Brautflug
Lammfleischstücken, Paprika und Tomaten. Shish kebab, erklärte er, sie wiederholte es murmelnd, um es nicht zu vergessen. Neben ihren Tellern standen Gläser mit Rotwein. Unser eigener Pinot Noir, sagte er, von vor zwei Jahren, nicht gut genug für den Verkauf, aber durchaus genießbar. Zum ersten Mal in ihrem Leben trank Ada Wein. Sie verzog das Gesicht, es schmeckte wie Medizin, doch dann überlegte sie, dass genau so die Frau reagieren würde, die sie nicht mehr sein wollte, und sie trank, ohne mit der Wimper zu zucken oder zu erröten das ganze Glas leer. Er war beeindruckt, das sah sie ihm an. Nach dem Essen fühlte sie sich besser.
Sie redeten und redeten und suchten emsig nach Anknüpfungspunkten. Erzähl doch mal von Marjorie, wiederholte sie, und Frank holte aus, als hätten sie den Rest ihres Lebens Zeit. Wir sind Freunde geworden, sagte er. Ob sie Khandallah Village kannte, nein, natürlich kannte sie Khandallah Village nicht. Hans und Marjorie wohnten dort, mit ihrem Sohn Bobby. Eine gute Gegend, sagte Marjorie immer, eine gute Gegend ist wichtig für dein Kind. Hans, der gerne Architekt hätte werden wollen, hatte ihr Haus eigenhändig umgebaut und daraus ein hübsches Heim gemacht. Sehr ordentlich, mit Briefkasten, Zaun und einem schönen Eingangstor, alles in fröhlichem Blau gestrichen, ein fröhliches, freundliches Haus mit großen Zimmern und vielen Fenstern, einem Garten mit einer Freitreppe und einer Garage für den Ford Zephyr. Ein Auto mit Blinkern, damit man den Arm nicht aus dem Fenster strecken musste, wenn man abbiegen wollte.
Das Haus war fast fertig. Marjorie stellte die Möbel zwar weiterhin fast täglich um, aber laut Hans würde sie damit nie aufhören. Eine
happy family
. Bobby hatte sich darauf spezialisiert, an Sommerabenden aus seinem Schlafzimmerfenster heraus oben auf das Dach der Garage zu springen, um dann ungesehen in das nahe gelegene Schwimmbad zu entwischen. Dort hatte er sich mit seinen Freunden einen geheimen Durchgang in die Hecke gebohrt. Wenn alle dachten, dass sie schliefen, gingen sie heimlich schwimmen. Aber das dürfte sie niemals Marjorie erzählen, denn Bob hatte es ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut. »Wie alt ist ihr Sohn?«, fragte sie, obwohl sie lieber nicht über Kinder reden wollte. »Er ist jetzt neun«, sagte Frank, »und ein großer Rugbyfan, genau wie ich. Sein Vater geht lieber Forellen angeln, aber das findet Bobby langweilig. Er will ein All Black werden.«
»Das wollen alle Jungs hier.«
»Aber er hat Talent, er wurde ausgewählt für das Jugendteam von Wellington. Nächstes Wochenende fahre ich mit ihm nach Rotorua, um den Erfolg zu feiern. Dann gehen wir campen und die Geysire anschauen. Ab und zu bringt seine Mutter ihn hierher, und wenn sie weg ist, dann brausen wir mit dem Jeep über die Felder. Das findet er großartig. Dann darf er auf Vögel schießen, mit meinem Gewehr … aber auch das darfst du nicht seiner Mutter erzählen.« Er sprang auf und stocherte mit einem Ast in der Glut herum, dann legte er große Holzscheite nach. Frank hing an dem Kind, das sah Ada ganz deutlich. Seine Augen leuchteten, wenn er über es sprach. Sie betrachtete ihn weiter, wobei sie sich zum wiederholten Male fragte, warum hier keine Frau herumlief und keine Kinderstimmen erschallten. Frank war schon fünfunddreißig. Aber so etwas fragte man nicht. All die Jahre lang hatte er sie nicht vergessen. Doch sie war eine verheiratete Frau, und das hatte er die ganze Zeit über gewusst, darüber hatte er sich mit Sicherheit keine Illusionen gemacht – wie gern Ada sich das auch einreden wollte, denn sie liebte dieses wunderbare, kribbelnde Gefühl, das sie dann durchströmte. Aus demselben warmen Gefühl heraus sah sie Danny neben ihm im Jeep sitzen, seine kleinen Fäuste um den Kolben eines viel zu großen Gewehrs gelegt,
Bird Shooting
. Sie sah Peter, wie er und Frank sich über einen Rugbyball beugten, sah dünne Mädchenwaden ausgelassen um das Feuer herumspringen.
»Hat Marjorie sich verändert?«, fragte sie schnell. Sie erinnerte sich nicht besonders gut an sie, außer, dass sie katholisch war, rote Wangen und eine lustige kleine Nase hatte. Nein, sagte Frank, eigentlich nicht, nur rundlicher ist sie geworden. Hans bekam ebenfalls ein kleines Bäuchlein. Marjorie scheint ihn regelrecht zu mästen – er lächelte bei dem Gedanken, kam langsam zum anderen Ende des Tisches herüber, setzte sich und schenkte Ada noch etwas Wein
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