn da?«
Unwillig wischte Justin Midians Hand fort. »Eine Tätowierung«, sagte er abweisend.
»Oh!« Midian lächelte. »Ich habe auch eine, aber die kann ich hier nicht zeigen. Was soll sie denn darstellen?«
»Ein arabisches Symbol. Habe ich mir im Sudan machen lassen.«
»Darf ich mal sehen?« Midian beugte sich über Justins Schulter. »Ich kann nämlich Arabisch.«
Ehe Justin es verhindern
Weitere Kostenlose Bücher