Braut der Schatten
der Zunge über einen Fangzahn.
Mit Mühe unterdrückte sie ein Schaudern. »Denk nicht mal an mein Blut. Ich bin immer noch sauer auf dich.«
In Wahrheit konnte sie nicht länger wirklichen Ärger deswegen empfinden. Schließlich hatte er sie gewarnt, und es war ja nicht so, als hätte er sie in den Hals gebissen.
Seit letzter Nacht war ihre Empörung merklich abgekühlt und hatte sich eher in … Neugier verwandelt. Vielleicht empfand sie sogar eine gewisse Erregung? Immer wenn sie an seine Reaktion auf den Geschmack ihres Blutes dachte, überlief sie eine Gänsehaut, die durchaus nicht unangenehm war. »
Dulcea!
«, hatte er gestöhnt. Süß.
Wenn er damit tatsächlich ihre Erinnerungen aufgenommen hatte, war der Schaden bereits angerichtet. Sie ermahnte sich noch einmal:
Es hat keinen Sinn, über vergossenes Blut zu weinen – was geschehen ist, ist geschehen.
Aber vielleicht war sie auch einfach nur betrunken.
»Ich bitte dich um Verzeihung, Bettina. Wenn ich mit dir zusammen bin, ist es nur allzu schnell um meine Selbstbeherrschung geschehen.«
Ich, Bettina der Sonderling, bringe einen jahrhundertealten Vampir dazu, die Selbstbeherrschung zu verlieren.
Sie seufzte.
Wunderbar.
»Was dieses Bankett betrifft«, fuhr er fort, »ich
kann
essen. Und Wein trinken.« Er hob
ihr
Glas und nahm einen ordentlichen Schluck daraus, ehe er es ihr reichte. Besitzergreifend.
Wahrnehmung ist Realität.
»Ich werde beides tun, wenn du dich dann wohler fühlst.«
Auch in dieser Nacht ließ Dakiano wieder einmal all seinen Charme spielen. Dazu kamen sein gutes Aussehen und sein vornehmes Auftreten. Aber sie war immun dagegen –
auf jeden Fall!
Verdammt noch mal, sie war entschlossen zu einem Neuanfang mit Cas. Von
dieser
Minute an.
Sie würde nicht zulassen, dass der Vampir ihr weitere Zweifel einpflanzte. Denn als sie heute versucht hatte, sich
Caspion
vorzustellen, wie er dem Bad entstieg, hatte sie nichts gesehen als dunkelgrüne Augen, schwarzes Haar und einen perfekten Körper, der vor vampirischer Lust nur so strotzte.
Dakiano konnte sie glatt dazu bringen, ihrem eigenen Herzen zu misstrauen, wenn sie das zuließ. »Wohlfühlen, Vampir? Nur, weil du versuchst, all die Unterschiede zu verschleiern, die zwischen uns stehen?«
»Ja.«
Völlig durcheinander wandte sie den Blick ab und sah auf das Programm für diese Nacht. Der nächste Kampf wurde zwischen den beiden Feuerdämonen ausgetragen. Ihr war egal, wer von ihnen das Duell gewinnen würde. Genau genommen war sie einzig an den Kämpfen von Cas, dem Vampir, von Goürlav und – seltsamerweise – dem Lykae interessiert.
Sie verstand nicht, warum der Wolf nicht in der Lage war, die Bestie in sich zu bezähmen. Alle Lykae-Männer, denen sie bisher begegnet war, hatten nur so übergesprudelt vor sinnlichem Charme – attraktive Schotten mit einem schamlosen Grinsen und einem umfangreichen Repertoire sexueller Anspielungen.
Doch diese Kreatur schien aus nichts als Schmerz und Verwirrung zu bestehen. Als der Lykae vorhin sein Duell gegen einen Wutdämon gewonnen hatte, hatte er sich danach über die Leiche hergemacht und von ihr gefressen. In weite Umhänge gehüllte Warlocks hatten den Lykae mit Drogen betäubt und ihn fortgeschleppt. Seine Besitzer. Es war widerwärtig.
Aber sie konnte nichts dagegen tun. Die machtlose Königin – in mehr als einer Hinsicht.
Als sie einem Diener winkte, ihr nachzuschenken, runzelte Dakiano die Stirn. »Trinkst du immer so viel?«
»Nein, aber wenn es dich stört, werde ich noch viel öfter trinken.« Sie dankte dem Diener.
»Das kann ich zu meinem Vorteil nutzen.«
»Oh, und wie denn?«, fragte sie, die Lippen schon am Rande des Kelchs.
»Das wirst du bald sehen. Jetzt verrate mir, welche Kreation du heute trägst.« Er hob ihre Hand und musterte den großen Ring an ihrem Zeigefinger.
Normalerweise nutzte sie jede Gelegenheit, um über ihren tödlichen Luxus zu reden, bis die Augen ihrer Zuhörer glasig wurden, aber diesmal antwortete sie knapp und mit genervter Stimme: »Giftabgabe. Standardmodell.«
Die meisten Sorceri besaßen mindestens einen Giftring. Die Angehörigen ihrer Art waren begabte Giftmischer, die nicht zögerten, ihre Kunst zum Einsatz zu bringen. Sie demonstrierte Dakiano, wie der Ring funktionierte, indem sie die Handfläche nach oben kehrte und den Deckel der bis an den Rand gefüllten Vertiefung öffnete.
»Und so würdest du den Inhalt in ein Glas schütten?«
»Ja, oder ich könnte jemandem das
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