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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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bevor mich eine zweite und dann eine dritte Welle überrollten.
    Tatius zog sich zurück, und ich sackte in seinen Armen zusammen. Jemand keuchte heftig und rang nach Atem. Dieser Jemand war ich. Ich schluckte und versuchte blinzelnd, einen klaren Blick zu bekommen, doch nichts fühlte sich wirklich an. Nichts als die warmen Arme um meine Taille, die breite Brust an meiner Wange. Ein dumpfes Grollen stieg aus meinem Innern empor, und mir wurde klar, dass ich schnurrte.
    Na ja, warum auch nicht? Ich fühlte mich gut, zufrieden. Wohlig schmiegte ich mich an den Körper, der mich in den Armen wiegte. Hatte ich nicht vorhin noch Panik gehabt? Es kam mir so vor, aber das war wohl nicht wichtig gewesen. Ich holte tief Luft und versuchte, die Witterung des Mannes einzuordnen, der mich hielt.
    Staubiger Stein. Heißes Metall. Meersalz.
    Ich blinzelte. Diese Gerüche kannte ich nicht. Zumindest nicht als die Witterung von jemandem, dem ich vertraute. Jäh riss ich den Kopf zurück und wand mich in Tatius’ Umarmung, um von seiner Brust fortzukommen. Immer noch in seinen Armen gefangen trat ich einen Schritt zurück, und diese Arme waren es, die mich aufrecht hielten, als mir die Knie nachgaben. Ich schluckte und konzentrierte mich darauf, stehen zu bleiben. Einfach nur allein stehen zu können, wäre schon eine Errungenschaft.
    »Lass mich los«, flüsterte ich.
    Er sah mich an, sah mich einfach nur mit seinen grünen Augen an, die vor Belustigung funkelten. »Du wirst hinfallen.«
    »Lass mich los.«
    Er ließ los.
    Meine Beine weigerten sich, mein Gewicht zu tragen, und ich fiel auf die Knie. Als Tatius ohne mich zu berühren mit mir nach unten sank, wurde mir bewusst, dass ich die Finger in seinem Netzhemd vergraben hatte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, mich an ihm festgehalten zu haben. Gewaltsam löste ich meine steifen Finger und stützte die Hände auf dem Fußboden ab, wo ich einen Augenblick auf allen vieren kauern blieb, um einfach nur ein- und auszuatmen. Dann rappelte ich mich auf die Füße. Meine Beine waren zwar wacklig, trugen mein Gewicht aber.
    Tatius beobachtete mich mit flammendem Blick, der mir die Haut versengte, bis mir das Blut in die Wangen stieg. Was ist los mit mir? Ich musste besser auf der Hut sein. Ein einziger kleiner Biss, und ich verwandle mich in eine einfältig grinsende Idiotin? Den Teufel würde ich tun!
    Also reckte ich das Kinn und sah mich um. Nathanial saß wieder auf dem Sofa, hatte den Blick jedoch niedergeschlagen. Er sah nicht hoch. Sah mich nicht an.
    Ich konnte es ihm nicht verdenken.
    »Jetzt zufrieden?«, fragte ich Tatius, wobei ich mich zwang, jedes letzte Quäntchen an gespielter Tapferkeit, das ich noch aufbringen konnte, in meine Stimme zu legen.
    Er sah nicht so aus, als ließe er sich davon täuschen, als er mich anlächelte. »Noch nicht. Aber es kommt der Sache schon näher.« Er legte den Arm um meine Taille, drehte mich herum und zog mich an sich, sodass wir Hüfte an Hüfte standen. »Du wirst heute Abend an meinem Arm sein. Eremit, kommst du? Wir haben eine Verabredung mit der Sammlerin.«
    Nathanials Kopf fuhr hoch. Ich hatte ihn schon ein einziges Mal zuvor rasend vor Wut erlebt, und es war ein furchterregender Anblick gewesen. Es war nicht weniger beängstigend, seine Lippen vor Wut schmal und seine grauen Augen weit aufgerissen und verletzt zu sehen. Er starrte mich an, und diesmal war ich diejenige, die den Blick niederschlug.
    »Reiß dich zusammen«, schalt ihn Tatius. »Wir werden uns als vereinte Front präsentieren, wobei all meine Ratsmitglieder die Tatsache untermauern werden, dass meine Gefährtin nichts mit dem Dahinscheiden der Albino-Frau zu tun hatte.«
    »Deine Gefährtin?« Nathanials Worte waren kaum mehr als ein gebrochener, kratzender Laut, der aus seiner Kehle drang. Er sah Tatius an. Die Wut in seinem Gesicht war schwächer geworden, stattdessen hatte ein scharfer Zug von Angst ihre Stelle eingenommen. Einen ähnlichen Ausdruck hatte ich schon bei Tieren beobachtet. Die Frage in ihren Augen war kein Anzeichen dafür, dass sie geschlagen waren– es war die Angst, in die Ecke gedrängt zu werden. Ein in die Ecke gedrängtes Tier war tödlich.
    Tatius streichelte mir übers Haar. »Ja, meine Gefährtin.«
    Eine Feststellung. Keine Frage. Ohne Verhandlungsspielraum.
    Ich versuchte, mich loszureißen. »Nein.«
    Er zog eine seiner gefärbten Augenbrauen hoch. »Nein? Meine Liebe, du hast in dieser Angelegenheit kein Mitspracherecht. Du

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