Breaking me softly
ich hasste mich für meine Schwäche. Wenn ich nur größer wäre, dann könnte ich sie beschützen, doch ich war nur ein rotznasiger kleiner Junge.
„ Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht“, sagte sie und strich mir über mein Haar. „Weine nicht, kleiner Bruder. Mir geht es gut. Ehrlich!“
Ich wusste, dass sie log. Ich konnte es riechen. Ich konnte das Schwein an ihr riechen. Ich hatte das Blut zwischen ihren weißen Schenkeln gesehen, ehe sie hastig ihr Nachthemd tiefer gezogen hatte, um es zu verstecken. Ihre linke Wange war geschwollen und sie hatte Würgemale an ihrem Hals. Ich hasste ihn! Wie konnte er ihre Reinheit so beschmutzen? Sie war mein Engel. Ihre langen schwarzen Haare rahmten ihre cremig weißen Schultern ein. Sie sah mich aus ihren schönen blauen Augen traurig an. Ihre Hände legten sich an meine Wangen und ich schloss die Augen. Ich konnte den Schmerz in ihrem Blick nicht ertragen. Ich hatte sie wieder in Stich gelassen. Nur weil ich zu klein war konnte ich ihr nicht helfen. Ich wollte das Schwein umbringen, doch so kühn und tapfer meine Gedanken waren, ich konnte sie nicht in die Tat umsetzen. Ich war zu schwach. Ich fürchtete ihn. Er hatte mich einmal so schlimm verprügelt, dass ich tagelang vor Schmerzen geweint hatte. Ich fürchtete ihn und ich hasste mich für meine Furcht. Wenn ich ein Mann wäre. Wenn ich tapfer und mutig genug wäre. Und stark. Doch ich war klein, schwach und feige!
„ Geh schlafen, Vince. Er wird heute nicht mehr zurückkommen. Er wird die ganze Nacht mit seinen Kumpels beim Bier sitzen und unser bisschen Geld beim Poker verspielen, doch er wird mich in Ruhe lassen. Du weißt, dass er es nie öfter als zwei oder drei Mal im Monat tut und das war schon das dritte Mal.“
Als wenn das ein Trost wäre. Ich schniefte und wischte mir den Rotz mit dem Ärmel weg. Mein Blick hob sich und fand ihren. Ein Flehen lag in ihren Augen.
„ Bitte, Vince. Geh schlafen. Ich bin müde und will mich hinlegen.“
Lüge! Ich wusste, dass sie log. Sie würde nicht schlafen. Sie würde die ganze Nacht hindurch weinen. Sie weinte nicht, solange ich da war. Deswegen wollte sie, dass ich ging. Damit sie weinen konnte. Also ging ich, wissend, dass ich die ganze Nacht wach liegen würde, ihren Tränen lauschend und meine eigenen vergießend. Und ich würde jeden verdammten Atemzug hassen, den ich tat.
Fay
Die Küche war vier Mal so groß wie meine und mit allem Komfort ausgestattet. Ich durchsuchte den Kühlschrank und die Schränke, um eine Idee zu bekommen, was ich als Abendessen kochen sollte. Im Kühlschrank fand ich T-Bone Steaks, Salat, Tomaten und Mozzarella. Steak und Salat war schon mal gut. Doch ein paar Ofenkartoffeln dazu wären noch besser. Es dauerte etwas, bis ich die Kartoffeln fand. Ich wusch den Salat und die Tomaten und schnitt alles klein und tat es in eine Glasschüssel. Dann gab ich klein geschnittenen Mozzarella dazu, heizte den Ofen vor und suchte in den Schubladen nach Alufolie. Als ich sie in einer Schublade fand, wickelte ich die Kartoffeln damit ein und platzierte sie auf das mittlere Blech im Ofen. Jetzt fehlte mir noch ein Dressing. Ich fand Olivenöl und Balsamico in einem Schrank, Salz, Pfeffer und Kräuter in einem anderen. Daraus fertigte ich ein Dressing an und füllte ihn in eine Sauciere. Kurz bevor die Kartoffeln fertig waren, setzte ich eine schwere gusseiserne Pfanne auf den Herd und briet die Steaks. Ich erinnerte mich, dass Viper sein Steak blutig mochte und nahm sein Fleisch eher aus der Pfanne. Dann deckte ich den Tisch und ging ins Wohnzimmer zurück. Viper saß auf der Couch, die Unterarme auf die Knie gestützt, und starrte auf den Boden zwischen seinen Füßen.
„ Das Abendessen ist fertig“, sagte ich. „Soll ich Ihnen helfen oder schaffen Sie es allein?“
„ Ich bin kein verdammter Invalide!“, fuhr er mich an und ich zuckte erschrocken zusammen. Ich hatte solch einen Tonfall nicht erwartet.
„ Okay!“, sagte ich um Haltung bemüht. Wieder einmal war ich dankbar, dass er mein Gesicht nicht sehen konnte. Er würde mir genau ansehen wie erschrocken und verletzt ich war. „Dann kommen Sie, ehe es kalt wird.“
Er erhob sich und folgte mir in die Küche. Ich warf immer wieder einen Blick zurück, um zu sehen, ob er Hilfe brauchte. Er schaffte es allein in die Küche und setzte sich an den Tisch. Ich stellte seinen Tellers vor ihn hin. Ich hatte die Teller nicht aufgedeckt, da ich nicht wusste, wo er sitzen
Weitere Kostenlose Bücher