Breakfast on Pluto
Kindern um sich her die Haare zerzaust und sagt: »Na, was war denn in der Zwischenzeit los? Irgendwelche Dönkes für euern Onkel Bertie?« Und alle rufen: »Oh, Onkel Berts! Wie sehr wir ihn lieben!«
Außer natürlich, wenn er sich zu sehr betrinkt, wenn er anfängt, in der Ecke vor sich hin zu schluchzen, wenn er dahinwelkt wie eine riesige Osterglocke (Gelb war echt seine Lieblingsfarbe!) und sagt: »Keiner liebt mich, mein Leben ist verpfuscht.« Auf jeder Hochzeit hängt Onkel Bertie vollgetankt über dem Tisch, und alle versinken vor Scham.
Und jetzt war er schon wieder dabei, und noch dazu vor einem Wildfremden! Ach, Bertie Bertie Berts – was für ein Anblick nach fast einem ganzen Kasten Bier! Während es aus seinen Spinnenäuglein auf den Tisch tropfte, machte der Kronenkorken des Holsten Pils schäumend plok!
Doch kaum spielte die Jukebox – heureka! – seinen Lieblingssong, da wurde er wieder munter! Wie er sie verehrte, Peters and Lee! Was er vor versammelter Mannschaft natürlich lauthals verkünden mußte!
»Ich kann’s nicht fassen! Er ist es! Mein Lieblingssong! Was für ein Zufall! Wirklich erstaunlich!«
Eigentlich war es unwahrscheinlich, daß der olle Berts aus heiterem Himmel beschloß, überfüllte Cafés mit einer Darbietung von Welcome Home oder irgendwelchen anderen populären Nummern zu unterhalten, doch genau in diesem Augenblick, am 11. August 1973 um drei Uhr morgens, hatte niemand, der versucht hätte, ihn daran zu hindern, auch nur das leiseste ausrichten können! Er bestand sogar darauf, daß seine neue Gefährtin – moi, versteht sich! – ihn zu einem Walzer aufs Parkett begleitete, zur großen Belustigung der versammelten Iren, Türken und anderen Arbeitsmigranten, die riefen: »Nimm die Pfoten weg!«, »Ihr zwei Ferkel!« und »Runter mit den Klamotten!«
Und Berts hauchte in Muschis zartes Ohr: »Welcome home! Welcome! Come on in and close the door!«
Später – viel später! (gerade setzten sich ächzend wieder die U-Bahn-Züge in Bewegung) – stellte sich bei einer beträchtlichen Anzahl Pils heraus, daß Berts eine Theorie hatte. »Hach!« heuchelte ich bewunderungswürdig. Ja, fuhr Berts fort, er habe nicht den geringsten Zweifel, daß dieses Lied, so wie es geschrieben sei, die Geschichte nur zur Hälfte wiedergebe.
Als er mir mit einem Ausdruck, den man, hätte man es nicht besser gewußt, für völligen und äußersten Wahnsinn der pathologischen und obsessiven Art hätte halten können, in die Augen starrte, nickte ich fieberhaft. Es hätte mich nicht im geringsten erstaunt, wenn sie das Café gestürmt und ihn auf Nimmerwiedersehen weggekarrt hätten. Besonders, als er mir mit dem Finger auf der Brust herumstocherte und klagte: »Und was ist mit der Inneneinrichtung? He? Mit den Tischen, Stühlen, Anrichten und so? Von denen erfährt man nichts, stimmt’s? O nein!« Und dann fing er ohne Übergang wieder an zu singen (und was war er für ein Vortragskünstler! ich mache euch nichts vor!) und schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch.
Welcome home! Welcome! You’ve been gone too long.
Ich wäre fast vom Stuhl gefallen, als er sich mit Stielaugen zu mir beugte und fortfuhr:
Come on in, you’re home once more!
Mit seiner makellos manikürten Hand schlug er auf die Resopalplatte.
»Du mußt was über die Inneneinrichtung erfahren, kapierst du? Und ich werde zusehen, daß du’s tust! O ja! Ich hab nämlich meine eigene Band. Bin mein Leben lang im Showbusineß gewesen! Ich hab sogar schon was geschrieben! Jawohl! Welcome Home, Teil 2, könnte man’s nennen. Willst du’s hören, junger Freund?«
Bevor ich den Mund aufkriegte, leerte er strahlend seine Flasche, hüstelte höflich und begann der erwachenden Stadt vorzusingen:
Tables and chairs, pictures on the walls,
Come on in, right in through the hall!
Kaum zu beschreiben, der olle Berts, wie er dasitzt mit seinem Bier und sich hin und her wiegt wie ein Schnulzensänger in einem exklusiven Nachtklub, der im All verschüttgegangen ist.
»Jeden Sonntag morgen im Wheatsheaf – so verdiene ich mir mein Geld! Nur ich und mein gutes altes Keyboard, Patrick, mein Freund!«
Und dann wird Bertie doch tatsächlich mit einem Mal zudringlich! Fast außer Atem drückt er meinen Arm.
»Bitte! Bitte, komm doch mit und wohn bei mir!«
»Ach, ich weiß nicht so recht! Ein Mädchen muß an seine Zukunft denken, Bertie, Liebling!«
»Ich gebe dir alles, was du
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