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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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Augenblick ging er wieder zurück und versuchte es mit der Tür auf der anderen Seite der leeren Stelle, die ihn zu interessieren schien. Auch diese Tür schlug er zu und schlich wieder zurück zur Wand. Tastend strich er über die dunkle Wandfarbe, mit vor Konzentration angespannter Miene.
    Er ballte die Fäuste, und aufgeheizte Energie sickerte in den Raum. Will er sich verwandeln? Ich ertappte mich dabei, dass ich einen Schritt zurückstolperte, doch Degans Haut platzte nicht auf. Stattdessen wurde die vordere Partie seines Gesichts länger und seine Nase breiter, dicker, glänzender.
    Ich starrte ihn an. Er hatte seine Nase in eine Wolfsnase verwandelt. Nur seine Nase. So wie ich nur meine Hände in Krallen verwandeln kann. Ich hatte sowohl meinen Vater als auch den Torin eines der Bärenclans ihre Krallen in menschlicher Gestalt ausfahren sehen, aber noch nie hatte ich gesehen, dass ein Shifter seine Nase verwandelte, ohne vollständig die Gestalt zu wechseln.
    Degan presste seine neue, hochempfindliche Nase an die Wand und schnupperte. Ging einen Schritt. Schnupperte wieder.
    »Da ist noch ein anderes Zimmer.« Es war keine Frage, sondern eher, als denke er laut.
    Vor mir versteifte sich Nathanial.
    Ich wusste, warum. Irgendwo entlang dieser Wand war ein Durchgang zum fensterlosen Teil des Hauses. Es war nicht gerade ein öffentlicher Bereich. In Anbetracht der Tatsache, dass ich kurz vor der Morgendämmerung einschlief und nicht eher aufwachte, bis es wieder vollständig dunkel war, ganz gleich, was auch geschah, war ich von der Vorstellung, dass ein potenzieller Feind wusste, wo ich meine verwundbarsten Stunden verbrachte, nicht gerade begeistert.
    Degan blickte hoch, und Nathanial zuckte mit den Schultern. »In dieser Wand sind nur drei Türen«, sagte der Vampir.
    Degan schnaubte. »Drei?« Dann sog er überrascht den Atem ein, und ich biss mir auf die Zunge, um mich daran zu hindern, meine Verblüffung zu zeigen.
    Jetzt befanden sich tatsächlich drei Türen in der Wand. Nathanial musste eine Illusion geschaffen haben. Das war die einzige Möglichkeit, wie sich das plötzliche Auftauchen der Tür erklären ließ.
    Die Tür öffnete sich auf einen dunklen Gang, den ich von vorhin wiedererkannte. Degan blickte finster drein, als er über die Schwelle trat, aber er fragte nicht. Ich folgte ihm, und in der Dunkelheit fing ich den schwachen Hauch von getrocknetem, saurem Blut auf. Nervös trommelte ich mit den Fingern gegen meinen Oberschenkel, während ich weiterging. Ich war mir sicher, dass ich haargenau wusste, was Degan hierhergeführt hatte, aber ich wollte, dass er meine Theorie bestätigte.
    Degan lief den Gang entlang wie ein Hund auf einer frischen Fährte. Er stieß die Badezimmertür auf, und als Nathanial und ich das Zimmer erreichten, beugte er sich bereits über die Wanne, in der ich aufgewacht war. Er strich mit einem Finger über den Boden der Wanne und hielt ihn sich dann unter die Nase.
    Energie strahlte von seiner Haut aus. Sein Wolf lauerte so dicht unter der Oberfläche, dass ich seine drohende Verwandlung quer durch den ganzen Raum spüren konnte. Degan blickte hoch und heftete seine dunklen Augen auf mich.
    »Warum hast du hier geblutet?«, fragte er.
    Kribbelnde Wolfsenergie wogte mir entgegen.
    Scheiße, er wird sich verwandeln. Diesmal vollständig. Und er würde sich nur verwandeln, wenn er vorhatte, anzugreifen.
    Ich krümmte den Rücken, und die Härchen in meinem Nacken sträubten sich als Reaktion auf das Summen wütender Wolfsenergie im Raum. Ohne richtig zu bemerken, dass ich zurückwich, stolperte ich rückwärts, bis ich an die Wand stieß. In die Ecke gedrängt. Ein Krampf zuckte durch meine Hand. Blut lief mir die Finger entlang, als sich meine Krallen gewaltsam ihren Weg aus meinen Fingerspitzen bahnten.
    Als Degans Blick auf meine Hand fiel, ließ er seinen Mantel zu Boden gleiten und ging in die Hocke, um die Gestalt zu wechseln. Scheiße.
    Geschmeidig trat Nathanial vor mich. Während Degans Wut, seine Absicht, gewalttätig zu werden, in Wellen von ihm ausstrahlte, war Nathanial das Auge des Sturms– reglos, ruhig und bereit, den Clanlosen ohne Gnade zu vernichten. Ich musste diese Situation entschärfen. Und zwar schnell.
    Ich wedelte mit meiner krallenbewehrten Hand. »Stopp!«
    Keiner der beiden Männer sah mich an.
    »Mondverflucht noch mal! Hier ist niemand gestorben, Degan.«
    Er schien mich nicht zu hören. Der Energielevel stieg noch eine Stufe höher. Wolf.

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