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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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diese Marta ja mehr«, sagte Ilaria. »Dinge, die meine Eltern nicht verraten wollen. Wieso redest du nicht mit ihr? Sie liebt dich. Sie könnte dir niemals einen Wunsch abschlagen.«
    Stellas Schultern sanken herab. »Glaubst du, daran hätte ich nicht selbst schon viele Male gedacht? Aber Marta lebt offenbar nicht mehr in Assisi. Eines Tages war sie verschwunden. Und niemand wusste, wohin. Vielleicht ist sie sogar tot, nach all den langen Jahren.«
    Ilarias Blick schien in die Ferne zu gleiten. »Schon seltsam«, sagte sie. »Mir ist, als hätte ich sie vor ein paar Tagen gesehen.«
    »Hier? In Assisi? Ist das wahr?«
    »Ich bin mir nicht sicher, aber wenn es nicht Marta war,
dann muss es sich zumindest um eine verblüffende Ähnlichkeit handeln.«
    »Und wo? Wo genau hast du sie gesehen?« Stella hatte Ilaria an den Schultern gepackt, so aufgeregt war sie auf einmal.
    »Vor San Rufino. Ich war dort nämlich wirklich zum Beichten, auch wenn du es mir nicht glauben willst. Federico soll am Tag der öffentlichen Verlobung eine reine, sündenlose Braut bekommen.«
    Stella sank auf ihren Stuhl zurück. »Das genau ist es, was mir beinahe noch mehr Angst macht als diese ganze Heiraterei«, sagte sie stöhnend. »Vor der ganzen Stadt am Pranger zu stehen!«
    »Am Pranger!«, äffte Ilaria sie nach. »Weißt du überhaupt, was du da redest? Unsere Eltern stellen uns und unsere Verlobten öffentlich vor. Vor dem Rathaus. Auf dem festlich geschmückten Brautwagen. So und nicht anders will es der Brauch.«
    »Und alle werden uns anstarren und dabei denken ….«
    »… dass ganz Assisi niemals zuvor zwei so schöne Paare gesehen hat. Wie alle uns beneiden werden – ach, ich freue mich schon so darauf!«
    »Und ich wünschte, dieser Tag wäre schon vorüber«, murmelte Stella. »Ich bekomme schon Herzrasen, wenn ich nur daran denke.«
    Ilaria legte ihre weichen Arme um sie. »Ich werde immer deine Schwester sein«, sagte sie. »Werde schützen, wiegen, trösten – und dich zum Lachen bringen, bis du um Gnade flehst.«
    Und dann begann sie Stella zu kitzeln, bis diese zu prusten begann und lauthals um Hilfe schrie.

    Am nächsten Tag brach Leo abermals zu den Carceri auf, sehr früh, gerade als die ersten Sonnenstrahlen sich zeigten, und so leise, wie es ihm nur möglich war, um niemanden auf sich aufmerksam zu machen. Aber dennoch meinte er beim Verlassen des Hauses Lucarelli, einen der Fensterläden knarzen zu hören.
    War das vielleicht Stella. die ihm heimlich nachschaute? Er verbot sich strikt zurückzuschauen, um sich zu vergewissern, sondern ging stattdessen zügig weiter.
    Der frische Morgen versprach einen weiteren sonnigen Tag, wenngleich er nicht so klar begann wie beim letzten Mal. Feiner Dunst lag über Assisi, als Leo höher stieg, und hüllte die Stadt mit ihren verwinkelten Gassen und Steinhäusern schützend ein. Wie ein Traumbild erschien sie ihm, als er nach den ersten Wendungen des Weges noch einmal zur Stadt des Heiligen hinunterschaute, wie seltsam entrückt, aus stabilem Stein erbaut und doch nicht ganz von dieser Welt.
    Der Weg war ihm bekannt – und dennoch schien alles verändert. Leo brauchte eine Weile, bis er verstand, woran es lag. Dann aber begriff er: Es war das Geräusch von Stellas Schritten an seiner Seite, das er vermisste, der Klang ihrer Stimme, das helle Lachen, vor allem aber ihr zarter Duft, der während des Aufstiegs immer wieder zu ihm herübergeweht war.
    Konnte es wirklich sein, dass der Himmel heute weniger blau war und der Wald ihm nicht so geheimnisvoll erschien ? Dass die Farben der Schmetterlinge, die ihn umgaukelten, nicht ganz so leuchtend ausfielen? Sogar der kleine Bach, aus dem er damals seinen Durst gestillt hatte, schien müder zu fließen. Du trinkst niemals aus derselben Quelle – wie wahr und bedeutsam dieser uralte Spruch ihm auf einmal erschien!

    Dafür kam Leo ohne weibliche Begleitung deutlich schneller voran, wenigstens ein Vorteil, wie er sich grimmig sagte, und während der steile Anstieg ihn auch heute vor Anstrengung keuchen ließ, sog er die würzige Luft begierig in seine Lunge.
    Zu seiner Enttäuschung war das kleine Plateau menschenleer, als er endlich oben angelangt war. Ebenso vergeblich betrat er die Kapelle und spähte in die Reisighütten.
    Wo konnte Fra Giorgio nur stecken?
    Als einstiger Gefährte des Heiligen war er ja sicherlich kaum auf die Jagd gegangen, um wilde Tiere zu erlegen.
    Plötzlich glaubte Leo ein Klopfen zu hören. Er folgte

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