Breaking me softly
würde. Ich machte mir Gedanken, wie er es schaffen würde, etwas zu essen, wenn er nichts sehen konnte, doch die Sorge war unbegründet, wie ich wenig später feststellen musste. Er kam gut zurecht. Wir aßen schweigend. Er schien in keiner guten Stimmung zu sein. Vielleicht bereute er, dass er mir intime Details verraten hatte. Mir, der vorgeblich Fremden.
„ Möchten Sie noch Salat?“, fragte ich, um die Stille zu unterbrechen. „Oder Kartoffeln?“
„ Nein! Ich habe genug!“, sagte er und erhob sich vom Tisch. Sie wissen, wo Ihr Zimmer ist. Gute Nacht!“
Geschockt saß ich am Tisch und starrte ihm hinterher. Erneut traten Tränen in meine Augen und ich fragte mich, ob es wirklich klug war, diesen Job hier weiter zu machen. Es war mein erster Arbeitstag und schon war ich ein nervliches Wrack. Ich konnte mir nicht erklären, warum er auf einmal so abweisend gewesen war. Ich bekam das ungute Gefühl, dass eine emotional sehr aufreibende Zeit vor mir lag, doch ich war nicht gewillt diesen Job aufzugeben. In Vipers Nähe zu sein tat weh, besonders wenn er sich so feindselig verhielt wie gerade eben, doch wieder ohne ihn zu sein erschien mir schlimmer. Außerdem brauchte ich einen Job und wenn ich diesen hier schmiss, dann blieb mir nur noch, Vios Angebot anzunehmen und für ihren Bruder zu arbeiten. Er besaß ein heruntergekommenes Restaurant und brauchte immer Personal. Ich war nicht gerade scharf darauf, betrunkene Kerle zu bedienen, die mir in den Hintern kneifen oder auf meine Titten starren würden. Oder beides. Und dort würde ich auch nicht halb so viel verdienen, wie bei diesem Job hier. Die Frage war nur, ob Viper irgendwann merken würde, dass ich Fay war. Und was würde dann passieren? Ich konnte gut verstehen, dass er mich hasste. Der Brief, den ich ihm hinterlassen hatte, hatte schließlich genau darauf abgezielt. Dass er mich hassen sollte. Damit er mich vergaß. Nun, Letzteres hatte offensichtlich nicht funktioniert. Er hatte mich ebenso wenig vergessen, wie ich ihn. Er hatte gesagt, dass er mich noch liebte, doch dass er mir nicht vergeben könne. Das war beinahe noch schlimmer, als wenn er mich nur hassen würde. Zu wissen, dass er noch Gefühle für mich hatte, er mir aber trotzdem nicht verzeihen würde, machte alles noch viel unerträglicher.
Seufzend erhob ich mich und begann, die Küche aufzuräumen. Nachdem ich damit fertig war, verließ ich die Küche. Ich hörte gedämpfte Heavy Metal Musik und die kam nicht von oben. Viper war also nicht in sein Schlafzimmer gegangen, sondern hielt sich irgendwo hier unten auf. Ich seufzte erneut und wollte schon nach oben gehen, meine Hand lag bereits auf dem Geländer, als ich inne hielt. Über der Musik waren jetzt noch andere Geräusche zu hören. Ein rhythmisches Knallen und wütendes Schreien. Mein Herz klopfte lauter und ich fragte mich, was Viper trieb. Nicht, dass er sich irgendwie selbst verletzte. Ich musste nachsehen, ob es ihm gut ging. Mit einem flauen Gefühl im Magen wandte ich mich von der Treppe ab und wanderte durch das Haus in Richtung der Musik und der Schreie. Ich gelangte an eine verschlossene Tür. Die Musik und die Schreie kamen von dem Raum, der dahinter lag. Ich zögerte, eine Hand schon nach der Klinke ausgestreckt hielt ich inne. Was würde mich hinter dieser Tür erwarten? Würde Viper wütend sein, wenn ich ihn störte? Wenn ich die Tür leise öffnete würde er mich wahrscheinlich gar nicht bemerken. Er konnte mich ja nicht sehen und über den Lärm der Musik hinweg würde er mich auch sicher nicht hören. Meine Hand legte sich um die Klinke und drückte sie hinab. Vorsichtig schob ich die Tür auf und starrte auf das Schauspiel, das sich mir bot.
Viper
Wie immer, wenn meine Dämonen mich jagten, suchte ich ein Ventil, um meine Aggressionen abzuladen. Ich musste mich unter Kontrolle bekommen. Ich hatte meine Pflegerin bereits schlechter behandelt, als sie es verdiente und es tat mir leid. Doch ich hatte mich schon wirklich sehr zusammen genommen, um ihr nicht das ganze Ausmaß meiner Wut zu zeigen.
Bam! Bam! Bam!
Ich schlug wie besessen auf den Sandsack ein. Mit jedem Schlag brüllte ich meine Aggression heraus. Die laute Musik beruhigte die Bestie in mir. Ich konzentrierte mich ganz darauf, meinen Selbsthass und meine Wut an dem wehrlosen Sandsack abzulassen. Ich konnte meinem Engel erst wieder unter die Augen treten, wenn ich meine Dämonen besiegt hatte. Training half mir meistens. Wenn es zu schlimm
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