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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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durchschnitten die Luft wie Schwerter, sodass Esther einen Schritt zurückwich.
    Bobby zeigte nicht viel Interesse, aber sie hatte ihn gut erzogen, und er schüttelte höflich die ausgestreckte Hand. Die elfenbeinernen Armreife klimperten.
    »Hallo, Bobby«, sagte ihre heisere Stimme, »ich bin Esther.«
    »Er spricht kein Niederländisch.«
    Erbarmungslos registrierte sie das steife, ungelenke Gespräch, das Esther mit dem Kind führte. Oh dear, er mochte Rugby. Oh dear, das Jugendteam von Wellington. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, dachte sie, sie kennt ihn nicht. Einen Moment lang fragte sie sich, was in Esther vor sich ging, ob es schwer für sie war und schmerzte.
    In dem Laden hatte man das Warten satt. Der blasse junge Mann zwängte sich nun an den Umzugsleuten vorbei, die sich mit einem schweren Vitrinenschrank abrackerten, und blieb kurz hinter Esther auf dem Gehsteig stehen. Er rang die Hände, räusperte sich untertänig, um auf sich aufmerksam zu machen. Dabei hüpfte sein Adamsapfel auf und ab. »Esther, please …«
    Esther ignorierte ihn.
    Es ist dringend, lispelte er, der Lieferant wollte abrechnen, und er wollte nicht ohne sie entscheiden, wo die Vorratsschränke stehen sollten. Marjorie starrte auf seine kragenlose Jacke. »Ihr habt ordentlich zu tun«, bemerkte sie auf Niederländisch, »wir gehen dann mal wieder.« Sie kniff Hans zum zweiten Mal in den Arm.
    »Ja«, sagte er, »dann gehen wir mal wieder.«
    »Look at us«, sagte Frank, »die bloody Dutchies, wir haben es doch zu etwas gebracht.«
    Wieder sah sie Esthers Blick von ihm zu Bobby wandern. »Auf Wiedersehen«, sagte sie und bohrte ihre Nägel tief in die ihres Mannes. »Ja!«, rief er, »auf Wiedersehen!« Er schüttelte Esther die Hand. »Wie schön, schön … komm doch mal vorbei. Wir stehen im Telefonbuch.« Der Impuls, ihm mit aller Kraft auf den Kopf zu schlagen. Sie zog Bobby zu sich heran. Er protestierte nicht, als fühlte er, dass über seine Schultern die Blitze abgeleitet wurden.
    Frank nahm Esthers Gesicht in seine Hände. »Look at us«, wiederholte er noch einmal herzlich und zögerte, als ob er noch etwas sagen wollte, jedoch nicht recht wüsste, wie. Einen Moment lang wurde Marjorie trotz allem neugierig. »Erinnerst du dich noch an Ada? Ada van Holland?« Seine Stimme war tiefer als gewöhnlich, voll unbekannter Bedeutung.
    »The gorgeous blonde?«
    Er nickte. »Wir schreiben uns Briefe … schon eine ganze Zeit lang.«
    Das hatte er ihr nie erzählt. Vor zwei Jahren, kurz nachdem sie sich bei dem Juniorenrugby getroffen hatten, hatte er sie nach Adas Adresse gefragt. Die ganze Zeit über, während sie ihn gastfreundlich empfangen, all die Male, die er bei ihnen war und von
ihrem
Essen gegessen hatte – er hatte es nicht für nötig befunden, ihr dies zu erzählen. Er findet mich nicht interessant. »Bobby darling, let’s go«, sagte sie bestimmt, nickte Esther im Vorbeigehen zu, wobei sich ein Sprühregen tödlichen Gifts verbreitete, und zog ihren Sohn und Mann hinter sich her. Frank de Rooy sollte doch sehen, wo er blieb. Sie beschloss, sich nie mehr um irgendjemanden zu kümmern. Doch als sie auf der anderen Straßenseite ankam, war es ihr doch zu unheimlich, die beiden dort sich selbst zu überlassen, denn sie standen noch immer da und tuschelten. Gott weiß, was Esther diesem Mann alles erzählte und was sie ihm alles erzählen
könnte
. Eines war klar: Die Tage mit Goldrand waren vorbei. Marjorie legte ihre Hände an den Mund und rief wie eine Marktfrau quer über die Straße: »Frank, kommst du?!« Als er sich wieder zu ihnen gesellte, ignorierte sie ihn komplett. Jeden Versuch von ihm und Hans, über die Begegnung mit Esther zu reden, beendete sie abrupt. Ich habe Kopfschmerzen, erklärte sie knapp. Nach ein paar Straßen war es den beiden Männern und dem Jungen auf wundersame Weise gelungen, sich von ihr zu entfernen. Sie liefen ein ganzes Stück vor ihr und unterhielten sich über Sport, als wäre nichts geschehen. Was mit ihr los war, verstanden sie nicht. Sie sahen nicht, dass ihr die Kehle von einem schmerzhaften Kloß, den sie nicht herunterschlucken konnte, zugedrückt wurde. Dass ihre Zunge ängstlich an ihrem Gaumen klebte.
    Im Buchladen zog sie Hans zur Seite. Ich will nach Hause, erklärte sie.

19
    Ada war nicht beunruhigt, als sie morgens die Tür öffnete und aus den fernen Bergen die große schwarze Wolke ankommen sah. Sie schenkte dem unheilversprechenden, bleischweren Himmel,

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