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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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würde. Vielleicht sogar nicht einmal das Schreiben.
    Nach dem Gebet richteten sich die Brillengläser auf sie. Es wurde eine Reaktion von ihr erwartet. »Hast du selbst etwas zu sagen?«
    Die Männer dort auf der anderen Seite hatten die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
    Langsam stand sie auf. Vielleicht war es auch jemand anderes.
    »Der Tee wird kalt«, sagte sie, mit einer Stimme, die sie einer unbekannten Frau entliehen hatte. Schritt für Schritt erreichte sie die Küche, war sich bewusst, dass ihr vier Augenpaare folgten.
    Sie beugte sich höflich über die Teekanne. Im Wohnzimmer hing die Stille wie eine kalte Wolke. Lass sie nur dort hängen. Der Henkel fühlte sich wunderbar fest an.
    »Dein Mann wird in Kürze Kirchenältester werden«, wandte sich der Pastor kühl in Richtung ihres Hinterkopfes, »jedenfalls dann, wenn sein Haus unbescholten bleibt.«
     
    Im Bett lagen sie lange Zeit still nebeneinander. Ohne den Pastor und die Kirchenältesten war Derk regelrecht in sich zusammengesackt. Ada spürte seine Unsicherheit, war aber nicht in der Lage, auch nur einen Millimeter auf seine Seite zu rücken. Gefühllos starrte sie im Halbdunkel auf den Wäscheschrank, den er gezimmert hatte. Stolz hatte er ihn vorgeführt, und sie hatte ihn überschwänglich gelobt, sieh an, wie praktisch, diese Regale hier, und dort die Stange. Nur angestrichen worden war er nicht, weshalb das Holz an der Haut scheuerte und die Türen sich von der Feuchtigkeit verzogen hatten. Sie quietschten und ächzten, wenn man sie zudrückte. Sind wir nicht alle hier verzogen. Er drehte sich zu ihr, sie roch Briefmarken. Wie eh und je ließ sie ihn seinen Platz in der Höhle ihres Armes einnehmen, mit seinem Kopf an ihrem Hals, sein Atem ängstlich und pfeifend. Er liebt mich, er hat Angst. Doch ihr Körper war vor lauter Abwehr ganz steif. Sie hoffte, dass er keine Annäherungsversuche machen würde, denn sie könnte ihn nicht ertragen. Das war nicht neu. Es war schlimmer denn je, aber es war nichts Neues. Seit Jahren schon gelang es ihr, ihm zu entkommen. Das führte zu einiger Spannung im Haus, und sie fühlte sich elend deswegen. Ada versuchte oftmals, sich darüber hinwegzusetzen, ließ ihm aber von Zeit zu Zeit auch seinen Willen, da sie nichts an der Situation ändern konnte. Doch erzählen konnte sie es ihm auch nicht. Es war sein Geruch, seine Haut, die immer irgendwie feucht war, doch es war vor allem die Art und Weise, wie er sich ihr näherte, ängstlich, schnell und krampfhaft, als wäre sie ein Stück Treibholz, an dem man sich zappelnd festklammerte, weil man jeden Moment abrutschen könnte. Nicht, dass sie wusste, wie es sonst sein musste, aber dass es anders sein musste, davon war sie überzeugt. Ihre vorsichtigen Versuche (»wenn wir nun einmal … vielleicht nicht sofort … wir können doch auch …«) hatten ihn in Verwirrung gebracht und zu nichts geführt. Du musst diese Art von Kräften bezähmen, erwiderte er beunruhigt. Dann nickte sie fromm und beließ es dabei. Die Liebe musste wachsen, hatte ihre Mutter gesagt. Auf eine Weise war das auch passiert, denn sie musste sich all seinen Eigenschaften stellen, seiner Wut, dem ständigen Streit, und manchmal konnte er sie unerwartet rühren, wenn er stolz wie ein kleiner Junge auf seinen Bunker, seinen Lastwagen oder seine Familie war. Wenn sie alle zusammen in der hohen Kabine des Bedford aufgereiht saßen und er lässig das große Lenkrad hielt, wenn sie an einem sonnigen Tag gemeinsam von der Kirche nach Hause liefen und Scherze machten, die nur sie verstanden. Dass sie zusammen Kinder hatten, gab ihnen ein Gefühl von Verbundenheit, das manchmal an Glück grenzte. Aber im Bett verspürte sie ihm gegenüber nichts als Abneigung.
    »Ada«, flüsterte er.
    Sie streichelte über seine Flachshaare, um ihn irgendwie ruhigzustellen.
    »Ich bin vielleicht nicht der beste …« Sie unterbrach ihn. »Es tut mir leid«, sagte sie, und meinte es wirklich so. Sie spürte, wie ihr vor Mitleid übel wurde. Auch er hatte sein Päckchen zu tragen.
    »Ich tue mein Bestes«, murmelte er und krallte sich an ihrer Brust fest. Tu es nicht, tu es nicht. »Für dich, für die Kinder.« Sie nickte, das weiß ich doch, wollte sie sagen, aber in dem Moment spürte sie seine Erektion an ihrem Bein. Zu spät. Sie tat kurz so, als würde sie es nicht spüren und zögerte den Augenblick hinaus. »Lass uns schlafen«, sagte sie so liebevoll wie möglich und schob seine Hand sanft von ihrer

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