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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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Bobby nannte, stellte die Tonne schwups auf den Kopf und kippte sie in einen Wagen. Marjorie beschrieb dies in einem fröhlichen Brief nach Hause und wusste bereits, noch bevor sie den höhnischen Brief von Pa zurückbekam, dass das ein Fehler gewesen war. Sarkastisch pries er ihre kostspielige Investition in ein solches Haus. Das hättest du dir doch denken können, sagte Hans erstaunt, als sie wieder einmal vor Wut stampfte. Nach drei Jahren bekam die Gegend eine Kanalisation. Dafür mussten sie extra bezahlen, aber dann durften sie auch ein Stück Land um ihr Grundstück herum kaufen. Ihren Garten.
     
    Was noch eine ganze Weile sehr schmerzte, war das Abschiednehmen von einem eigenen Kind, einer eigenen Schwangerschaft. Es passierte nichts. »Praktisch gleich null« schien »gleich null« zu sein. Im Laufe der Zeit füllte sich das dritte Schlafzimmer mit den Angeln von Hans, ihren Einmachgläsern, dem Bügeleisen und dem Gästebett. In ihren Briefen nach Hause davon zu schreiben war unmöglich. Auch das schmerzte, mehr als sie gedacht hätte. Ihre Briefe waren voller Halbwahrheiten und ganzen Lügen. Das machte die Entfernung für sie immer unüberbrückbarer. Wie kann ich ihnen jemals unter die Augen treten, dachte sie, bei so viel Betrug, den ich mit mir herumschleppe. Dann schrak sie zusammen. Die Predigten ihres Vaters über das Geburtsdatum ihres Kindes schlugen ihr ziemlich auf den Magen. »Jetzt haben wir uns so beherrscht«, meckerte sie Hans gegenüber, »und bis zu unserer Hochzeit brav nur gekuschelt, und nun denken alle, dass wir heiraten mussten, und ich kann nichts dagegen einwenden.«
    An der Notwendigkeit des Betrugs hatte sie keinen Zweifel. Denn je klarer wurde, dass es kein zweites Kind geben würde, umso wichtiger wurde Bobby.
    Er musste ihr ganz gehören.
    Der Junge selbst schien alles daranzusetzen, um ihr dabei behilflich zu sein. Er trippelte verliebt hinter seiner Mutter her – so viel Mama und nur für mich allein – und streckte seine kleine Nase auf dieselbe Art in die Luft wie sie. Die schwarzen Haare fielen ihm schon bald nach den ersten Lebenstagen aus, und als die neuen Haare nachwuchsen, schienen sie dunkelblond zu sein. Abgesehen von den paar Bernsteinsprenkeln war die Farbe seiner Augen doch ziemlich Graugrün, eine Farbe, die man mit etwas gutem Willen als holländisch bezeichnen konnte und die in einem bestimmten Licht auch in ihren Augen zu erkennen war. Es war eigentlich nicht möglich, das wusste sie zwar, aber sie erkannte ihr eigenes Temperament in ihm. Wurde ihm etwas verboten, dann warf er sich in so tiefer Verzweiflung auf den Boden, dass sie mit Mühe das Lachen unterdrücken konnte. Auf die gleiche Weise überschüttete er sie, ohne Zurückhaltung, kübelweise mit klebriger Kleinkindliebe. Als er groß genug war, um über die Gitter seines Bettchens zu steigen, kam er morgens zu ihnen ins Bett gekrochen und gab keine Ruhe, bis er sich behaglich einen Platz auf dem Bauch von einem der beiden Eltern ergattert hatte. Am liebsten zog er dann den anderen noch darüber. Heißer Kinderatem an ihrem Ohr, »Mum, wollen wir ein Spiel spielen?« »Es ist halb sechs«, stöhnte Hans milde. »Ja, das weiß ich«, flüsterte das heisere Stimmchen, »es ist auch ein gaaaanz ruhiges Spiel …« Es wurde zum Ritual, eines von vielen. Das Familienleben schien von vielen dieser Rituale zu leben. Sie verstärkten das Zusammengehörigkeitsgefühl, mit dem sie sich gleichzeitig von der Außenwelt absetzten. Das vermittelte ihnen eine gewisse Ruhe.
     
    Im Kontakt mit anderen – den Nachbarn, Hans’ Kollegen, den Müttern in der Schule – stand Marjorie die Angst, erkannt zu werden, lange im Weg. Die höfliche, englische Distanziertheit der Neuseeländer kam ihr dabei sehr gelegen. Marjorie hatte solch eine panische Angst vor dem Tag, an dem jemand ihre Mutterschaft anzweifeln könnte, dass sie sich in einem Korsett der Perfektion bewegte und oftmals erst durchatmen konnte, wenn sie sich wieder sicher in ihren eigenen vier Wänden befand. Wehmütig erinnerte sie sich an den ungezügelten Spaß, den sie mit ihren Freundinnen in Holland gehabt hatte, ans Schlittern übers Eis und die intensiven Flüstergespräche nachts im Schwesternhaus. Wenn niemand sie sah, heulte sie vor Heimweh. Und doch baute sie unbeirrbar ein soziales Leben für ihre Familie auf, dem es an nichts fehlte. Um kein Misstrauen zu erwecken.
    Auch ihrer Haushaltsführung durfte nichts anzumerken sein, und dafür

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