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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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als dann auch noch Fra Giorgio, der in den Carceri lebte, durch Gift getötet wurde und ich das hier fand« – er zog den Beutel heraus, entnahm ihm die Karte und faltete sie auf –, »mit einem Pfeil unter die Hand des Toten genagelt, da musste ich einfach nach Rieti reiten, um im heiligen Tal Gewissheit zu bekommen.«
    Johannes gönnte der Blutkarte nur einen kurzen Blick. »Aber dort bist du auch nicht mehr, sondern hier in Rom. Was ist geschehen, Fratello Leo?«
    »Es gibt einen weiteren Toten zu beklagen: Fra Sebastiano, der jahrzehntelang als Einsiedler in Fonte Colombo gelebt hat. Begraben von einer Steinlawine. Stella und mich hätte sie um ein Haar auch mitgerissen, denn wir standen unweit von ihm.«
    Eine Weile blieb es still in der Zelle.
    »Der Name Stella klingt seltsam in meinen Ohren«, sagte Johannes schließlich. »Franziskaner sollen zwar stets einen Gefährten haben, wenn sie auf Reisen sind, so lautet
eine alte Empfehlung unseres Ordens, aber sicherlich keinen weiblichen.«
    »Und doch ist Stella die beste Gefährtin, die sich denken lässt!«, brach es aus Leo heraus. »Liebevoll, klug, ausdauernd. Sie hat für mich übersetzt, war meine Zunge und mein Ohr …«
    »Vor allem aber dein Herz, nicht wahr?«, unterbrach ihn Johannes. »Du liebst diese Frau, Leo. Deine Augen und deine Stimme verraten es mir.«
    Leo sank auf die Knie. »Es ist, als würde ich fühlen, was sie fühlt. Wenn sie traurig oder froh ist, dann spüre ich es in meinem Körper, etwas, das ich noch niemals zuvor erlebt habe. Glaub nicht, ich hätte mich nicht dagegen gewehrt! «, rief er. »Ich habe alles nur Denkbare versucht, das musst du mir glauben! Habe zu Gott gefleht, diese verbotenen Gefühle von mir zu nehmen, habe mich der Nahrung enthalten, um durch Fasten nüchtern zu werden. Ich bin aus Assisi fortgegangen, ohne ihr Lebewohl zu sagen, in der Hoffnung, damit alles hinter mir zu lassen. Doch Stella ist mir heimlich nachgeritten und hat mich, nach einem Hundebiss krank und hilflos, aufgefunden. Ich lag auf Leben und Tod – wie hätte ich sie da wegschicken können?«
    »Danach seid ihr zusammengeblieben?«
    Leo nickte. »Ich dachte, sie könnte mir dabei helfen, endlich sehend zu werden und all diese verwirrenden Rätsel zu lösen. Doch nach dem Tod Sebastianos schlug plötzlich die Stimmung um. Und als dann ein Stein in meine Kammer flog, der eigentlich Stella gelten sollte, bin ich hinüber zu ihr gegangen …«
    »Du hast ihr beigelegen?«, sagte Johannes.
    »Ich weiß, dass ich damit meine Gelübde verletzt und eine schwere Sünde begangen habe, aber …« Leo sah zu
ihm empor, und sein Gesicht schien von innen zu glühen. »… noch nie im Leben war ich glücklicher!«
    Johannes ging zum Tisch und starrte auf die Karte.
    »Vorhin klang es, als bätest du mich um Absolution«, sagte er. »Aber jetzt, glaube ich, kann ich sie dir nicht erteilen, Fratello Leo. Du weißt, weshalb?«
    »Weil die Reue fehlt«, flüsterte Leo. »Und doch bin ich zur Buße bereit.«
    »Welchen Sinn würde Buße ohne Reue machen? Ich fürchte, ich kann dich nicht erlösen, mein Freund.«
    Plötzlich war es, als griffe eine kalte Hand nach Leos Herzen. Alles, wofür er so viele Jahre gelebt hatte, schien sich aufzulösen. Wenn er kein Mönch mehr sein durfte – was blieb dann noch von ihm übrig?
    Er räusperte sich, und dennoch blieb seine Stimme belegt.
    »Du wirst mir die Mission entziehen?«, brachte er mühsam hervor. »Niemand als ich könnte dich besser verstehen. «
    »Mitnichten.« Johannes’ Stimme klang freundlich. »Du wirst weitermachen, ebenso gründlich und unbestechlich wie bisher. Ich freue mich darauf, deine Erkenntnisse zu erfahren.«
    »Ein Sünder wie ich soll beurteilen, ob eine fromme Frau wie Madre Chiara eigene Klosterregeln verdient?« Ungläubig starrte Leo zu Johannes empor.
    »Sind wir nicht alle Sünder?« Leicht wie ein Flügelschlag senkte sich dessen Hand auf Leos Schulter. »Und steh endlich auf! Es wird allmählich Zeit, dass zwischen uns wieder das normale Größenverhältnis herrscht.«
    Leo gehorchte. »Aber du bist der Generalminister unseres Ordens«, sagte er.
    »Wir sind alle Brüder, vergiss das nicht!« Johannes’
Augen blitzten im Kerzenschein. »Nichts anderes hat der poverello gewollt und Hierarchien, Organisationen, Urteile – all das, womit ein Mensch sich über einen anderen stellt – aus tiefstem Herzen verachtet. Schau dich doch hier einmal um! Selbst diese karge Zelle, die Abt

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