Breaking me softly
Schwester. Sie musste tot sein. Er fuhr fort: „Ihr Name war Celine. Sie war acht Jahre älter als ich. Sie war für mich wie ein wunderschöner Engel. Ihr langes schwarzes Haar glänzte, wenn die Sonne darauf fiel. Ihre grauen Augen waren immer sanft. Ich habe sie nie glücklich gesehen. Immer traurig. Doch egal wie schlimm es kam, immer sanft. Ich war vier, sie war zwölf, als ich es zum ersten Mal bemerkte. Dad war ein harter Mann, der mir Angst einjagte. Ich hielt ihn für ein Monster. Was für ein Monster er wirklich war, sollte ich herausfinden. Er verging sich an meiner Schwester. Regelmäßig. Sie tat alles, um es geheim zu halten, doch ich erwischte ihn, als ich vier Jahre alt war. Ich hatte keine Ahnung, was er da tat. Ich wusste nur dass er ihr wehtat und dass ... dass es nicht richtig war. Ich fühlte mich so nutzlos. Ich konnte nichts tun!“ Ich hörte Tränen in seiner Stimme, doch ich traute mich nicht, zu ihm aufzusehen. Was er erzählte, war so ähnlich dem, was ich erlebt hatte. Seine Schwester war missbraucht worden, genauso wie ich. Tränen rannen über meine Wangen, als ich weiter lauschte. „Es ging über Jahre hinweg. Celine versuchte, nicht zu schreien, wenn er sich an ihr verging. Sie wollte nicht, dass ich es hörte, doch meistens bekam ich es dennoch mit. Ich wollte ihr helfen, doch mein Vater war zu stark. Einmal hatte er mich so sehr verprügelt, dass ich tagelang Schmerzen hatte. Ich war klein, schwach und nutzlos. Mein Bruder wollte nichts sehen. Meine Mutter hatte uns verlassen als ich drei war. Dann kam der Tag, ich war neun, als er sich wieder einmal an ihr vergangen hatte. In der Küche. Diesmal schrie sie und ich wusste, dass es schlimm sein musste. Ich ging ins Wohnzimmer und holte Dads Pistole aus dem Schrank. Sie war immer geladen, das wusste ich. Ich nahm die Waffe an mich und ging zurück in die Küche. Er hatte sie auf dem Küchentisch gelegt. Ihr Gesicht war zugeschwollen und er hatte eine Hand an ihrer Kehle, drückte ihr die Luft ab. Sie gab komische Geräusche von sich. Er erwürgte sie, während er ... Ich entsicherte die Waffe und Dad musste es gehört haben. Er wandte sich zu mir um, ließ dabei Celine los und sie schoss plötzlich vom Tisch hoch, um Lust röchelnd. Ich hatte bereits abgedrückt. Ich hatte auf ihn gezielt, doch plötzlich war sie vor ihm und ...“ Ich ahnte, was kommen würde und mein Herz brach in tausend Stücke für den armen kleinen Jungen, der er gewesen war. Der Junge, der seine Schwester retten wollte und sie ... „... Es war nur ein kleiner roter Fleck auf ihrem weißen Nachthemd“, erzählte er, als erlebte er es noch einmal aus der Sichte des kleinen Jungen. „Ihre Augen waren auf mich gerichtet, voller Verwirrung. Dann auf einmal wurde aus dem kleinen Fleck ein großer Fleck, ihr ganzes Oberteil wurde rot von ihrem Blut und sie sackte auf den Boden.
Vince
! Das war ihr letztes Wort. So voller Unglauben. Dann plötzlich stürmte Dad auf mich zu und ich entlud das ganze Magazin in seine Brust. Er taumelte, riss mich mit sich und wir stürzten zu Boden. Er war tot. Sein schwerer Körper lag auf mir. Ich konnte mich nicht rühren. Ich war zu schwach! Ich hab keine Ahnung, wie lange ich so unter ihm lag, es müssen mindestens zwei Tage gewesen sein, ehe man uns fand. Die ganze Zeit hatte ich den Blick auf Celine gerichtet. Ihre leblosen Augen starrten mich an. Augen, die mich noch bis heute im Schlaf verfolgen. Ich kam in die Kinderpsychiatrie. Ich wurde entlassen, als ich zwölf war, und kam in eine Pflegefamilie. Bis ich vierzehn war, hatte ich über zwanzig Pflegefamilien hinter mir. Ich lief davon, begann, Kampfsport zu trainieren und war in einer Straßengang. Dann fand mich Boris. Er holte mich von der Straße, gab mir ein Heim und trainierte mich. Ich war besessen davon, der stärkste Fighter zu werden. Nie wieder wollte ich schwach sein. Schwäche war es gewesen, dass mich davon abgehalten hatte, meine Schwester zu retten. Ich wollte nie wieder schwach sein!“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Eine Weile herrschte Schweigen, dann nahm ich meinen Mut zusammen und sah zu ihm auf. Der Schmerz und die Angst in seinen Augen trieben mir erneut die Tränen in die Augen.
„ Seitdem habe ich Depressionen. Ich leide unter Verlustängsten und ich bekomme starke Aggressionsanfälle, wenn ich emotional überfordert bin. Ich war, seit Boris mich aufgenommen hat, sieben Mal erneut in der Psychiatrie. Ich bin kein Mann, den ein Vater
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