Braut der Nacht
deutete mit einem Finger auf mich. »Und lass der da angemessene Kleidung geben.«
So eine … Ich biss die Zähne zusammen, um den heftigen Wortschwall zurückzuhalten, der mir über die Lippen zu strömen drohte. Ich trage verdammt noch mal mehr Kleidung als die Herrin von Demur und ihre zwei Leckerbissen. Nicht dass ich mit ihnen verglichen werden wollte. Ich schob die Hände in die Taschen und starrte dem Gefolge der Sammlerin finster hinterher, als sie nacheinander den Raum verließen. Nathanial machte keine Anstalten, ihnen zu folgen, also warteten wir anscheinend auf die Gastfreundschaft der Herrin von Demur.
Die blonde Frau starrte die Tür an. Ihr stieg keine Farbe in die Wangen, aber wenn, wäre es nicht verwunderlich gewesen– ihre Wut, die sich in der Luft um sie herum zusammenbraute, war regelrecht greifbar. Ich trat von einem Fuß auf den anderen. Sobald die Sammlerin weit genug fort war, wandte sich die Blondine wieder zu Nathanial und mir um und musterte uns abschätzig.
»Und ihr seid wer?«, fragte sie. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und trommelte mit ihren langen, rot lackierten Fingernägeln gegen die Ellbogen.
Nathanial machte eine kleine Verbeugung. »Ich bin als der Eremit bekannt.«
Sie spitzte die vollen Lippen und ließ den Blick über ihn wandern, aber es war kein hungriger Blick und ganz gewiss kein sexueller. Nein, die Augen dieser Vampirin waren Waagschalen.
Nathanial lächelte sie an. Es war ein betörendes Lächeln, das ihre harten Züge weicher werden ließ. Außerdem war es falsch. Er streckte ihr die Hand hin. »Und du musst die strahlende Aphrodite sein, die Herrin von Demur. Der Ruf deiner Schönheit hat mich sogar in meiner Zurückgezogenheit erreicht.«
Mit welchen Waagschalen sie ihn auch abgewogen haben mochte, das Gleichgewicht verschob sich und neigte sich zu seinen Gunsten. Sie öffnete die verschränkten Arme, stützte eine Hand in die Taille, und schob die Hüfte ein wenig zur Seite, um ihre Sanduhrfigur zu betonen. Die andere Hand legte sie in Nathanials angebotene Handfläche. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Fingerknöchel.
»Du bist nicht so alt, wie sich deine Macht anfühlt«, sagte sie, und es war eine Feststellung, keine Frage. »Ja, ich bin Aphrodite. Du und deine Gefährtin, ihr seid in meiner Stadt willkommen, Eremit.« Sie drehte sich um und gab einem der jungen Männer auf dem Boden ein Zeichen. Benommen hob er den Kopf. »Daniel, führe sie in ein Gästezimmer.«
»Warte! Sei vorsichtig, was du sagst. Jemand könnte uns belauschen.«
Auf der anderen Seite der Leitung war es so still, dass ich glaubte, Bobby habe vielleicht aufgehängt. Verdammt, ich war überrascht, dass er überhaupt abgehoben hatte. Das Telefon hatte nie geklingelt, während ich bei Nathanial zu Hause war, und Nathanial hatte zwei Versuche gebraucht, bevor er sich an seine eigene Telefonnummer erinnert hatte.
»Wo bist du?«, fragte Bobby schließlich.
»Erlaubt dir deine Jäger-Befugnis, die Stadt zu verlassen?«
Ich konnte regelrecht durchs Telefon hören, wie er die Stirn runzelte. »Ich sehe mal, was ich machen kann. Wo bist du?«
»In der Stadt, in der unsere Schwierigkeiten angefangen haben.«
»Du meinst D…«
Ich fiel ihm ins Wort. »Versuch einfach hierherzukommen. Gil wird sich mit dir treffen, sobald du hier bist.« Oder zumindest hoffte ich das. Ich hatte noch nicht mit ihr gesprochen.
»Kita, was ist los?«
»Ich… Du wirst mir einfach vertrauen müssen, Bobby. Oh, und Nathanial möchte, dass du Regan einstweilen beim Tierarzt unterbringst. Seine Nummer hängt am Kühlschrank. Ich muss jetzt aufhören.« Ich legte auf, ohne mich zu verabschieden.
Nathanial beobachtete mich vom Rand des Kingsize-Betts aus, das den kleinen Raum beherrschte, in den man uns geführt hatte. Er hatte nur wenig gesprochen, seit wir angekommen waren, und mich gewarnt, auf meine Worte zu achten. Als ob ich nicht wüsste, dass unser Gästestatus eher in Richtung »Gefangene« ging. Ich war schon an schlimmeren Orten festgehalten worden– Mama Nedas Keller kam mir da in den Sinn, direkt nach meiner Verwandlung durch Nathanial an eine Matratze gefesselt–, aber ich hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir beide gefangen und unter Beobachtung waren.
Die großen Glastüren und das gewaltige Aufgebot an dekorativen Spiegeln garantierten, dass man uns an jeder Stelle des Zimmers sehen konnte. Das riesige Bett hatte zarte, cremefarbene Vorhänge, die mit goldenen
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