Brautflug
musste man ebenfalls etwas tun. In den ersten Jahren konnte sie von einem furchtbaren Gefühl von Hoffnungslosigkeit übermannt werden, wenn sie die Wäsche zusammenlegte oder mit dem Staubsauger durchs Haus lief oder die Obstreste, die der Kleine um sich herum verteilt hatte, vom Küchenboden wischte. Sie fand die Haushaltsarbeit langweilig, und sie vermisste die Krankenpflege. Soll es das nun gewesen sein, fragte sie sich, während sie auf dem Sandkastenrand saß und den Sand beobachtete, der durch ihre Finger rieselte. Das schrieb sie ihrer Mutter, und dieses Mal war es ein ehrlicher, betrübter Brief. Wochen später kam per Schiffspost ein Paket an. Darin war eine bunt karierte Schürze, mit Rüschen an den Rändern und zwei großen, aufgestickten Taschen. »Mein Liebling«, schrieb ihre Mutter, »ich schicke Dir diese Schürze, denn Du hast es tatsächlich nicht leicht. Du musst still und brav abwaschen und keine Forderungen mehr stellen. Das wird Dir die nötige Ruhe geben. Verrichte kleine Dinge, in Dienstarbeit. Abwaschen, das ist Deine Aufgabe. Tu dies auf demütige Weise, und Du wirst Dein Glück wiederfinden. Kein unnötiger Ehrgeiz – einen Apfelkuchen backen wäre schon zu viel –, Butterbrote schmieren, das ist für den Anfang vollkommen ausreichend. Du wirst selbst sehen.« Der liebe, fürsorgliche Ton trieb ihr die Tränen in die Augen, und sie band sich die Schürze um. Sie hatte kurz in Erwägung gezogen, einen Job im Krankenhaus anzunehmen, als Bobby in die Grundschule kam. Arbeitende Mütter sind schnell gereizt und permanent überlastet, las sie in einer Zeitschrift, die ihre Mutter ihr geschickt hatte. Darunter könnte das häusliche Glück leiden. Das würde zu erhitzten Diskussionen in der Ehe führen. Diese Vorstellung hielt sie davon ab, sie dachte an die Wutausbrüche ihres Vaters, den Streit, den er mit ihrer Mutter anfing. Mein Kind soll sich nie auf dem WC einschließen müssen. Ich bleibe zu Hause und fange keinen Streit an. Mit den Frauenzeitschriften in der Hand verwendete sie all ihre Kraft darauf, »Schwung in den Haushalt zu bringen, bewusste Inseln der Freude zu schaffen, die die ermüdende Eintönigkeit durchbrechen, wie zum Beispiel das Säen von Pflanzen und künstlerische Beschäftigungen aller Art«. Verbissen stürzte sie sich, neben den gewohnten Aufgaben, auf das Einmachen von Früchten und den Anbau von Astern und Rosen, auf Hobbys wie Blumenbinden und das Sammeln von Glaswaren. Alles, um Haus und Familie »Glanz und Glut zu verleihen«. Als
Woman’s Weekly
betonte, dass ihre Familie nicht ohne Vitamin B leben könnte, sorgte sie für Vitamin B. Bobby konnte dann noch so sehr protestieren, doch er durfte nicht vom Tisch aufstehen, bevor er nicht sein
Vegemite sandwich
aufgegessen hatte. Er war nicht umsonst so stark und gesund, ganz ihr Kind. Mit zusammengebissenen Zähnen, ihre alte
Wannée Haushaltsschule
mit den Seiten mit Fettflecken vor sich aufgeschlagen, verbesserte sie ihre Kochkunst. Bei jedem neuen Gericht beging sie einen anderen Fehler, was sie fuchsteufelswild machen konnte. Nachdem sie den Teig unsanft geknetet hatte – schwitzend und schnaufend – und das Rosinenbrot endlich im heißen Ofen war, drehte sie sich erhitzt um und sah auf der Arbeitsfläche alle Zutaten liegen, die in den Teig gemusst hätten: Zitronat, Rosinen und Mandeln. Einen Topf Suppe, der stundenlang auf dem Herd gestanden hatte, goss sie durch das Abtropfsieb ab, das direkt im Spülbecken stand. Aber sie machte alle Fehler nur einmal und ließ sich niemals entmutigen. Ihrer Familie sollte nichts anzumerken sein. Der Glanz, den sie ihrer Festung verlieh, würde alle Belagerer erblinden lassen.
Ihre Anstrengungen wurden belohnt. Khandallah Village wuchs heran zu einer schattenreichen, blühenden Gegend, in der die Kinder in voller Fahrt die Hügel herunterradelten, um im Wald hinter dem Schwimmbad Hütten zu bauen. Vom Garten aus sah sie Bobby nach und wusste, dass sie ihm eine wunderbare Jugend bescherte. Ihre Tür stand für seine Freunde immer offen. Sie konnte gut mit Kindern umgehen. Er ging auf eine
Private School
, die teurer war und daher besser, wie sie gerne hinzufügte, wenn man auf das Thema zu sprechen kam. Die Schuluniformen waren dementsprechend kostspielig, und er wuchs so schnell, dass er ständig neue brauchte. All diese Dinge erfüllten sie mit Stolz.
Die Belagerer blieben fern. Esthers Schatten verschwamm mit den Jahren und verschwand in den hintersten
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