Braut der Nacht
Flüstern, das durch den Saal knisterte wie die Zündschnur eines Feuerwerkskörpers, bereit, uns jederzeit um die Ohren zu fliegen.
Unhöflich hin oder her, jetzt starrten mich alle an, und das Gewicht ihrer Blicke erdrückte mich beinahe. Ich füllte meine Lungen noch einmal mit der explosiven Luft.
»Die kopflose Frau. Einer von ihnen hat von ihr getrunken. Heute Nacht.« Mit einem Nicken deutete ich auf den Haufen Vampire vor mir.
Ich war nicht nahe genug, um zu unterscheiden, welcher Vampir das Opfer angezapft hatte, und da meine Nase allmählich versagte, würde ich direkt an ihrer Haut schnuppern müssen, um das sagen zu können. Ich trat einen Schritt vor.
Halt! Keine Bewegung. Kein Wort.
Ich zuckte zusammen, als Tatius’ Worte durch meinen Verstand schnitten. Ich hatte das dringende Bedürfnis, mir die Hände über die Ohren zu halten, doch dadurch würde ich überhaupt nichts erreichen. Na ja, abgesehen davon, Tatius noch wütender zu machen.
»Geht es deiner Gefährtin nicht gut?«, fragte Elizabeth, dabei gelang es ihr, gleichzeitig sowohl besorgt als auch beleidigt zu klingen.
»Elizabeth«, sagte die Sammlerin, aber ihre Stimme klang leer, ohne Warnung oder Gefühl darin. Sie wandte sich an Tatius. »Was hat das zu bedeuten, Puppenspieler?«
»Ich würde es eine interessante Entwicklung nennen«, antwortete er und hakte die Daumen in seinen mit Nieten beschlagenen Gürtel. »Fahr fort, Kita«, befahl er, ohne mich anzusehen, dann schnitt seine Stimme wieder durch meinen Verstand: Du hast dieser kleinen Behauptung besser etwas hinzuzufügen. Fass dich kurz und bündig. Hier stehen Leben auf dem Spiel. Eins davon ist definitiv deines.
Na, Scheiße.
»Es ist der Geruch«, sagte ich, den Blick auf den gewebten Gürtel um die Taille der Sammlerin geheftet. »Jemand trägt den Körpergeruch des Harlekins unter seiner Haut. Das passiert nur bei einem Austausch von Blut.«
Jemand?, vernahm ich Tatius’ Stimme in meinem Kopf. Seine Verärgerung war deutlich zu hören, obwohl sich seine Miene nicht veränderte. Laut sagte er: »Äußerst faszinierend, würdest du nicht auch sagen, Sammlerin?«
»Soll dies eine Anschuldigung sein?« Ihre Stimme war wieder leise, und ein Unterton des Zorns verlieh dem Satz Schärfe. »Ich darf dich daran erinnern, Puppenspieler, dass mein Mensch getötet wurde, nachdem uns in deiner Stadt freies Geleit zugesichert wurde.« Die Tatsache, dass es seine Ehre war, die in Zweifel gezogen wurde, blieb unausgesprochen, war jedoch unmissverständlich.
Gelassen zuckte Tatius mit den Schultern. »Kein einziger Vampir, den ich befragt habe, hat die Frau lebend gesehen. Es wäre hilfreich, zu wissen, wer der Letzte war, der sie sah.«
Und das klang tatsächlich vernünftig.
Die Sammlerin neigte den Kopf, ohne sich jedoch zu ihren Leuten umzudrehen. »Hat jemand von euch heute Abend von Luna getrunken?« Niemand antwortete, und ein Lächeln kroch langsam wie wachsende Frostblumen über ihr Gesicht. »Wie ich es mir dachte.«
Tatius’ Blick huschte zu mir, nur ganz flüchtig. Bist du dir sicher?
Sollte ich allen Ernstes auf eine Frage antworten, die nur ich gehört hatte?
Ich machte einen Schritt vorwärts, um zu versuchen, die Witterung des Opfers erneut aufzunehmen, doch die beiden Bodyguards kamen mir zuvor. Sie waren schnell, schneller als ich es bei Nathanial je gesehen hatte. In einem Augenblick standen sie noch etwas abseits und im nächsten waren sie mir bereits auf die Pelle gerückt und verstellten mir den Weg.
Ich stolperte rückwärts. Der bulligere der beiden verschränkte Arme vor der Brust, die dicker waren als meine Oberschenkel– direkt auf meiner Augenhöhe und keine dreißig Zentimeter von meiner Nase entfernt. Der andere war kleiner, drahtig und hatte kantige Züge und kleine, zusammengekniffene Augen. Er war nicht viel größer als ich, und ich war ein Knirps. Höhnisch verzog er die grausamen Lippen, dabei blitzten seine Fangzähne auf. Er trat noch einen Schritt näher und reckte übertrieben die fünf Zentimeter, die er größer als ich war.
Ich zeigte ihm meinerseits ein wenig die Zähne, doch dann erstarrte ich. Auf diese kurze Entfernung konnte ich mit der Wärme, die von ihm ausging, auch seinen Körpergeruch wahrnehmen. Und ich kannte diesen Geruch.
Ich wich zurück und prallte mit den Schultern gegen Tatius’ Brust. Wann ist er hinter mich getreten? Doch das war nicht wichtig. Er legte mir die Hand an die Taille, als ich auf den drahtigen
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