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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zurück in das harte Leder und wagte kaum auszuatmen. Doch seine Behandlung stellte sich als erfolgreich heraus. Sie spürte
kaum noch etwas von dem Schmerz und konnte wieder mühelos gehen.
    »Komm!« Ungeduldig winkte der Einsiedler sie weiter.
    Sie folgte ihm, nicht ohne zu registrieren, wie unsicher sein Gang war. Litt er noch immer unter Beschwerden? Oder waren jene geheimnisvollen Teufelsaugen, wie er jene Samen genannt hatte, die sie ihm auf sein Geheiß verabreicht hatte, nach wie vor wirksam?
    Als die grauen Klostermauern vor ihnen auftauchten, fragte Stella sich, ob er seinem Vorsatz untreu werden und sie doch hineinlassen würde.
    Doch Stefano bog kurz vor der Tür scharf nach links ab und schlurfte weiter, bis er vor einer winzigen Kapelle haltmachte.
    »Das Wunder von Bethlehem«, sagte er. »Du sollst es mit eigenen Augen zu sehen bekommen.«
    Es war dämmrig in dem engen Raum, in den er sie führte, doch vor dem schlichten Altar, den ein weißes Tuch bedeckte, brannten einige Kerzen.
    Reichlich verdutzt starrte Stella auf eine mit halb vermodertem Stroh gefüllte Krippe und die beiden ungeschlacht geschnitzten Holzfiguren, die daneben knieten.
    »Beinahe in Lebensgröße.« Stefanos Stimme bebte vor Stolz. »Und an jenem Abend so lebendig, als habe der Allmächtige höchstpersönlich ihnen Leben eingehaucht. Damals war es eine nackte Höhle, doch sie war so feucht, dass alles verrottet wäre. So habe ich mit eigenen Händen dieses neue Zuhause gebaut – steinerne Mauern, die die heilige Familie umschließen, erleuchtet von Kerzen, die ich niemals ausgehen lasse.«
    Stella nickte zurückhaltend, weil sie nicht recht wusste, wie sie reagieren sollte, doch Stefano schien ihr Zögern gar nicht zu bemerken.

    »Gott ist Mensch geworden!«, rief er emphatisch. »In jener Weihnachtsnacht von Greccio, als der fromme Johannes das alles hier für Francesco ausrichtete, wahrlich wie zum zweiten Mal. Aus dem ganzen Tal kamen sie, Männer und Frauen, mit Kerzen und Fackeln, um die Nacht zu erleuchten. Frisches Stroh brachten sie, einen Ochsen, einen Esel und ebendiese Krippe, in die sie das Jesuskind betteten. Hell wie der Tag wurde die Nacht, der Wald erschallte von Stimmen, und die Felsen hallten wider vor Jubel. Kannst du es hören?«
    Stella schloss die Augen. Und plötzlich war es da, ein feines, melodisches Singen, das langsam an Lautstärke gewann. Hinter ihren Lidern wurde es hell – ein Glanz, der sie zu blenden drohte, so stark war er.
    Jetzt sah sie das Kind im Stroh liegen, winzig und zerbrechlich, und doch voller Kraft. Es verzog seinen Mund und begann zu weinen, doch Maria neigte sich zu ihm, nahm es heraus und legte es an ihre Brust. Sofort verstummte das Jammern. Das Kind schloss die Lippen um ihre Brustspitze und fing an zu trinken.
    »Die Mutter und das göttliche Kind«, hörte sie den Eremiten sagen. »Die stärkste Einheit von allen, bis in den Tod. Diese Kraft heiligt diesen Ort. Hier kann auch die tiefste Verletzung wieder gesunden.« Jetzt klang seine Stimme wie Trompetenhall. »Überall in der Welt bauen sie die herrlichsten Gotteshäuser, um dieses Wunder zu feiern. Dabei vollzieht es sich nur in der Einsamkeit und der Stille – wenn die Mutter und das göttliche Kind einander entdecken und sich lieben lernen.«
    Die Mutter und das Kind – plötzlich waren sie wieder da, all jene widersprüchlichen Gefühle, die Stella bislang stets verletzt und traurig gemacht hatten! Warum hatte ihre Mutter sie als Neugeborenes nicht geherzt und gewiegt?
Warum sie nicht genährt, sondern den Brüsten einer Amme überlassen? Warum wusste sie bis heute nicht, wer sie eigentlich war?
    Sie wartete auf die gallige Bitterkeit, die unweigerlich in ihr aufsteigen würde, doch zu ihrer Überraschung geschah nichts davon, beinahe als würde diese dämmrige Kapelle sie wie eine Gebärmutter umschließen und beschützen.
    Erstaunt blickte sie zu Stefano, der gerade ein dunkles Kästchen rasch unter den Altar schob.
    »Spürst du es?«, flüsterte er.
    »Ja«, murmelte Stella. »Es ist so …«
    »Nicht reden! Jedes Wort zu viel kann es zerstören. Fühle! Spüre! Bete! Das Beste, was du hier tun kannst.«
    Sie fiel auf die Knie, schloss erneut die Augen.
    Doch der wunderbare Moment war verflogen. Der Boden unter ihren Knien fühlte sich hart an, es roch muffig, und zu der ungestillten Sehnsucht nach den unbekannten Eltern gesellte sich die kaum minder verzweifelte nach Leo.
    Würde sie ihn jemals

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