Braut der Nacht
zwischen uns aufgeflammt war. Ich hasste den kleinen Stich der Enttäuschung, den mir diese Tatsache versetzte.
Nathanials geheimes Zuhause lag in der Nähe von Sydney Park, aber Degans Weg führte uns in einen geschäftigeren, stärker am Nachtleben orientierten Bereich der Stadt. Ich verkrampfte mich, als wir am Death’s Angel vorbeiflogen, aber keine Legion von Vampiren brach durch die Tür heraus, entschlossen, uns zurückzuschleppen. Bald schon verblassten seine schwarzen Lichter hinter uns. Wir waren nur drei Straßen vom Klub entfernt, als Degan geduckt in eine Gasse huschte und stehen blieb.
Der clanlose Shifter hatte sich während des ganzen Wegs nicht nach uns umgesehen– Nathanial hatte ihm gesagt, dass er uns nicht würde entdecken können–, aber nun suchte er die Straße ab, um uns zu finden.
Nathanial landete hinter Degan. Schnee knirschte unter meinen nackten Füßen, als Nathanial mich absetzte, woraufhin Degan herumfuhr. Energie sickerte in die Nacht hinaus. Seine Augen wurden schmal, aber er nickte uns nur zu, ohne sich den Aufruhr anmerken zu lassen, den ich um ihn herumwirbeln spürte. Ich nahm es ihm nicht übel– Raubtiere wurden reizbar, wenn man sie erschreckte.
»Hier lang«, sagte er und ging zu den mit Brettern vernagelten Fenstern eines geschlossenen Nachtklubs.
Dem Gebäude haftete ein Hauch von beißendem Rauch an, was einen Hinweis darauf lieferte, warum es verlassen aussah, während der Rest der Gegend pulsierendes Nachtleben beherbergte. Degan schob die Finger unter ein großes Stück Sperrholz und zog es mühelos beiseite. Zu leicht, selbst für jemanden mit der Kraft eines Gestaltwandlers. Eindeutig hatte das vorher schon jemand gemacht. Die Frage war, ob Degan diesen provisorischen Eingang geschaffen hatte oder ob er einfach nur darüber gestolpert war. Er verschwand in der dunklen Öffnung, und ich machte Anstalten, ihm zu folgen, doch Nathanial hob die Hand und hielt mich auf.
»Für den Fall, dass es ein Trick ist«, flüsterte er. Dann schlüpfte er an der schiefen Holzplatte vorbei.
Ich gab Nathanial fünf Sekunden Vorsprung– er hatte vorhin nur wenige Augenblicke gebraucht, um Degan zu besiegen–, dann zog ich mit meiner guten Hand das Holz beiseite und stieg hinein.
In der Gasse war der Geruch nach Rauch nur ein Hauch gewesen, aber im Innern des beschädigten Gebäudes drohte er, meine Sinne zu überwältigen. Ich rümpfte die Nase.
Komm schon. Wittere durch den Brandgestank hindurch.
Ich sog erneut die Luft ein. Unter dem beißenden Geruch nach verbranntem Holz fing ich getrocknetes Blut und den sauren Geruch nach etwas Fremdartigem auf. Ein fremdartiger Geruch, der verteufelt nach dem Blut roch, das Biana mir aus den Adern gelassen hatte.
Meine Vampiraugen gewöhnten sich sofort an die tintenschwarze Dunkelheit im Innern des Gebäudes, aber außer Degan und Nathanial gab es nicht viel zu sehen. Verkohltes Holz, kaum noch als Tische und Stühle erkennbar, lag in dem großen Raum verstreut. Eine geschwärzte, riesige Masse nahm die Hälfte des Raums ein, und ich vermutete, dass es einmal eine Bar gewesen war. Stützbalken, die vom oberen Stockwerk heruntergestürzt waren, unterbrachen die Fläche, als habe sich ein Designer entschieden, den Saal nach einem post-apokalyptischen Thema zu dekorieren. Von einer hölzernen Treppe waren ein paar untere Stufen übrig geblieben, aber der Rest war ein Raub der Flammen geworden.
Ich ging zur Mitte des Raums, ging dann im Kreis herum und kehrte wieder zurück. »Keine Leiche.« Und auch keine Blutlache.
Degan deutete nach oben, und ich hob den Blick zur dunklen, halb eingestürzten Decke. Okay. Erster Stock. Aber die Treppe war zu Asche verbrannt. Nathanial konnte mit uns nach oben fliegen, aber wenn Degan nicht über einen der heruntergefallenen Stützbalken nach oben geklettert war, dann wusste ich nicht, wie er die Leiche überhaupt hatte finden können.
Der Clanlose blieb beim Eingang stehen und beobachtete mich. Was denn, soll ich vielleicht ganz allein draufkommen? Ich sah zu Nathanial hinüber. Er blickte nach oben, dann erhob er sich in die Luft. Degan zuckte erschrocken zusammen, und seine Hand tastete nach irgendetwas in seiner Manteltasche. Mit großen Augen starrte er Nathanial an, der mitten in der Luft zwischen den beiden Stockwerken schwebte. Theoretisch hatte Degan gewusst, dass Nathanial fliegen konnte, aber zu akzeptieren, dass etwas möglich war, und den Beweis vor sich zu sehen, waren zwei
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